Umwelt bringt Wachstum, nicht Auto

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So langsam setzt sich durch, was grüne Politiker schon lange sagen. Fritz Kuhn erfand 1992 den Slogan „Mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben“, um zu verdeutlichen, dass Ökonomie und Ökologie zusammen gedacht werden müssen.

Jetzt lese ich eben bei SPON von einer McKinsey-Studie:

Die goldenen Zeiten sind vorbei: Die Autoindustrie ist einer Studie zufolge nicht mehr Wachstumsbranche Nummer eins in Deutschland. Einem Zeitungsbericht zufolge könnte das Gros der Jobs jetzt im Gesundheitswesen entstehen – allerdings nur, wenn es grundlegend reformiert wird.

Und weiter:

Hingegen könnten die Hoch- und Umwelttechnologie, die Transport- und Logistikbranche sowie der Handel und das Gesundheitswesen zu Wachstumsmotoren werde. Ihnen traut McKinsey bis zum Jahr 2020 ein jährliches Wachstum von bis zu 4,8 Prozent zu.

Zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung hieß es noch ganz gerne, grüne Umweltpolitik sei eine Wirtschaftsbremse. Nun zeigt sich, was wir auch damals schon sagten, dass das Gegenteil der Fall ist. Gegen Ende der ersten Legislaturperiode 2002 wurden wir ja dann auch immer öfter als Reformmotor der Koalition gepriesen.

Hoffen wir mal, dass durch solche Studien auch endlich der Einfluss der Auto-Lobby schrumpft. Ihr Einfluss entspricht nicht mehr ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, insbesondere wenn man ihn mit dem Einfluss der Umwelt-Lobby vergleicht.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Christian

    Grundsätzlich alles richtig. Leider halte ich es für unwahrscheinlich, dass die Macht der Automobilkonzerne tatsächlich gebrochen werden könnte – die politische Vernetzung dieser Wirtschaftssparte ist (nicht zuletzt dank „Autokanzler“ Schröder) viel zu stark. Mir haben sich neulich erst die Nackenhaare aufgestellt, als Beckstein zur Eröffnung der „BMW-Autowelt“ bei München das Gebäude in eine Reihe mit den schönsten Kirchen und Kathedralen dieses Landes gestellt hat (!).

    Ich fürchte, die Beinahe-Vergötterung von Automobil, Automobil-Industrie und uneingeschränkter persönlicher Mobilität sitzen vielen Menschen in diesem Land schon viel zu tief in den Knochen, als dass sich in absehbarer Zeit etwas daran ändern könnte. Dazu kann ich nur wieder Franz Alt zitieren: „Der deutsche Mensch verbringt am Ende dieses Jahrhunderts mehr Stunden im Stau (67) als beim Sex (40) pro Jahr. Welch armselige Lebensqualität!“

    Viel schlimmer ist der ganze von der Auto-Industrie mitverzapfte Biosprit-Wahnsinn, mit dem offenbar erreicht werden soll, dass zukünftig immer noch ebensoviel gefahren werden kann wie bisher – nur eben „grün“ und mit gutem Gewissen (dafür aber auf Kosten hungernder Menschen). Von den Grünen war hierzu leider auch noch nicht allzuviel zu hören:

    http://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2008/05/mein-auto-isst-deiner-familie-das-essen-weg.php

  2. Michael

    Hallo Christian,

    auch ich denke, dass der Einfluss der Automobilindustrie leider noch länger und ausdauernder sein wird als einem gründenkenden Menschen recht ist.

    Was deine Sache mit dem Biosprit betrifft, so muss ich dir aber entschieden widersprechen. Auf europäischer Ebene (und da wird immerhin rechtlich die Musik gemacht) kämpfen die Grünen schon seit mehr als zwei Jahren entschieden gegen den Biospritwahn, der schon damit beginnt, dass das Wörtchen „Bio“ ein Wohlgefühl vermittelt.

    Nennen wir es also ieber Agrartreibstoffe, die oftmals sogar eine negative Energiebilanz haben und mehr und mehr eine Gefahr für die Nahrungsmittelindustrie sind. In Europa wird in den nächsten Wochen die Entscheidung fallen, ob nicht doch noch ein Überdenken der bisherigen Strategie stattfindet, denn selbst beim zuständigen EU-Kommissar Dimas hat in der Zwischenzeit ein Umdenken stattgefunden.
    Hier ein paar Links von Grünen Seiten aus dem Europaparlament zum Thema:
    http://www.gruene-europa.de/cms/default/dok/231/231583.gabriel_heizt_goldgraeberstimmung_an@en.htm

    http://www.gruene-europa.de/cms/default/dokbin/222/222323.bruesseler_erklaerung_fuenf_schritte_fue@en.pdf

    http://www.greens-efa.org/cms/default/rubrik/10/10607.plant_fuels@de.htm

  3. Christian

    @Michael: Danke für die Links. Ich bin gerne bereit zu glauben, dass die europäischen Grünen das Problem erkannt haben (ebenso wie etliche Umweltverbände und inzwischen zum Glück auch Politiker anderer Parteien). Die Rodung des Regenwaldes zur Produktion von Palmöl, die Verfeuerung von mexikanischem Mais – während in Mexiko die Familien hungern – all das läuft bei mir gewiss nicht unter „grün“. Die negative Ökobilanz, die ja schon im letzten Jahr durch Paul Crutzen vom MPI nachgewiesen wurde, hattest Du ja auch schon angesprochen….

    Mein Augenmerk liegt aber verständlicherweise mehr bei den deutschen Grünen – und da gibt es doch etliche Parlamentarier, die noch immer Werbung für Agrarsprit betreiben oder zumindest etliche Jahre betrieben haben. Von Trittin beispielsweise stammt beispielsweise dieses Zitat: „Wir müssen den Anteil von Biosprit an Benzin und Diesel erhöhen und alternative Treibstoffe wie Erdgas weiter voranbringen.“ Zudem war es ja die rot-grüne Bundesregierung, die durch die Befreiung von Agarsprit von der Mineralölsteuer den ganzen Boom (zumindest hier in Deutschland) erst ausgelöst hat….

    Natürlich gibt es Grüne wie Frau Rothe-Beinlich, MdB aus Thüringen, die schon vor einiger Zeit Agrarsprit als „ökologischen Selbstbetrug“ gegeißelt hat. Aber gegenüber bekannten grünen Gesichtern wie Trittin verblasst diese Kritik leider ein wenig… Sogar Fischer hat zur Wahl in 05 (die nun zugegebenermaßen schon ein wenig länger her ist) mit dem Thema „mehr Biosprit“ Wahlkampf gemacht. Mir ist nicht bekannt, dass man sich von diesen Positionen je wirklich deutlich distanziert hätte, auch wenn Biosprit als Lösung für alle Probleme heute ja zum Glück nicht mehr propagiert wird. Der ganze „Bio“sprit-Boom ist im Grunde nichts anderes als eine energiepolitische Sackgasse, ein Irrweg, mit dem vermittelt werden soll, dass sich am Mobilitätsverhalten nichts ändern muss, und trotzdem alles „grün“ und klimafreundlich abläuft….

    Da kann man wirklich nur hoffen, dass dieser Unfug letztendlich auf EU-Ebene scheitert, obwohl ich auch da meine Zweifel habe. „Grüner“ Konsum ohne Umdenken ist einfach zu verlockend, da werden etliche sonst eher ungrüne Parteien auch nicht widerstehen können….

  4. Michael

    Hallo Christian,

    ich gebe dir Recht, dass noch nicht in allen Köpfen angekommen ist, dass sich das alles vergaloppiert hat und die Hoffnungen durch Zertifizierungen das alles zu lösen, einfach nicht aufgehen wird.
    Allerdings musst du dir den Beschluss der Fraktionsvorsitzenden-Konferenz von Ende Februar 08 mal genauer ansehen. Den Link hatte ich in meinem ersten Kommentar schon drin. Dort ist die Position schon recht kritisch und der wurde ja auch von Renate Künast als Vertreterin der Bundestagsfraktion mitgetragen.

    Auch gibt es einen Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz vom November 07, dessen Tonlage auch schon eine ganz andere ist als das zu früheren Zeiten der Fall war:
    http://www.gruene.de/cms/partei/dokbin/207/207456.oekologische_und_soziale_standards_fuer.pdf

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