Jahresrückblick 2011 – politisch, persönlich, …

Das war nun also 2011 bzw. ich bin mir recht sicher, dass bis auf Silvester bei mir persönlich nichts besonders Spannendes mehr passiert. Es ist ja aber auch bereits jede Menge passiert. Wenn ich mich gerade mal so zurückbesinne und den Jahresrückblick 2010 überfliege: wow! Da bleibt einem glatt die Spucke weg.

Politische Höhen

Politisch ist 2011 kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Überall auf der Welt begehren die Menschen auf und fordern Mitbestimmung ein. In Baden-Württemberg regiert nicht nur erstmals seit über 60 Jahren nicht mehr die CDU, sondern es Henning Schürig und Winfried Kretschmann (2005)gibt auch noch den ersten grünen Ministerpräsidenten. Und wenn man sich so seine Beliebtheitswerte und die Umfragewerte der Grünen in Baden-Württemberg ansieht, dann bin ich lange nicht der einzige, der sich darüber freut. 🙂
Sehr spannend fand ich es auch, bei den ersten grün-roten Koalitionsverhandlungen so nah dabei zu sein. Ein historisches Erlebnis – mit Aufs und Abs. Und am Ende wurde Winfried Kretschmann auch noch Politiker des Jahres. 🙂

Politische Tiefen

Dass die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 so klar verlorenging, ist bitter. Aber das Ergebnis hat immerhin die politische Debatte überwiegend beendet. Auch für mich ganz persönlich war das politische Jahr 2011 nicht nur rosig: Ich bin nach vier Jahren nicht mehr in den Landesvorstand gewählt worden. Über Gründe zu spekulieren, ist nach wie vor müßig, zumal sich das zahlreiche Feedback auch noch widerspricht. Daher hab ich das einfach mal sportlich genommen, nutze erst einmal die neu gewonnenen Freiheiten und gehe etwas auf Abstand zur Politik. Das ist kein Abschied – wer mich kennt, weiß dass ich einfach durch und durch politisch bin und selten mit Ideen zu Verbesserungen hinter dem Berg halte – sondern einfach eine „kreative Pause“. Ich bin seit meinem Eintritt bei den Grünen vor neun Jahren ohne Pause immer in mindestens einem Amt gewesen. Da tut es sicher auch mal ganz gut, ein paar Schritte zurückzugehen und das Ganze mit den Erfahrungen von innen ein bisschen mehr von außen zu betrachten. Die Zeit für Politik ist auch nicht mehr so da wie noch während des Studiums, wo ich leichter mal die Prioritäten nach meinen Wünschen setzen konnte.

Berufliche Weiterentwicklung

Beruflich gibt es hingegen nur Erfreuliches zu berichten. Henning Schürig (2011) - MOSAIQ MEDIAAnfang 2011 habe ich bei meinem alten und neuen Traum-Arbeitgeber eine neue Herausforderung als Leiter Social Media & Online-Marketing angenommen. Natürlich läuft nicht immer alles genau wie man es sich wünscht und gerade eine stark wachsende Firma hat natürlich auch hier und da mal Wachstumsschmerzen zu verkraften. Aber sehr schön finde ich nach wie vor die Unternehmenskultur, vor allem den Führungsstil, der immer den Menschen im Fokus hat und jedem Einzelnen die Möglichkeit gibt, sich weiterzuentwickeln. Und weiterentwickeln meint hier nicht einfach nur fachliche Weiterbildung, sondern auch menschliche.

Gleichzeitig merke ich – und das ist damit eng verbunden – dass dieser Führungsstil ungefähr genauso anstrengend für den Gebenden, wie angenehm für die Empfangenden ist. Aber siehe oben: Man entwickelt sich weiter. 🙂

Persönliches 2011

Nicht zuletzt wegen der persönlichen Weiterentwicklung im Job ist 2011 auch für mich privat ein spannendes Jahr gewesen. Auch hier gab es Höhen und Tiefen. Eine Erkenntnis, die ich aus 2011 mitnehme, ist jedenfalls die aktivere Gestaltung von Freizeit. Das ging bei mir im letzten Jahr etwas unter. Augenfälligstes Beispiel: Ich hab meinen Urlaub ein bisschen vergessen. Irgendwie kam ich nicht so richtig dazu, da was zu planen und dann war hier schon was und da schon was – natürlich hab ich Urlaub genommen, aber richtig Urlaub im Sinne von Wegfahren ins Ausland hatte ich dieses Jahr nicht.

In meinem Umfeld ist die Zeit der Berufseinstiege, Hochzeiten und Nachwuchsproduktion. Auch das erfordert mehr aktive Freizeitgestaltung. Interessant ist aber, dass die einen Kinder kriegen und die anderen heiraten. Beides zusammen ist eher selten.

Ein wichtiges Thema, das ich 2011 angegangen bin, waren meine Finanzen. Ergebnis ist aber neben dem gewonnenen Überblick vor allem Erfahrung. Und zwar die Erfahrung, dass Riester sich für mich überhaupt nicht lohnt, weil die staatliche Förderung von den Kosten aufgefressen wird. Zum Glück fiel mir mehr durch Zufall und bei der Suche nach guten Fonds mit ökologisch-sozialen Ethik-Standards eine Ausgabe der Öko-Test (Ratgeber Rente, Geld, Versicherungen) in die Hand, die mir kurz nach der Unterschrift unter meine Riester-Altersvorsorge klarmachte, dass das für mich gar nicht taugt. Die Kosten schwanken etwa zwischen 2.600 EUR und über 11.000 EUR. Ich kam beim Überschlagen (nachdem ich die Kosten dann bei mir doch noch gefunden habe) auf mindestens 5.500 EUR über die gesamte Laufzeit – bei 4.620 EUR staatlicher Förderung in 30 Jahren. Hab das also widerrufen. Klare Warnung: Außer für Geringverdiener lohnt sich Riester bei Unverheirateten ohne Kinder nicht. Wäre das Internet ein rechtsfreier Raum, würde ich jetzt wohl von Abzocke und anderen schönen Dingen sprechen. Wie gesagt: eine interessante Erfahrung – die mich letztlich außer Zeit und ein paar mehr grauen Haaren aber immerhin nichts gekostet hat.

Internet, Social Media & Co.

Apropos Internet. Facebook ist jetzt glaub so richtig selbstverständlich Henning Schürig und der Like-Button von Facebookgeworden, Tablets noch dazu. Social Media wird als Begriff so langsam sterben – weil das Internet einfach social wird. Da lässt sich nicht mehr viel Web 1.0 vom 2.0 separieren. Spannend war, dass 2011 mit Google+ erstmals eine Bedrohung für Facebook aufkam. Ich glaube, da ist auch noch viel Musik drin – denn das beliebteste Betriebssystem für Smartphones heißt Android und kommt von Google. Wenn das richtig verknüpft wird, dann wird Facebook ein richtiges Problem bekommen. Spannend.

2012

In den letzten Wochen festigte sich bei mir im Kopf auch etwas das Bild, wo es 2012 mit dem Internet, Social Media und Smartphones hingehen wird. Ich glaube, wir werden mehr und mehr verschiedene Geräte für den Internetzugang nutzen. Neben Smartphone, Tablet und vielleicht noch PC und/oder Laptop wird es mehr und mehr auch der Fernseher sein. Es gibt bereits Fernseher bei denen rechts vom Fernsehbild ein Chatfenster eingeblendet ist und in vielen Haushalten läuft der Fernseher eh immer. Ich denke, er wird noch viel stärker mit dem Web verknüpft werden. Nicht nur um Filme oder Musik anzusehen oder zu surfen, sondern auch für die Kommunikation. Ich bin eh erstaunt, was sich so plötzlich im TV-Bereich technisch getan hat.

Politisch werden die Parteien im nächsten Jahr mit Bürgern zu tun haben, die mehr mitbestimmen wollen – auch ohne gleich Parteimitglied zu werden. Wünschen würde ich mir, dass es einmal eine Koalition gibt, in der weder CDU noch SPD beteiligt sind. Das würde unserer Demokratie glaub gut tun.

Wie es mit FDP und Piratenpartei weitergeht, ist glaub enger miteinander verbunden als den meisten klar ist. Die Piraten sind im Kern eine liberale Partei, auch wenn sie von vielen im rot-rot-grünen Spektrum verortet werden. Ja, da kommen viele Wähler her. Aber nicht nur. Und der Kern der Partei ist sehr liberal (das meine ich jetzt erst einmal völlig wertfrei). Wenn sie sich in dieser Weise etablieren, können sie die FDP ersetzen – und wir haben erstmals seit ca. 30 Jahren wieder eine durch und durch liberale Partei in den Parlamenten. Die Piraten stehen nun aber erstmal vor großen Herausforderungen. Ich sehe da vor allem den Punkt, dass Realpolitik nicht immer so einfach ist, wie man sich das vorher gedacht hat. Einige Erkenntnisse in Sachen Machbarkeit sorgen dann natürlich für ein weniger markantes Profil der Partei – oder sie wehren sich gegen die Realität und bleiben koalitionsunfähig. Man wird sehen.

Eines wird 2012 aber bestimmt bleiben: Ich gerate gerne mal ins Schwafeln und dann werden Wort- oder Blogeinträge mal etwas länger. 🙂

Vielen Dank an alle tollen Menschen, die mich 2011 begleitet haben und die ich begleiten durfte – und an die treuen Leserinnen und Leser hier. 🙂

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Judith

    Kinder kriegen UND heiraten – in einem Jahr? Wäre mir dann doch zuviel gewesen 😉 Übrigens bin ich was das Riester-Thema (und Rürup) angeht, zu genau der gleichen Erkenntnis gelangt und habe nach dem letzten Stuttgarter Barcamp beschlossen, die Altersvorsorge anders anzugehen und habe mir meine ersten Aktien gekauft. Und wo du die Piraten erwähnst: Zum Jahresanfang 2012 gönne ich mir die Mitgliedschaft und schaue mal, wohin mich dieses Abenteuer führt 🙂

  2. Maik

    Alles Gute für das kommende Jahr!

    Maik

  3. Rolf Schäfer

    Lieber Henning,
    auch von mir – seit über 40 Jahren in der SPD – alles Gute und viel Erfolg in 2012.
    Zu den Koalitionsperspektiven: Die Grünen werden sich auch im weiteren Jahrzehnt immer entscheiden müssen, ob sie näher der SPD stehen – immer noch die Partei derer, die keine Aufstiegschancen in den Mittelstand haben – oder die moderne FDP sind – Partei der Geldverdiener.
    Hier in Aachen und Umgebung haben sich die Grünen Architekten und Lehrer vor der letzten Kommunalwahl gegen die SPD entschieden, schade.

  4. Henning

    @Judith
    Kinder kriegen UND heiraten – in einem Jahr?
    Witzigerweise weder in einem Jahr, noch überhaupt. Die einen heiraten kinderlos, die anderen bekommen unverheiratet Kinder. Sodom und Gomorra! 😉

    Übrigens bin ich was das Riester-Thema (und Rürup) angeht, zu genau der gleichen Erkenntnis gelangt und habe nach dem letzten Stuttgarter Barcamp beschlossen, die Altersvorsorge anders anzugehen und habe mir meine ersten Aktien gekauft.

    Bei Rürup hab ich nur festgestellt, dass das für mich als Arbeitnehmer gar nicht taugt. Wie es bei Selbstständigen ist, weiß ich nicht. Riester würde sich mit Kind evtl. schon wieder lohnen – aber auch da kommt es dann drauf an, was man genau macht (Rentenversicherung, Fondsparplan, Banksparplan, Misch-Rente etc.). Aber Riester gibt’s bei dir ja eh nicht, oder?
    Die Aktien hast du hoffentlich in einem Fonds gekauft. Sonst wäre mir das doch zu riskant, vor allem, wenn man weder Zeit noch Know-how hat, jeden Tag bzw. mehrmals pro Tag die Börsen zu verfolgen.

    Und wo du die Piraten erwähnst: Zum Jahresanfang 2012 gönne ich mir die Mitgliedschaft und schaue mal, wohin mich dieses Abenteuer führt 🙂
    Da bin ich auch mal gespannt – auf deine Berichte. Wenn du denn neben Kind und Selbstständigkeit überhaupt groß Zeit dafür findest.

    @Maik
    Danke, dir ebensi! 🙂

    @Rolf
    Die Grünen werden sich auch im weiteren Jahrzehnt immer entscheiden müssen, ob sie näher der SPD stehen …
    Die Frage kann man auch umdrehen: Die SPD hat sich in Berlin ja gegen die Grünen und für die CDU entschieden. Ich sehe das grundsätzlich so: Die Grünen stehen der SPD in den meisten politischen Fragen näher als der CDU und wenn eine rot-grüne oder grün-rote Koalition möglich ist, dann wird sie in aller Regel auch stattfinden. Schwarz-grün ist nur eine Alternative, wenn rot-grün/grün-rot nicht zur Verfügung steht. Wobei die lokale Ebene sicher nochmal differenzierter zu betrachten ist als die Landesebene und aufwärts.

    Was ich oben schrieb, war ja aber der Wunsch nach einer Koalition ohne CDU und SPD. Bisher hat immer eine der beiden Parteien mitregiert und ich glaube, es wäre auch mal ganz gut, wenn keine an einer Regierung beteiligt ist (die CSU mal mit zur CDU gezählt).

  5. Andre Leisner

    Wie schaut es aus, gerade mal schnell Deinen BLOG durchsucht, konnte auf die schnelle keine weiteren Einträge mehr lesen. Wieder eingeschlafen der Sport? Gar kein Bericht darüber, wie der Sport 2011 verlaufen ist?

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