Eine Mail ist eine Mail ist ein Brief

Eigentlich will ich das gar nicht weiter kommentieren. Denkt aber bloß nicht, dass die zentrale E-Mail-Adresse für alle Mitarbeiter schon das Highlight wäre:

Ihre E-Mail geht beim Finanzamt in einer zentralen Mail-Posteingangsstelle ein und wird von dort weiterverteilt. Der zuständige Bearbeiter erhält Ihr E-Mail gegenwärtig wie eine Postkarte in der Briefpost.

Das Finanzamt ist aus Gründen der Gleichbehandlung jedoch gehalten, eingehende E-Mails grundsätzlich wie normale Briefpost zu behandeln.
Sie können also durch die Kommunikation per E-Mail keine wesentlich beschleunigte Erledigung Ihres Anliegens erwarten.
Die Beschleunigung durch den Wegfall der Postlaufzeiten bleibt Ihnen allerdings erhalten.

Zitiert aus: Hinweise zur Kommunikation per E-Mail (Finanzamt Stuttgart)

Über den Satz „Ihre E-Mail kann nur bearbeitet werden, wenn Sie Ihren Namen und Ihre Anschrift vollständig angegeben haben!“ kann man unter diesen Umständen glatt hinwegsehen.

Ach ja, auch wenn die verlinkte Website des Finanzamts etwas anderes vermuten lässt: Wir sind im Jahr 2013!

Dieser Beitrag hat 16 Kommentare

  1. Heiko

    Die Erklärung ist nicht sehr fernliegend:

    Um die Post gleich zu behandeln sollte sie im gleichen Postfach liegen. D.h. entweder muss die elektronische Post zu Papierpost werden oder umgekehrt.

    Ein Dokumentenscan-System inkl. Doku-Management aussuchen, implementieren und Nutzer schulen ist aufwendig und teuer und trifft in der Nutzerbasis mit Sicherheit auf einen gewissen Widerstand (weil es in jeder Organisation ein paar Leute gibt, die sich gegen Neues sperren). Je weiter oben der Bremser sitzt, desto weniger wahrscheinlich, dass sich da etwas tut. Dazu kommen natürlich noch Budgetfragen, Zuständigkeiten usw.

    Im Gegensatz dazu sind Drucker schon da und jeder weiß wie sie funktionieren.

    Das Problem ist also politisch, die gewählte Lösung ist pragmatisch.

  2. Henning

    Da hast du schon recht. Aber was soll das? Warum soll eine E-Mail nicht bevorzugt behandelt werden? Oder werden Telefonanrufe auch nur von einem Anrufbeantworter entgegengenommen, das Anliegen auf Tonband aufgezeichnet und dem Sachbearbeiter ins Postfach gelegt?

  3. Heiko

    Frage der Kategorie:

    Email: schriftlich.
    Telefon: mündlich.

  4. Henning

    Naja, trotzdem leuchtet mir nicht ein, warum man das künstlich verzögern muss.

  5. Heiko

    Wie würdest Du es denn lösen – unter der Voraussetzung, dass alle schriftlichen Eingänge gleich zu behandeln sind?

  6. Henning

    Ich find ja genau diese Voraussetzung unsinnig.

  7. Heiko

    Warum soll die Email Priorität vor der Briefpost haben?

    Warum nicht umgekehrt?

  8. Henning

    Man sollte einfach keines von beiden künstlich verzögern. Wer das technisch bedingt schnellere und direktere Medium wählt, der wird eben auch schneller wahrgenommen. Ich sage ja nicht, dass ein Medium Priorität haben soll, aber warum künstlich bremsen? Leuchtet mir nicht ein.

  9. Heiko

    Künstlich gebremst wird garnix. Es landet schlicht und einfach auf dem gleichen Stapel. Es landet dort nur (technisch bedingt) schneller.

  10. Henning

    „Natürlich“ wäre eine elektronische Zustellung – im Idealfall ohne eine manuelle Verteilstelle dazwischen, die eigentlich an sich schon eine künstliche Verzögerung darstellt.

    Aber dass die Mails dann auch noch ausgedruckt und in den Posteingang gelegt werden (wozu ja vermutlich auch interne Boten rumlaufen) dient doch offenbar nur der Verzögerung (auch Gleichbehandlung genannt).

  11. Heiko

    D.h. die Briefpost müsste digitalisiert werden?

    Ja, das wäre der richtige Weg, aber das deutlich größere Projekt – siehe mein erster Kommentar.

  12. Henning

    Nö, warum sollte denn die Briefpost digitalisiert werden müssen? Es kommt halt einmal am Tag Post rein und den ganzen Tag über E-Mails – wie bei jedem anderen auch.

  13. Heiko

    Nehmen wir an, der Finanzbearbeiter öffnet sein Mailprogramm erst wenn die Briefpost fertig abgefertigt ist.

    Ich denke mal (nach dem, was ich aus den Ämtern gehört hab), dass dann das Mailprogramm sehr selten läuft, weil der Poststapel immer groß genug sein wird.

    Man sagt also entweder: Jeder bearbeitet frei nach Schnauze – dann sind die Rücklaufzeiten völlig unberechenbar oder abhängig vom Sachbearbeiter.
    Oder man bestimmt, dass sämtliche Posteingänge gleich und in Eingangsreihenfolge bearbeitet werden. Das ist die aktuelle Lösung.

    Bisher hab ich von Dir noch keinen besseren Vorschlag für einen Workflow gehört – nur was sie nicht machen sollen (E-Mail in die Post packen). Aber wie man das stattdessen organisieren soll – da sehe ich noch nichts. Vorschläge?

    Der Kunde möchte in allen Fällen (elektronisch und schriftlich) fundierte, korrekte und teilweise auch rechtsverbindliche Antworten möglichst innerhalb eines definierten Zeitrahmens.
    Die Arbeit kommt auf zwei Wegen an. Wie soll die Bearbeitungsfolge konkret organisiert werden? Drandenken, dass Ämter und auch Nicht-ITler da gerne genaue und eindeutige Vorgaben haben.

  14. AlexU

    Ich weiß von der Arbeitsagentur, dass die seit 2013 den digitalen Weg gehen.
    Das heißt, dass jetzt jede Briefpost zentral für jedes Bundesland eingescannt wird, und von dort bekommt jeder Mitarbeiter die Briefpost per E-Mail.
    Genau so umgekehrt, können die Mitarbeiter eine E-Mail verschicken und die landet dann im Briefkasten des Arbeitslosen.

    Ich denke, dass die Verantwortlichen im Finanzamt, das genau verfolgen und warten bis die Lösung der Arbeitsagentur in der Praxis richtig rund läuft.

  15. klaus

    „Bisher hab ich von Dir noch keinen besseren Vorschlag für einen Workflow gehört – nur was sie nicht machen sollen (E-Mail in die Post packen). Aber wie man das stattdessen organisieren soll – da sehe ich noch nichts. Vorschläge?“

    Vorschlag 1: Der Bearbeiter arbeitet 2 Stunden an der Briefpost, dann 2 Stunden an der Emailpost und wiederholt das ganze. Wenn mal kein Brief oder keine Email da ist, dann wechselt er halt früher.

    Vorschlag 2: Wie wäre es denn, wenn in der zentralen Briefpoststelle dem entsprechenden Bearbeiter eine Email für jeden Brief geschickt wird, der für ihn eingegangen ist? Der Brief wird dann zusammen mit eventuell anderen Briefen für den gleichen Bearbeiter, die zur gleichen Zeit angeliefert wurden, in sein Büro gebracht. Der Bearbeiter schaut sich dann sein Emailpostfach an und arbeitet seinen Posteingang ab. Wenn es eine normale EMail ist, dann liest er sie – wenn es eine „Briefemail“ ist, dann schaut er sich den entsprechenden Brief im Stapel an.

    „Oder man bestimmt, dass sämtliche Posteingänge gleich und in Eingangsreihenfolge bearbeitet werden. Das ist die aktuelle Lösung.“

    Wie wird denn deiner Meinung nach die Eingangsreihenfolge für Briefpost bestimmt – da kommt ja nicht jeder Brief einzeln an. Wir dann alphabetisch sortiert? Das wäre doch „unfair“. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Emails sogar fairer sind, da jede Email nach Eingangsdatum- und Zeit sortiert werden kann.

  16. Heiko

    Vorschlag 1 klingt einfach realisierbar. Mich würde zudem noch interessieren, ob die Beamten auch per E-Mail antworten. Spätestens bei rechtsverbindlichen Aussagen gilt E-Mail weiterhin nicht überall als „schriftlich“ – zumal die qualifizierte digitale Signatur ja auch im Amt nicht verwendet wird.

    Vorschlag 2 würde eine Infrastruktur benötigen, mit der man gleich den Schritt komplett gehen könnte: Die gesamte Post (E oder B) wird zentral eingescannt und intern nur noch gemailt. So läuft’s schon in manchen Ämtern und in vielen Firmen. Das muss man halt investieren und sowas kann beim Staat schonmal etwas dauern.

    Ich persönlich würde Vorschlag 2 auch bevorzugen – vorausgesetzt alle rechtlichen Grauzonen dabei sind geklärt (Scans sind nämlich keine Originale mehr – d.h. man müsste die Eingangspost teilweise trotzdem archivieren usw.).

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