Der grüne Parteitag zu Afghanistan

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Ich schätze mal, einige hier warten darauf, dass ich was zum grünen Sonderparteitag zum Afghanistan-Einsatz schreibe. Ich war allerdings nicht da und habe auch bisher noch mit niemandem gesprochen, der dort war. Ich hab also alles nur aus der Presse.

Hier kurz stichwortartig meine Haltung:

  • Ich hätte wie Alex Bonde oder Oswald Metzger trotz Bedenken bei den Tornados für das Gesamtpaket gestimmt.
  • Die Tornados haben in der ganzen Diskussion einen hohen Stellenwert, scheinen aber vor allem ein Symbol zu sein im Verhältnis zum Gesamteinsatz.
  • Ein Ja ist nicht immer ein „Ja, ich find das alles super“, sondern oft auch eine Abwägung gegen die Alternativen (Nein oder Enthaltung).
  • Über das Ergebnis vom Parteitag in Göttingen bin ich definitiv unglücklich, auch wenn ich es gut finde, dass bei uns wenigstens darüber diskutiert wird.
  • In den Medien (und vor allem in den Reaktionen der anderen Parteien) wird total überreagiert. Das war allerdings zu erwarten. ISAF wird von der großen Mehrheit der Grünen befürwortet, allerdings will eine Mehrheit eben die Tornados nicht dabeihaben. Das jetzt als grundlegenden Umschwung in der grünen Außenpolitik zu deuten, finde ich ziemlich dreist.

Dass übrigens genau die, die bei weniger pazifistischen Parteitags-Beschlüssen, die Abweichler bejubelt haben, es jetzt ganz wichtig finden, dass sich die Abgeordneten an den Beschluss halten, sollte denjenigen zu denken geben.

Wie Linda schon sagt: „GrüneR BundestagsabgeordneteR möchte ich in der aktuellen Situation trotzdem gerade nicht sein…“

Die Fraktion hat nun wirklich ein Problem. Den Parteitags-Beschluss kann man nicht einfach ignorieren, allerdings ist die Mehrheit der Abgeordneten anderer Auffassung als die Parteitags-Mehrheit. Soll sie sich dem Parteitags-Beschluss beugen oder dem, was sie für richtig halten?

Wie auch immer jeder Einzelne entscheidet, er wird es um die Ohren gehauen bekommen…

Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Andy

    Die eigentliche Schweinerei ist doch, daß im Bundestag über alle Mandate in einem Wisch abgetimmt wird.

    So kommt man als Gegner des Tornadoeisatzes in arge moralische Bedrängnis, weil ein „Nein!“ zum Tornadoeinsatz gleichzeitig eine Ablehnung des Engagements zum zivilen Wiederaufbaus bedeutete.

    In meinen Augen ist das pures Kalkül der Bundesregierung, um stärkere Zustimmung zum Tornadoeinsatz zu generieren, bzw. die Abweichler in den eigenen Reihen kaltzustellen. Denn wer kann schon allen Ernstes gegen humanitätre Hilde und Wiederaufbau stimmen…

    Und ich finde das eine Riesensauerei!

  2. Henning

    Da stimm ich dir vollkommen zu. Diese Misere hat uns aber die Bundesregierung eingebrockt und die besteht aus CDU/CSU und SPD. Wäre ein Punkt gewesen, wo die SPD sich hätte nützlich machen können.

  3. Andy

    Wir hätten uns bei so vielen Sachen nützlich machen können, und spielen doch immer wieder nur den Juniorpartner der Union. Mich kotzt das tierisch an!

    Und da wundere sich noch jemand, warum wir gerade auf Projekt 18 zusteuern – von anderer Seite als die FDP damals.

  4. vaterlandslose-gesellen.de

    Unser Land muss zurück seinem „NIE WIEDER“ wieder treu werdeen . So und nur so wurden wir nach dem Deutschen Krieg gegen Europa, wieder europäisch.

  5. Filtor

    vielleicht etwas naiv, aber hätte man angesichts der „fragestellung“ der bundesregierung nicht – leichter „vermittelbar“ – beschließen können, sich im bundestag unter abgabe einer differenzierten erklärung zu enthalten?
    übrigens, lest mal [http://www.linksfraktion.de/publikationen_klar_artikel.php?artikel=2061679861 diese ansicht eines spd-mitglieds…]

  6. Till Westermayer

    Der jetzige Beschluss ist ja kein undifferenziert-radikalpazifistischer, sondern einer, der sagt, dass ISAF anders aufgestellt durchaus Sinn ergeben würde. Das nur vorweg. Ich war auf dem Parteitag, bin mit dem — überraschenden — Ergebnis durchaus glücklich, und denke, dass für die Mehrheit der Bundestagsfraktion eine Enthaltung (plus persönliche Erklärung) bei der ISAF+Tornado-Abstimmung und ein Nein bei OEF sowohl mit dem Gewissen als auch mit dem Parteitagsbeschluss vereinbar ist.

    Was mich an der ganzen Sache stört, ist etwas anderes: die Tatsache, dass die gesamte Medienwelt jetzt einen „GAU“, eine „Krise“, usw. sieht — dabei ist eigentlich etwas ganz selbstverständliches passiert: die Parteibasis hat sich an der innerparteilichen Meinungsbildung beteiligt. Meiner Einschätzung nach kann selbst die Mehrheit des Bundesvorstandes mit dem gefällten Beschluss gut leben (vgl. das Claudia-Roth-Interview im Spiegel). Die einzigen, die wirklich große Probleme haben, sind K&K — und da war dieser Warnschuss (um mal im polizeilichen Sprachgebrauch zu bleiben) rechtzeitig vor den nächsten Listenaufstellungen und Wahlen durchaus angebracht. Jetzt über den medialen Rückkanal daraus ein „Buh, die Basis hat uns nicht lieb und handelt unverantwortlich“ zu machen ist genauso falsch wie die Interpretation mancher Medien, die — siehe erster Satz in diesem Kommentar — nicht kapieren, dass der Antrag kein plumpes „Nein zu allem“ ist, sondern differenziert argumentiert und deutlich macht, wie eine realpolitisch tragbare Politik in Afghanistan, die von Grünen (in ihrer großen Mehrheit) mitgetragen werden kann, aussehen müsste.

  7. Sven

    Ich war auch da und muß ebenfalls sagen, dass ich mit dem Beschluß außerordentlich glücklich bin. Mancher Fundi ist sicher mit dem Vorschlag Uli Cremers im Herzen dahin gefahren – aber er hat sich überzeugen lassen, dass ein bedingungsloser Rückzug das falschere Signal ist – noch falscher, als das Paket zähneknirschend zu akzeptieren.

    Dass jetzt grüne Abgeordnete, wie die Parlamentarische Geschäftsführererin Undine Kurth, das Ergebnis dieses Parteitages mit einem Volkskammerbeschluß gleichsetzen, ist hier das einzig wirklich Traurige.

  8. Jan

    Ich war auch da und kann mich Till und Sven nur anschließen. Der Antrag von Robert Zion und Co. war der mit Abstand differenzierteste – und weit besser durchdacht als die Anträge von BuVo, Cremer, Cohn-Bendit (der ja am ehesten Hennings Meinung dargestellt hätte) und vor allem Daxner.
    Deshalb bin ich auch äußerst zufrieden nach Hause gefahren.

  9. Sven

    Was sich Dani am Samstag geleistet hat, war echt mutig 😉 Vor einer Meute von 700 Leuten zu sitzen und ihnen zu sagen, dass sie dumm sind … Respekt. 🙂

  10. Jan

    …und das auch noch auf die dummdreisteste Weise, die ich mit so spontan vorstellen kann. Die Rede war so mies, da konnte selbst Daxner nur mit Mühe mithalten.

  11. Till Westermayer

    Danny hat das allerdings nicht so ganz verstanden. Jedenfalls war er im Zugrestaurant ganz konsterniert darüber, dass das Aussprechen Der Wahrheit ™ mit Buhrufen beantwortet wird. Darüber, dass andere seine Wahrheit nicht teilen, scheint er noch nicht nachgedacht zu haben.

  12. niels | zeineku.de

    Ich halte die ganze Debatte bei den Grünen für naiv. Die Trennung zwischen „gutem ISAF“ und „bösem OEF“-Mandat ist nur erklärbar durch traditionalistische Reflexe. Wer sich halbwegs ernsthaft mit Afghanistan beschäftigt, wird recht schnell wissen, dass Aufbau nicht ohne Sicherheit, Brunnenbau und Schulgründungen nicht ohne Bekämpfung der Taliban und ISAF nicht ohne OEF funktioniert.

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