Volker Ratzmann – Kind vs. Grünen-Vorsitz: 1:0

Kaum bin ich in Berlin, gibt’s hier überraschende Neuigkeiten aus der grünen Partei. Volker Ratzmann zieht seine Kandidatur für den Bundesvorsitz der Grünen zurück, weil er zusammen mit seiner Frau ein Kind bekommt. Seine Frau ist die grüne Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae aus Freiburg, die hier in Baden-Württemberg als Spitzenkandidatin antreten möchte. Damit genug Zeit für das Kind ist, will er karrieremäßig zurückstecken.

„Ich glaube, die Verantwortung für unser Kind, die können nur wir beide alleine übernehmen, für die Partei können auch andere Verantwortung übernehmen“, fasst er seine Entscheidung sympathisch und kurz zusammen. Nun bleibt nur noch Cem Özdemir als Kandidat übrig, der derzeit im Europaparlament sitzt, aber 2009 in Stuttgart wieder für den Bundestag kandidiert.

Hier das Video von Volker Ratzmanns Pressekonferenz:

Ich finde die Entscheidung von Volker Ratzmann nachvollziehbar und sehr honorig. Vor allem wie er jetzt auch glaubwürdig dazu auffordert, die ganze Unterstützung, die er bekommen hat, nun Cem Özdemir zukommen zu lassen. Eine Schlammschlacht zwischen den Kandidaten wie bei den Vorwahlen in den USA hat es hier zum Glück ohnehin nicht gegeben.

Prinzipiell ist es natürlich schade, dass es nun auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK, Bundesparteitag) vom 14.-16. November in Erfurt keine richtige Wahl mehr bei den Parteivorsitzenden geben wird. Aber immerhin bleibt derjenige übrig, den ich ohnehin für besser geeignet halte und zweitens kann so ein Zweikampf – auch wenn er von den beiden friedlich ausgetragen wird – eine Partei auch spalten und das wäre kein guter Einstieg in das Superwahljahr 2009.

Volker Ratzmann kenne ich nicht gerade gut, aber immerhin gehörte ich zu den eher wenigen, denen sein Name auch vor seiner Kandidatur schon was sagte. Ich denke, er hat mit seiner Kandidatur und auch mit dem Rückzug jetzt, gezeigt, dass er in der Lage wäre, höhere Verantwortung zu übernehmen als jetzt und vielleicht ergibt sich in ein paar Jahren, wenn das gemeinsame Kind dann etwas größer ist, auch noch eine gute Gelegenheit, diese Fähigkeiten für grüne Politik mehr als bisher einzusetzen.

Und viele grüne Delegierte sind nun von der Aufgabe befreit zwischen zwei sehr guten Kandidaten für den Bundesvorsitz den besseren rauszupicken.

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Till

    Ich find’s der mangelnden Auswahl wegen schade, glaube auch kaum, dass die Wahl zwischen zwei Realos die Partei gespalten hätte, kann aber die Gründe gut nachvollziehen. Vielleicht findet sich ja noch ein anderer Cem-Herausforderer.

  2. Till

    Ach ja, etwas seltsame Pointe des Ganzen: Cem hatte im März auch gesagt, er könne nicht — wegen Tochter.

  3. Timo Heuer

    Ich finde, das macht ihn sehr sympatisch.

  4. Till

    @Timo: ich nehme an, du meinst Volker Ratzmann — und stimme dir zu, finde es aber auch nicht sinnvoll, wenn die Sympathischen immer diejenigen sind, die eher hinten dran stehen.

  5. jan

    Schade, schade, wieder ein bisschen langweiliger, der Parteitag. Zum Glück kann ich sowieso nicht hin.
    Hier (in Mexiko) läuft das alles aber noch ein bisschen blöder ab – hier ist nur Geklüngel. Politik wird mit Freunden gemacht. Und mit Geld. Damit gewinnt man auch Wahlen. Und das hat nichts mit mehr Geld für PR, sondern mit Geld für Stimmen zu tun. Dann doch lieber eine Vorstandswahl ohne Kampfkandidatur mit einem Kandidaten der nicht zu meinen Favoriten gehört.

  6. Robin

    Der Ratzmann hätt doch eh nicht gewonnen…

  7. Wolfgang G. Wettach

    Als manueller Trackback: Die von Till geäusserte Meinung dass kontrovers abgestimmte Kandidaturen der Partei mehr nutzen als schaden oder die Partei jedenfalls nicht zerreissen würden teile ich.

    Es bleibt zu hoffen – mein Fazit unter http://wolfgang.ughugh.de/?p=149 – dass Cem auch die Fähigkeit entwickelt, über die Flügel und Gruppen (regional wie inhaltlich) hinweg die Partei zu einen, und nicht nur die Reformer.

  8. Henning

    Ich wollte nicht den Teufel an die Wand malen und sagen, dass es die Partei spaltet – sowas kann ja aber immer passieren, nur jetzt halt nicht mehr.

    Was Wolfgangs Integrationsbedenken angeht: Das wird sicher keine leichte Aufgabe. Womöglich läuft es darauf hinaus, dass Claudia Roth den linken Flügel integriert und Cem den Reformer-/Realo-Flügel. Man kann ja von Claudia schließlich auch nicht behaupten, dass sie beide Flügel integriert.

  9. Till

    @Henning: und wer integriert dann Cem und Claudia? (C&C statt K&K!)

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