Mein Fazit der Bundestagswahl 2009

Nun ist sie also rum die Wahl und wir haben das Ergebnis: schwarz-gelb. Ob mit oder ohne Überhangmandate, CDU, CSU und FDP haben zusammen eine Mehrheit – und sie werden sie natürlich nutzen.

Wofür genau sie sie nutzen, wird man sehen. Ich bin natürlich in Sorge. Um den Atomausstieg vor allem. Auf jeden Fall werden wir jetzt die FDP an ihren Taten messen können, was Bürgerrechte angeht. Der JuLi-Vorsitzende Johannes Vogel hatte vor der Wahl gesagt, es würde keine Koalition geben, wenn nicht das Netzsperren-Gesetz (Zensursula) zurückgenommen wird. Nun, FDP? Wie sieht’s aus?

Danke!Abgesehen von der neuen schwarz-gelben Mehrheit können wir uns natürlich über ein grünes Rekordergebnis freuen. Manche Umfragen hatten zwar zwischendrin etwas mehr hoffen lassen, aber 10,7 % ist ein geniales Ergebnis. Unser bisheriger Rekord lag bei 8,6 % bei der Bundestagswahl 2002.

In Baden-Württemberg konnten wir sogar um 3,2 Prozentpunkte auf 13,9 % zulegen und kommen somit nach zuletzt acht nun auf elf Mandate, so dass die Landesvorsitzende der Grünen Jugend, Agnieszka Malczak, nun auch im Bundestag sitzen wird. Irgendwie wollte mir vor der Wahl kaum jemand glauben, dass der Platz 11 gar nicht unrealistisch ist. Glückwunsch von hier aus!

In Stuttgart hat Cem Özdemir das Direktmandat leider nicht geschafft. Ich war zuletzt wirklich sehr guter Dinge, dass es klappt. Gereicht hat’s dann aber doch „nur“ für 29,9 % und der CDU-Kandidat Stefan Kaufmann hat mit 34,4 % das Direktmandat geholt. Ute Vogt kam weit abgeschlagen mit 18,0 % auf Platz 3.
Hätte die SPD sich auf den Deal eingelassen, dass wir in Heidelberg zur SPD-Erststimme aufrufen und sie in Stuttgart zur Erststimme für Cem, hätten wir jetzt wohl zwei CDU-Überhangmandate weniger (davon gibt’s glatte zehn in Baden-Württemberg) und Cem wäre im Bundestag. Aber da war Ute Vogt dagegen – nun hat sie den Salat, denn das Ergebnis ist für sie ziemlich blamabel.
Aus der Stuttgarter SPD kam auch die meiste Zeit nur Gestichel gegen Cem und in der Öffentlichkeit haben sie immer so getan als würden sie seine Kandidatur gar nicht ernstnehmen. Das war wohl etwas zuviel Arroganz. Nächstes Mal läuft das hoffentlich kooperativer.

Auf jeden Fall Hut ab für Cem für diesen engagierten Erststimmen-Wahlkampf in Stuttgart, den er mal so eben nebenbei neben dem Grünen-Bundesvorsitz gemacht hat. 29,9 % sind zwar leider nicht ausreichend für das Direktmandat, aber es ist dennoch ein so geniales Ergebnis, dass er auf jeden Fall erhobenen Hauptes aus der Wahl herausgehen kann. Das dürfte nach dem Erstimmen-Ergebnis von Christian Ströbele in Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin (46,8 %) bundesweit das beste grüne Erststimmen-Ergebnis sein, oder?

Alles in allem: durchwachsen. Wir wollten schwarz-gelb verhindern und wir wollten dritte Kraft werden. Das hat beides nicht geklappt. Wir sind nach wie vor fünfte – und das schmerzt natürlich. Gerade weil die Umfragen uns bis vor kurzem meist immerhin an vierter Stelle sahen und einmal sogar gleichauf mit der FDP. Aber solch ein Rekordergebnis ist natürlich dennoch auch ein Erfolg. Es gibt Schatten – aber auch Licht.
(Zum Licht gehört für mich übrigens auch, dass die Volksparteien weiter verloren haben und wir inzwischen eher eine ganze Reihe mittelgroßer Parteien haben.)

Aber so sehr ich mir auch gewünscht hätte, dass wir schwarz-gelb verhindern können und so sehr ich mich ärgere, dass Guido Westerwelle jetzt wohl Außenminister wird, ihn deshalb abzulehnen, weil er schwul ist, darf nicht sein. Die SPD sollte sich jetzt lieber mal ne Runde mit sich selbst beschäftigen als schwulenfeindliche Sprüche gegen Westerwelle loszulassen.

Dieser Beitrag hat 14 Kommentare

  1. Trixy Freude

    Schön 🙂 Also dein Artikel, sonst eigentlich nichts. Mehr kann man dazu gar nicht sagen.

  2. inti

    @überhangsmandate:

    das scheint die union und die fdp ja sehr gut hin zu bekommen das zu nutzen … oder eben deren wähler 😉

    im „bürgerlichen“ lager wird gesplittet … in BW 8% differenz zwischen erst und zweit stimmen

    hier hält die „linke“ seite bei weitem nicht mit, was erst die überhangsmandate ermöglicht, der kampf um die direkten sitze wird aufgegeben und der union vor die füße geworfen … hier ist die differenz bei 4% … grün und links wählen beide stimmen ihre partei, die wähler sind nicht so im lagerdenken verhaftet, daher war das mit der festlegung auf schwarz ein voller erfolg der FDP

    http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_09/ergebnisse/landesergebnisse/l08/
    ^^ zum selber anschauen das ergebnis aus dem ländle

    grüße
    inti

  3. Malte

    dass die sexuelle gesinnung heutzutage noch eine rolle spielt verwundert .. egal ob man mit der personalie westerwelle kann oder nicht sollte doch oberhalb der gürtellinie argumentiert werden … aber vielleicht ist die gesellschaft doch noich nicht soweit wie man das manchmal wahrnimmt bzw hofft … gruß malte

  4. Uli

    Hi Henning,

    dass du bedauerst, dass Cem das Direktmandat nicht gewonnen hat, hat natürlich 2 Aspekte: Überhangmandate (da wäre es natürlich schön gewesen) und Agnieszka Malczak (für die wäre es natürlich schade gewesen)

    Und ich würde mit dem „Mitglied werden“-Button direkt auf die „Mitglied werden“-Seite verlinken und nicht auf deinen Flickr-Account.

    Uli

  5. Christian S.

    Hätte Özdemir das Direktmandat geholt, wäre Agnieszka Malczak nicht im Bundestag. Und da ist mir Agnieszka Malczak wirklich _bedeutend_ lieber.

  6. Jens

    @Henning:
    Nun ja, einen nicht vernünftigen Sozialdemokraten als „die SPD“ zu bezeichnen halte ich dann aber doch für etwas verkehrt. Ihr habt ja bei den Grünen auch den einen oder anderen … Merkwürdigen – und diese Leute nimmt man ja auch nicht als Maßstab.

  7. Henning

    @Jens
    Ich sag ja eigentlich nur, dass sie sich nicht mit sowas beschäftigen sollte, sondern mit sich selbst.

    @Uli
    Das mit dem Link direkt zum Mitglied werden hatte ich eigentlich vor und dann aber vergessen. Als ich dann deinen Kommentar gelesen habe, fiel mir ein, dass die flickr-AGB das nicht zulassen. Wenn ich das Bild von da lade, muss ich auch dorthin verlinken.

    @Trixy
    Danke! 🙂

  8. Andy

    Ich kann mich da deinem Fzit mit dem du dir wirklich sehr viel Mühe gegebn hast weit gehenst zustimmen udn ich werde jetzt mal abwarten wie sich die Neue Regierung weiter Entwickelt

  9. Simon

    Naja Guido Westerwelle ist auch nicht gerade mein Lieblingspolitiker 🙁 Leider hat es doch für Schwarz/Gelb gereicht. Die Prognosen sahen da wirklich etwas anders aus.

  10. Pit

    Ich persönlich bin mit dem Ergebnis oweit zufrieden udn hoffe aber jetzt dass ein Ruck durch die Politiker geht udn endlich etwas verändert wird, was die besteuerung angeht.

  11. volker

    ute vogt nimmt ihren hut (als Parteivorsitzende) – zu recht – das Direktmandat in Stuttgart wird sie auch nie mehr erreichen

    für die Grünen sehr bitter die zwei Hauptziele nicht zu erreichen (schwarz-gelb verhindern und dritte kraft werden)

    das die FDP am stärksten profitiert von der Krise überrascht ja niemanden

    Unverständnis bei mir nur warum von den Linken Strategen niemand das Finanzkrisen Desaster stärker mit den marktliberalen Ideen der FDP in Verbindung bringen konnte

    viele Wähler sahen die Formel „Wirtschaftskrise = Notwendigkeit zur mehr ökonomischer Kompetenz = FDP als mögliche Lösung“ als stimmig an

    irgendwie logisch aber paradox zugleich …..
    ich kann es selber nicht so ganz aufdröseln

  12. volker

    und ich bin fest davon überzeugt, dass die Krise der Linken (Zersplitterung in 3 Parteien, historisch schlechtes Ergebnis der SPD, Streitereien zwischen führenden Persönlichkeiten in PDS und SPD) eine harte Bewährungsprobe wird

    eines Tages kann daraus aber auch wieder eine neue Chance werden
    (schöpferische Kraft der Zerstörung nach Schumpeter)

  13. Manfred

    Nun ja… im Prinzip ist es egal wen man gewählt hat. Das Problem der Staatsverschuldung und der vollmundigen Wahlversprechen bleibt auf jeden Falle dem Wähler für die nächsten 30 Jahre erhalten. Die Frage die sich mir stellt ist: Wann wird den Wählern endlich einmal klar werden, dass für jedes „Geschenk“ bezahlt werden muss, am besten von anderen.

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