Social Media statt Web 2.0

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Es mag auch mit dem Themenabend zusammenhängen, den wir von MOSAIQ MEDIA letztens veranstaltet haben, aber ich erlebe gerade einen richtigen Peak bei dem Hype um das Thema Web 2.0.

Man nennt es jetzt nur nicht mehr Web 2.0, sondern Social Media. Schon seit einiger Zeit hatte ich den Eindruck, dass der Begriff Web 2.0 zunehmend durch den Begriff Social Media ersetzt wird.
Im Zusammenhang mit dem MM-Themenabend hatte ich dann mal bei Google Trends nachgesehen.

Das Ergebnis:
Google-Trends: Web 2.0 sinkt, Social Media steigt
Quelle: Google Trends; Farblegende: rot: Web 2.0, blau: Social Media, orange: Social Web

Da ich die Beschreibung der beiden Grafiken links abgeschnitten habe, kurz die Erläuterung: Oben sieht man das Suchvolumen im normalen Google-Index und unten die Erwähnung in Medien, die in Google-News indiziert sind.

Man sieht ganz klar, dass der Begriff Web 2.0 seinen Höhepunkt hinter sich gelassen hat, während der Begriff Social Media ein starkes Wachstum zeigt und gerade den Begriff Web 2.0 überholt hat.

Für mich erklärt sich das unter anderem durch die starke Kritik am Begriff Web 2.0. Die Kritik hat viel mit der Versionsnummer zu tun. Viele denken bei 2.0 zunächst an etwas Technisches. Immer wieder hörte ich Sätze wie „Ich hab mir das noch nicht installiert“.

Damit stiftet der Begriff Web 2.0 womöglich mehr Verwirrung als er Klarheit schafft. Außerdem kritisieren alte Web-Hasen wie Tim Berners-Lee, der als „Erfinder“ des WWW – also sozusagen des Web 1.0 – gilt, dass das Web 2.0 im Grunde gar nichts Neues sei, weil das Web 1.0 schon denselben Grundgedanken hatte.*

Diese Kritik trifft im Prinzip zu. Ich hab den Begriff Web 2.0 bisher trotzdem immer verteidigt, weil ich der Meinung war (und bin), dass sich die Möglichkeiten für den Einzelnen, am Web zu partizipieren durch das, was man Web 2.0 nennt, rasant erweitert haben bzw. viel einfacher geworden sind und somit die ursprüngliche Idee des WWW erst durch das Web 2.0 so richtig Realität geworden ist.

Daher war (und bin) ich der Meinung, dass es durchaus gerechtfertigt ist, dafür einen eigenen Begriff zu haben. Nur muss der nicht Web 2.0 heißen. Social Media ist da wohl eher geeignet, weil der Begriff weniger missverständlich ist und auch weniger nach einer neuen Technik klingt.
Das Wort social in dem Begriff ist ja das, worauf es ankommt. Social betont die menschliche Komponente und den kulturellen Aspekt viel mehr als Web 2.0 das vermitteln kann, da hier eher technische Assoziationen kommen.

Dazu kommt, dass es in den letzten Jahren immer mehr Mode geworden ist, überall 2.0 ranzuhängen, egal ob es irgendeine Verbindung zum Web 2.0 gibt oder nicht. Das hat natürlich noch mehr zur Verwirrung beigetragen.

Von daher: Tschüss Web 2.0, herzlich willkommen Social Media!

Gespannt bin ich nun, welche Auswirkungen das auf Begriffe wie Enterprise 2.0 hat, die ja auf dem Begriff Web 2.0 basieren. Nicht zuletzt, weil ich ja meine Diplomarbeit zum Thema Enterprise 2.0 geschrieben habe.

Für Unternehmen und größere Organisationen stellt sich insbesondere in Bezug auf Facebook die Frage, wie lange man diesen Trend noch ignorieren kann.
Zumindest ein Social-Media-Monitoring der wichtigsten Kanäle gehört eigentlich längst zum Pflichtprogramm, damit man es wenigstens schnellstmöglich mitbekommt, wenn über das eigene Unternehmen oder die eigenen Marken gesprochen wird.

Um dann auch reagieren zu können, sollte man möglichst über eigene Social-Media-Kanäle verfügen. Sonst wird es schwer, wirklich auf Augenhöhe mitzureden – und das heißt, die Diskussion über die Marke findet ohne das jeweilige Unternehmen statt.

* Vereinfacht gesagt: Menschen vernetzen, einfache Möglichkeiten zur Veröffentlichung schaffen. Es gibt den Satz Web 1.0 verbindet Computer und stellt Informationen bereit, Web 2.0 verbindet Menschen und schafft neue Möglichkeiten der Kollaboration (Quelle hab ich gerade nicht im Kopf), der von Berners-Lee aber kritisiert wird, weil dies bereits der Grundgedanke des „alten“ WWW war, der im Web 2.0 jedoch radikaler realisiert wurde.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Timmy Hack

    Ich finde den Ansatz ziemlich interessant, würde aber eher dafür plädieren, Social Web anstatt Web 2.0 zu verwenden. Social Media sind in meinen Augen eher die Angebote und Dienste, die den Charakter des Social Web formen. Der Begriff Web 2.0 fokussiert hingegen eher die technischen Lösungen.

    Aber wie das mit Definitionen so ist, wirklich klar abzugrenzen sind die Begrifflichkeiten sowieso nie…

  2. SocialMedia.de

    Ein Traum, das freut mich in mehrerlei Hinsicht 🙂 Die Technik gab’s ja schon immer (v.a. JS+SQL), das „Andere arbeiten lassen“-Prinzip hatten viele auch schon vor längerer Zeit begriffen. Aber es ist wie immer: Die Nachzügler werden erst peu à peu eingefangen und überzeugt… 😉

  3. Alexander Stocker

    Derzeit hat das ganze noch keine Auswirkungen auf Enterprise 2.0 – ich denke der Begriff wird sich (wie auch Web 2.0) noch einige Jahre halten. Vielleicht kommt danach Future Enterprise 🙂 (vgl. Future Internet)

  4. rooke007

    das ist ja alles schön und gut, aber nur für die, die es NICHT verstanden haben!

    das Thema „Web 2.0“ hat nicht die Kollaboration der Menschen und ihre sozialen Interaktionen im Fokus sondern die Kollaboration von bereits vor allem im Internet verwendeten Script- und Programmiersprachen !!!

    und auch das wiederum ist nichts neues! das gibt es schon so lange, wie es das Netz selbst auch gibt, nur ist es heute wesentlich bekannter und einfacher dies auch umzusetzen ….

    was meine ich mit „Kollaboration von … Script- und Programmiersprachen“:
    also, man nehme eine normale Webseite und klickt einen Link an … auf 0815-Seiten war es gang und gebe, daß jetzt die ganze Seite neu geladen wird, sich aber nur eine Kleinigkeit vom Inhalt her geändert hat …
    viele haben dann angefangen mit einer clientseitigen Scriptssprache wie JavaScript die eigene Seite aufzupeppen und so diese etwas interaktiver und dynamischer zu machen … neu ist jetzt hinzugekommen, daß man sogn. httpRequest via JavaScript an den Server, auf dem die Seite i.d.R. auch gehostet wird absenden kann und der Browser dann eine entspr. Rückanwort erhält …

    dann man dadurch im Hintergrund serverseitige Programme (zB.: mit PHP und mySQL) starten kann und sich das zurückgelieferte Ergebnis in JavaScript aufbereiten kann, um das dann dynamisch in die Eigene Seite einbinden kann, ist die wirkliche Begriffsbedeutung von Web 2.0 und nicht „Facebook“ !!!

    Fazit:
    d.h. interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Technologien bzw. Programmiersprachen beschreibt im Internet den Begriff „Web 2.0“

    Mfg,
    Dané

    PS: siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/XMLHttpRequest
    -> wurde mal vom Internet Explorer Team bei Microsoft entwickelt, da die Leute, die Outlook Web Access (OWA) entwickelten, dies brauchten, damit die ihr „OWA“ vom Handling her wie den Outlook Client selbst programmieren konnten und es weniger Unterschiede bei der Benutzung gab
    -> wer’s nicht wahr haben will, selbst googeln oder bingen oder sonst was 😉

  5. Henning

    Äh, naja, so magst du den Begriff Web 2.0 verstehen, aber solche technischen Aspekte wie Ajax unterstützen nur das, was Web 2.0 eigentlich ausmacht und das sind die Menschen, die Dialog-Kultur etc. – eben das, was Social Media ausmacht.

  6. rooke007

    Ajax, Atlas und co. … das sind auch nur Modeworte, die Web2.0 basierend auf dem Namensschöpfer oder die angewandten Technologien beschreiben …

    Ich sehe das so, daß der Begriff Web2.0 die Technik an sich beschreibt, weshalb der Begriff ja auch bei vielen auch zuerst auf „Stirnrunzeln“ trifft … ganz nach: “ …. Immer wieder hörte ich Sätze wie “Ich hab mir das noch nicht installiert”. …. “
    Wobei andere Begriffe wie Social Network, Social Web und Social Media genau das beschreibt, was das Zwischenmenschliche ausmacht und dem ganzen Leben einhaucht …

    Web2.0 ist der Kern – eine Schicht höher ist dann Social Media
    die höhere Schicht nutzt also die darunter liegende als Transportmittel
    daher kann das eine nicht das andere ersetzen! denn beide sind abhängig voneinander …

    mal ganz davon abgesehen, ich kenne auch diverse Anwendungen, die von der Programmierung her auch auf Web2.0 getrimmt sind und bei denen man nie sagen würde, daß das zu Social Media zählt …
    Bsp.: eine Monitoring-Anwendung mit Einsatz in einer Firma, welche den Verfügbarkeits-Status von Routern anzeigen soll und webbasierend mit dem Aspekt von Web2.0 ist
    i.d.R. hat hier nur eine Hand voll Mitarbeiter Zugriff drauf! von Social Media oder der gleichen zu sprechen, wäre absolut nicht zutreffend …

    … nur mal so mein Standpunkt … vlt. aber auch Quatsch mit Sauce 😉

    Mfg,
    Dané

  7. Henning

    Naja, wenn diese Monitoring-Anwendung keinerlei Social-Media-Aspekte erfüllt, dann ist es eben auch keine Web-2.0-Anwendung.

    Im Wikipedia-Artikel zu Web 2.0 steht: Der Begriff Web 2.0 bezieht sich neben spezifischen Technologien oder Innovationen wie Cloud Computing primär auf eine veränderte Nutzung und Wahrnehmung des Internets.

    Das sagt doch eigentlich alles, oder? Technik ist ein Beigeschmack bei dem Ganzen, aber weder für Social Media, noch für Web 2.0 definierend.

  8. Pingback: Social Media | webfischerei

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