Lauter Krisen: Finanzen, Parteien, Vertrauen

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Bei der Schlagzahl politischer Skandale im Moment fragt man sich ja fast schon automatisch: Was ist da los?

Es ist doch nicht normal, dass quasi gleichzeitig der Parteivorsitzende einer Regierungspartei heftig wegen seines Verhaltens in puncto innerparteilicher Demokratie, sowie dem Außenbild seiner Partei insgesamt in der Kritik steht, daraufhin sein Generalsekretär mit schlechtem Verhältnis zu seinem Parteichef zurücktritt, der schnell aus dem Hut gezauberte Nachfolger dann noch der Unfallflucht verdächtigt wird (bei der er zwar bestreitet, diese wissentlich begangen zu haben, obwohl drei Zeugen etwas anderes aussagen) und gleichzeitig der Bundespräsident mit einer Salami-Taktik einer Kreditaffäre alles andere als Herr wird, sondern sich immer tiefer reinreitet.

Dass parallel dazu ein früherer französischer Präsident zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wird, weil er virtuelle Staatsdiener auf Staatskosten beschäftigte, die in Wahrheit seiner Partei dienten, passt da nur allzu gut ins Bild.

Und das alles zu Zeiten einer heftigen Wirtschafts- und Finanzkrise. Nie ist Vertrauen wichtiger als in Krisen – und ausgerechnet die qua Amt großen Vorbilder im Staat scheinen alles daran zu setzen, dass man ihnen bloß nicht vertraut.

Die FDP-Führung

Bei der FDP blick ich so langsam gar nicht mehr durch. Sorry, Philipp Rösler, aber wie kann man so blöd sein und ein paar Tage vor Ende der Stimmabgabe den Mitgliederentscheid für gescheitert zu erklären? Wieso kriegt er es nicht auf die Reihe in dieser heftigen Zeit der Parteikrise, seinen Generalsekretär an Bord zu halten? Den braucht er da doch – gerade weil er selbst so in der Kritik steht und Christian Lindner noch am ehesten eine gute Figur machte. Und dann kommt mit Patrick Döring ein Nachfolger, der schon direkt mit einem Skandal ins Amt startet. Entweder lügt er, wenn er behauptet, nichts von dem Unfall mitbekommen zu haben oder drei Zeugen, die ihn haben aussteigen, seinen Spiegel richten und wegfahren sehen. Fahrer flucht und dann Fahrerflucht?

Notanker Brüderle – die wandelnde Spaßpartei

Überaus skurril auch die Gedankenspiele, was passieren könnte, wenn Rösler zurücktritt. Ausgerechnet Rainer Brüderle wird dann als letzte Rettung gesehen und soll Übergangsvorsitzender werden. Der personifizierte Weinkönig Brüderle! Die Zeit schreibt herrlich treffend über ihn:

Brüderle ist alles Prätentiöse fremd. Getragen von seiner eigenen Bedeutung pflegt Westerwelle einen Raum zu betreten, Brüderle kommt einfach rein. Rösler, Bahr und Lindner tragen modische Anzüge, treten smart auf, und insbesondere Lindner brilliert durch geschliffene Rhetorik. Brüderle hat was an, redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, und ist nicht smart, aber clever. Warum hat er die drei im Ansehen innerhalb der Partei so schnell so weit hinter sich gelassen? »Weil bei Rösler und Lindner der Lack ab ist«, sagt ein FDP-Insider. »Brüderle war nie lackiert.«

Eins muss man ihm lassen: Lustig ist er schon. Also doch zurück zur Spaßpartei? Klar bleibt jedenfalls, was ich schon zum Rücktritt von Westerwelle schrieb: Das Problem der FDP ist größer als Guido Westerwelle.

Wer kein Vertrauen hat, kann es auch nicht verspielen

Aber der FDP traut ja derzeit eh kaum noch jemand was zu und wählen will sie auch fast keiner mehr. Insofern ist es zwar skurril, dass sie bei der letzten Bundestagswahl auf 14,6 % kam und nun zahlenmäßig recht stark in der Bundesregierung vertreten ist, aber Vertrauen kaputtmachen kann die FDP im Moment nicht mehr so richtig. Wo nichts ist, geht auch nichts kaputt.

Unser Bundespräsident – die moralische Instanz des Staates

Schlimmer ist da, was derzeit unser Bundespräsident tut – oder nicht tut bzw. abstreitet. Christian Wulff hat sich Geld geliehen. Statt bei einer Bank tat er dies privat. Kein Wunder, wenn man 120 % Beleihung möchte und kurz zuvor genau solche Kreditvergaben in den USA die ganze Finanzkrise ausgelöst haben. Aber viel schlimmer als der Akt des Leihens von Geld ist ja der Umgang mit diesem Sachverhalt. Mit Transparenz hat das gar nichts zu tun bzw. ist das Gegenteil davon.

Ich fasse mal zusammen:

  • Bei einer Anfrage der Grünen im niedersächsischen Landtag 2010 gibt Wulff auf die Frage nach geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens an, keine zu ihm zu unterhalten.
  • Ein paar Tage später wird der Privatkredit des Ehepaares Geerkens in einen normalen Bankkredit umgewandelt. Wieso denn jetzt plötzlich? Wenn es da nichts Schlimmes dran gab, warum wurde das dann direkt nach der Anfrage umgewandelt? Es scheint ja Und warum wurde in der Antwort auf die Anfrage nichts davon erwähnt, wenn es ja doch offensichtlich einen Bezug gab – sonst wäre ja nicht kurz danach der Kredit aufgelöst worden.
  • Im Dezember 2011 kommt nun heraus, dass Wulff eben diesen Privatkredit bei Egon Geerkens hatte. Wulff schweig zunächst einmal.
  • In Schritt 2 wird nun behauptet, der Kredit sei nicht von Egon Geerkens, sondern von seiner Ehefrau Edith.
  • Edith Geerkens kann diese Summe aber kaum aus eigenem Vermögen aufgebracht haben, denn sie war vor der Heirat einfache Angestellte und es wurde Gütertrennung vereinbart. Noch dazu sagt ihr Mann klar und deutlich, dass er die Verhandlungen mit Wulff geführt habe, er außerdem Kontovollmachten besitzt und das Geld vom Bankkonto von Edith Geerkens geflossen ist – und dorthin auch die Zinszahlungen des Ehepaars Wulff gingen. Diesen Zahlungsfluss führt Wulff als Beweis dafür an, dass der Kredit von Edith Geerkens stammte und nicht von ihrem Mann Egon.

Anwälte als politische Sprachrohre

Ist es denn so entscheidend, ob das Geld nun von Egon oder Edith Geerkens kam? Nein. Entscheidend ist, wie Wulff damit umgeht. Dass er es erst verschweigt, direkt danach aber versucht, die Sache zu bereinigen und nun im Dezember 2011 immer nur soviel zugibt, wie eh bekannt ist – oder auch weniger. Inzwischen kommuniziert er wohl nur noch über Anwälte zu dem Fall. Ein Armutszeugnis. Anwälte brauche ich für eine juristische Verteidigung, nicht für eine politische. Wenn ich die nicht selber machen kann, was mach ich dann in der Politik?

Was hätte Wulff machen sollen?

Hätte er von Anfang an gesagt, dass es wohl rückblickend doch keine so gute Idee war, sich privat Geld von einem einflussreichen Unternehmer seiner Region zu leihen (den er übrigens trotz Ruhestand auch mit auf offizielle Wirtschaftsreisen nahm), auch wenn es formal-juristisch nichts zu beanstanden gibt – es hätte wohl niemanden so groß gejuckt. Man hätte den Kopf geschüttelt, wieso ihm das erst jetzt einfällt, aber die Spannung wäre raus, alles wäre geklärt und es gäbe keinen Grund, weiter groß darüber zu berichten.

Vertrauen beißt sich mit Salami

Aber eben diese Salamitaktik, dieses scheibchenweise Dinge zugeben, dann noch dazu über Anwälte kommunizieren – das zerstört massiv Vertrauen. Zunächst natürlich Vertrauen in Christian Wulff. Aber da er unser Staatsoberhaupt ist und damit wie kein anderer eigentlich den Staat repräsentiert, zerstört das auch Vertrauen in den Staat und seine handelnden Institutionen.

Gerade in der Krise würde dieses Vertrauen gebraucht – in der Finanzkrise der Welt, wie in der PR-Krise von Wulff selbst. Aber selbst seine engsten politischen Freunde müssen doch wohl zugeben, dass sein Krisenmanagement alles andere als vertrauenserweckend ist.

Wenn er dann jetzt bald zurücktritt – womit (nicht nur) ich rechne – dann ist dieser Skandal so ziemlich das Einzige, was von ihm als Bundespräsident im Gedächtnis bleibt. Ich erinnere mich sonst nur an den richtigen Satz, dass der Islam zu Deutschland gehört. Wow. Nicht viel für 1,5 Jahre Amtszeit.

Was ist nur mit der derzeitigen politischen Führung los?

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Sieg für Stuttgart 21 – und für die Demokratie!

Zu Stuttgart 21 wurde landespolitisch vom Volk nun das letzte Wort gesprochen: Das Land wird nicht aus der Finanzierungsvereinbarung aus dem Projekt aussteigen. Dafür stimmten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 41,2 % der wählenden Baden-Württemberger, 58,8 % stimmten dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 48,3 %.

Da die klare Mehrheit nun ohnehin gegen den Ausstieg war, spielte auch das undemokratische Quorum zum Glück keine Rolle. Das Ergebnis ist daher ohne jeden Zweifel zu akzeptieren (wäre das Ausstiegsgesetz nur am Quorum gescheitert – hätte also eine Mehrheit mit Ja gestimmt, die aber nicht gleichzeitig 33,3 % Prozent aller Wahlberechtigten umfasst hätte – wäre dies formal zwar genauso gewesen, aber politisch wäre es dann sehr schwierig geworden). Die 41,2 % Ja-Stimmen sind übrigens 19,8 % aller Wahlberechtigten.

Ich halte Stuttgart 21 für falsch. Verkehrspolitisch, finanziell, unter Umweltschutzaspekten – und auch unter Demokratiegesichtspunkten. Aber zur Demokratie gehört, dass die Ergebnisse bindend sind. Es kann höchstens eine höhere Instanz die einer anderen aufheben. Eine höhere Instanz als das Volk gibt es aber nicht. Auf Landesebene steht nun also fest, dass nicht nur die Mehrheit im Landtag das Projekt Stuttgart 21 unterstützt, sondern auch die Mehrheit der Baden-Württemberger.

Stuttgart 21 wird nun also gebaut. Es sei denn – ja, es kommt doch noch ein aber – der Kostendeckel von 4,526 Mrd. EUR wird gesprengt. Dann kommt es darauf an, ob die Bahn einen Finanzier dafür findet. Tut sie das nicht, muss sie das Projekt wohl abbrechen.

Die Landesregierung ist nun an das Votum der Landesbevölkerung gebunden. Die hat sich gegen einen Ausstieg des Landes aus S21 entschieden. So sehr mich das ärgert, so ist es nun.

Ich hatte ganz ehrlich nicht mit einem solchen Ergebnis gerechnet. Mein Optimismus stieg in den letzten Wochen und auch nochmal in den letzten Tagen deutlich an. Nicht zuletzt der total einseitige Brief* des Stuttgarter Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster an alle Bürger brachte mich zu der Einschätzung. Die S21-Befürworter wirkten sehr nervös, fast schon panisch. Ähnlich war es vor der Landtagswahl als es hieß, statt Winfried Kretschmann würde nach der Wahl Cem Özdemir zum Ministerpräsidenten gewählt. Ich hab mich damals sehr über diese völlig erfundenen Behauptungen geärgert. Im Nachhinein konnte ich aber drüber lachen, denn das zeigte nur die Hilflosigkeit der CDU vor der Wahl. Geholfen hat es ihr ja letztlich nicht. Guter Stil ist es natürlich trotzdem nicht.

Apropos guter Stil. Den zeigten die im Landtag anwesenden S21-Befürworter nicht. Am Hauptbahnhof bei den Gegnern blieb dennoch alles friedlich. Allerdings störte mich da, dass man schon vor den ersten Ergebnissen per Mikro auf das Quorum schiss. Denn es wäre fatal gewesen, eine Mehrheit zu haben, aber das Quorum nicht zu erreichen. Dann wurden erste positive Ergebnisse der Volksabstimmung verlesen – und die negativen, die eigentlich auch schon feststanden verschwiegen. Erst als man merkte, dass es wohl gelaufen ist, kamen auch diese Ergebnisse durchs Mikro.

Sei’s drum. Wichtig ist, dass es nun friedlich bleibt, dass das Projekt weiterhin kritisch begleitet wird und dass vor allem auf die Kosten geschaut wird. Wenn Stuttgart 21 noch kippt, dann nur weil über 4,526 Mrd. EUR hinaus niemand bereit ist, es zu finanzieren. Über die rein politische Schiene wird das nun nicht mehr gehen. Das müssen nun auch alle S21-Gegner akzeptieren.

Nochmal: Stuttgart 21 ist heute Abend nicht besser oder richtiger geworden. Aber der Ausstieg wurde von der demokratisch höchsten Instanz abgelehnt. Damit ist er erledigt – solange das Projekt im Kostenrahmen bleibt.

Danke an alle, die an der Volksabstimmung teilgenommen haben – das gilt ganz ausdrücklich für beide Seiten. Sonst hätten wir kein so klares Ergebnis und das war wichtig. Danke übrigens auch an die Grünen, die ich heute vor den Kameras gesehen habe. Winfried Kretschmann, Boris Palmer und Winne Hermann haben genau die richtigen Worte gefunden.

Bei allem Ärger über das Ergebnis heute: Es ist ein guter Tag für die Demokratie. Das Volk hat entschieden und die Wahlbeteiligung war für eine Volksabstimmung sehr hoch.

* Schuster zählte darin Vor- und Nachteile auf: Vorteile eines Neins zum S21-Ausstieg und Nachteile eines Jas.

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Stuttgart 21 braucht eine klare Entscheidung!

„Wir wollen eine klare Mehrheit“, sagt Bernhard Maier, einer von drei Geschäftsführern der Pro-S21-Kampagne. So weit sind wir uns sogar einig. Ich würde sogar sagen, für das Klima und die Politik in der Stadt und im Land ist genau das das wichtigste, eine klare Mehrheit bei der Volksabstimmung zu Stuttgart 21.

Egal, ob Befürworter oder Gegner, das sollten wir alle anstreben. Es soll also bitte jeder zu der Wahl gehen. Eine Mehrheit, die wegen eines stark umstrittenen – aber in der Verfassung bislang verankerten Quorums – nicht anerkannt wird, wäre eine Katastrophe – für beide Seiten.

Wenn sich jeder beteiligen soll, dann muss man sich auch mit den Argumenten auseinandersetzen. Immer wieder stelle ich fest, dass dies oft nur sehr, sehr oberflächlich geschieht.

„Ich verstehe nicht, wie man gegen Fortschritt sein kann“, höre ich dann beispielsweise. Versteh ich auch nicht, denn darum geht es nicht. Es geht darum, wie der Fortschritt aussehen soll und ob unserem Land mit S21 oder mit einer anderen Alternative (z.B. K21) eher gedient wäre. Alles so lassen, wie es ist, will eigentlich keiner. Bei diesem „Argument“ fällt es mir daher echt schwer, ruhig zu bleiben.

Ich will niemandem vorwerfen, dass er für oder gegen Stuttgart 21 ist. Jeder kann sich da seine eigene Meinung bilden (auch wenn ich bislang nur die eine Seite nachvollziehen kann). Aber was mich doch immer wieder schockiert, ist die Uninformiertheit vieler Leute. Für viele ist S21 eher ein Glaubenskrieg als eine Sachfrage – letzteres gilt übrigens für beide Seiten.

Daher mein Appell: Schaut euch die Argumente an! Aber schaut genau hin! Was ist ein Argument und was nur pure Polemik? Ein Beispiel aus dem oben bereits kurz zitierten Interview mit Bernhard Maier in der Stuttgarter Zeitung:

Und wie sieht Ihr Szenario aus, falls das Quorum doch erreicht wird?

Falls dieser Fall eintreten würde, wäre dies für lange Zeit das Ende für große verkehrliche Investitionen im Land. Zudem wäre Baden-Württemberg das Synonym für die Missachtung von Parlamentsbeschlüssen und geschlossenen Verträgen. Unser Land wäre damit kein Boden mehr für künftige Investitionen im Infrastrukturbereich. Für eine Wirtschaftsregion von europäischem Rang eine fatale Konsequenz.

Das ist für mich ein Musterbeispiel purer Polemik. Dass eine Volksabstimmung Parlamentsbeschlüsse aufheben kann, ist in einer Demokratie völlig selbstverständlich. Das Volk ist genauso wenig zur Abnickung der Parlamentsbeschlüsse da, wie das Parlament zur Abnickung der Kabinettsbeschlüsse (auch wenn ich verstehen kann, dass man das in der CDU/FDP-Koalition anders wahrgenommen hat). Das höhere Gremium kann Beschlüsse des niedrigeren aufheben – das ist Demokratie! Herrschaft des Volkes. Herr Maier nennt es „Missachtung des Parlaments“.

Außerdem wird bei dieser Darstellung so getan als wäre die Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21 der einzige Vertrag, der jemals aufgelöst oder gekündigt wurde. Als wäre Stuttgart 21 das einzige Projekt, das jemals verhindert wurde.

Was ist denn mit dem Atomkraftwerk Wyhl? Nach massiven Protesten nie gebaut worden! (Und die Lichter sind übrigens nicht ausgegangen, wie das der damalige Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) damals noch felsenfest behauptet hatte.) Was ist denn mit dem Transrapid? Gestoppt! Was ist denn mit dem Atomausstieg? Laufzeiten doch wieder verlängert! Was ist denn mit der Laufzeitverlängerung? Ein Jahr später wieder zurückgenommen – von derselben Regierung! Und dennoch gibt es weitere Investitionen – man stellt nur immer wieder fest, dass man in einer Demokratie eben auch das Volk mitnehmen und die geplanten Vorhaben erklären können muss. Kann man das nicht, gibt es ein Akzeptanzproblem. Für diese Investition, nicht für alle.

Das da oben sind keine Argumente, das ist die pure Polemik. Natürlich, keine Frage, auch die S21-Gegner sind davon keineswegs frei. Plakatvandalismus ist total kontraproduktiv. Aber es gibt auch viele gute Argumente! Warum kommt da von Befürworterseite so wenig? Schau ich mir die Plakate an – Fehlanzeige. Schau ich mir den S21-Kinospot an – nettes Filmchen, aber Argumente für S21? Fehlanzeige!

Ganz ehrlich: Glaubt ihr wirklich, damit bekommt ihr die Bürgerinnen und Bürger von Baden-Württemberg dazu, sich am 27. November 2011 gegen das S21-Kündigungsgesetz auszusprechen? Da muss schon mehr kommen.

Demokratietheoretisch ärgert mich das, weil ich finde, dass Dispute in der Sache auch mit Sachargumenten als Entscheidungsgrundlage diskutiert werden sollten. Aber für die Volksabstimmung gibt uns das eher Rückenwind. Die Leute wollen sich nicht länger für dumm verkaufen lassen. Überzeugen statt überreden ist gefragt und nicht sowas.

Aber macht ruhig. Wir sehen ja dann am 27. November abends, was dabei rauskommt. In mir bestärkt das die Hoffnung, dass wir da eine Mehrheit bekommen. Eine Mehrheit, die sagt: Ja zum S21-Kündigungsgesetz! Ja zu Sparsamkeit und Kostenwahrheit! Ja zu modernem Verkehr im ganzen Land! Ja zum Schutz von Umwelt und Bahnhof! Ja zu Bürgerbeteiligung und mehr Demokratie! Ja zum Ausstieg!

Stuttgart 21 - Ja zum Ausstieg (Plakatmotive)

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Der große Crash – der Film zur Finanzkrise

Da ich ein großer Fan der „Wall Street„-Filme mit Michael Douglas bin, war ich sehr gespannt als ich von „Der große Crash – Margin Call“ hörte bzw. den Trailer sah. Ein Finanzkrisen-Thriller.

Da es in der Sneak gestern für uns nur noch Einzelplätze gegeben hätte, haben wir uns spontan stattdessen dann „Der große Crash“ angesehen und ich war – naja, begeistert und enttäuscht zugleich.

Enttäuscht, weil es so richtig thriller-artig dann doch nicht wurde und der Trailer mehr Spannung suggerierte. Außerdem kam die Dramatik des Trailers im Film nicht mehr so richtig rüber. Anfangs dachte ich, ich habe es einfach noch nicht vollständig verstanden. Aber das Problem wurde dann bei der Weiterreichung Richtung Chefetage immer weiter simplifiziert, so dass mir am Ende eher klar wurde: mehr ist es gar nicht.

Gleichzeitig bin ich aber auch begeistert, weil der Film einfach total gute Zitate zur Finanzkrise – und damit zu unserer Zeit – liefert. Irgendwo hatte ein Finanzer gemeint, dass der Film erschreckend nah an der Realität dran ist. Die einzelnen Charaktere kann man sich jedenfalls sehr gut vorstellen und sie wirken auch keineswegs so überzeichnet, dass sie schon eher persifliert rüberkommen. Im Prinzip ist es ein gesellschaftskritischer Film zur Finanzwelt, der aber nicht wirklich wertet, sondern eher zeigt.

Man hätte vielleicht noch etwas zu den Auswirkungen der dort getätigten Börsengeschäfte zeigen sollen. Was hatte das Ganze beispielsweise für Auswirkungen auf die Käufer wertloser Papiere und auf unmittelbar eigentlich unbeteiligte Dritte.

Letztlich definitiv ein interessanter Film. Empfehlen würde ich ihn allen, die sich für solche Themen interessieren. Großes Know-how braucht man nicht mitbringen, aber ohne ein Interesse an den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ursachen für die Finanzkrise macht der Film glaub wenig Spaß.

Sehr gut finde ich übrigens auch den Artikel von n-tv zum Film: „Der große Crash“ ist erschreckend aktuell: Lehman-Brothers ist überall

„Der große Crash – Margin Call“ ist am 29. September 2011 in Deutschland angelaufen, in den USA startet er erst am 21. Oktober. Hab ich bei einem amerikanischen Film so noch nie bewusst gesehen.
Wer ihn sich im Kino ansehen will, sollte sich beeilen, da ich nicht weiß, wie lange er noch läuft. Der Kino-Saal war gestern leider sehr, sehr leer.

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Frauenquote in der Wirtschaft

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„Unterirdisch“ nennt sie insbesondere die Ist-Zahl weiblicher Mitglieder in Dax-Vorständen und -Aufsichtsräten. In den Vorständen liege der Frauenanteil gerade einmal bei 3,7 Prozent, in Aufsichtsräten bei 15 Prozent.

Quelle: Zwei Ministerinnen im Quotenkampf (SPON)

Alleine dafür hat sich die ganze Diskussion um eine Frauenquote in der deutschen Wirtschaft doch eigentlich schon gelohnt. Dafür, diesen Satz aus der CDU zu hören. Mit „sie“ ist nämlich Bundessozialministerin Ursula von der Leyen gemeint.

Egal, ob man für oder gegen eine feste Quote ist: Es ist wichtig, dass dieses Thema endlich auch in den Köpfen der Menschen ankommt. 3,7 % ist ja wohl wirklich ein Witz! Und selbst 15 % sind beschämend.

Norwegen hat eine 40-%-Quote in Aufsichtsräten – aber andere Länder sind auch ohne Quote schon viel weiter als wir. Was also auch kommen mag: Es muss helfen!

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Landesvorstand ade!

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Dem neuen grünen Landesvorstand in Baden-Württemberg gehöre ich nicht mehr an. Vier Jahre war ich dabei, wenn es um Spitzenkandidaten, Wahlprogramme oder Parteifinanzen ging. Aber zur Demokratie gehört das nicht gewählt werden genauso dazu wie das gewählt werden. Naturgemäß macht letzteres mehr Spaß, aber heute ist nun eben ersteres passiert.

An sich war es ein sehr schöner Parteitag. Mir fallen kein Beschluss und keine Wahl ein, die mich überrascht haben – bis auf die eine Wahl der männlichen Vertreter im Landesvorstand. Mit 47 Stimmen landete ich auf dem letzten Platz bei 13 männlichen Kandidaten für acht Plätze.

Kein anderes Thema hat den Parteitag so beherrscht wie die Piraten. Doch statt deshalb nun erst recht die Netzpolitiker in diesem Gremium wiederzuwählen und ggf. zu stärken, wählt man einen von beiden raus. Die ungeschickte Reihenfolge von Buchstaben im lateinischen Alphabet führte leider dazu, dass beide Netzpolitiker direkt hintereinander redeten – und ich eben als zweiter.

Ob es nun daran lag (wie manche vermuteten) oder an der Rede – zu der ich sowohl sehr positives, wie auch leicht kritisches Feedback bekommen habe – oder an meiner Arbeit die letzten zwei Jahre, ich weiß es nicht. Eine Enttäuschung ist es natürlich. Aber letztlich ist der Parteitag der Souverän und er kann entscheiden, wie er möchte und gewählt zu werden ist eben keine Selbstverständlichkeit.

Gerne hätte ich weitergemacht, aber nun erinnere ich mich einfach an bessere Tage – zum Beispiel die erste Wahl in den Landesvorstand mit 111 Stimmen an Platz zwei – und versuche einfach, das Mehr an Freizeit zu genießen.

Ich wünsche nun dem neuen Landesvorstand viel Erfolg und viel Freude bei der Gestaltung in dieser wunderbaren Partei. Der alte Landesvorstand hat uns in die führende Rolle der Regierungsverantwortung im Land gebracht. Ihr habt nun die Aufgabe in konstruktivem Dialog mit Landesregierung und Landtagsfraktion die erste Halbzeit dieser Regierung zu gestalten.

Was ich nun machen werde, bleibt erstmal offen. Erstmals seit November 2002 habe ich nun keinerlei Funktion bei den Grünen, da ich mich zuletzt nur noch auf das Landesvorstandsamt konzentriert hatte. Vielleicht tut eine Pause ganz gut, vielleicht ergeben sich neue Aufgaben. Vielen Dank jedenfalls bei allen, die mich vor und nach der (Nicht-)Wahl unterstützt haben.

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Ich bin jetzt Mitglied beim VCD

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Gerade online abgeschickt: mein Mitgliedsantrag beim Verkehrsclub Deutschland, kurz VCD. Einen konkreten Anlass gab es eigentlich nicht und den Leistungsschutzbrief brauche ich mangels eigenem Auto auch nicht.

Aber der VCD ist mir schon lange als sehr aktiver Politik-AntreiberVCD: grün-rot (check), grüner Strom (check), grüner Verkehrsclub (...) für eine stärker ökologische Ausrichtung der gesamten Verkehrspolitik aufgefallen und das möchte ich unterstützen. Letztlich trifft es auch das nebenstehende Bild irgendwie ganz gut. 🙂

Wir werden wohl alle nie zu 100 % grün leben, aber Schritt für Schritt kann man dieser Utopie doch langsam immer näherkommen. Eine ökologisch-sozial ausgerichetete Bank habe ich ja auch schon. 🙂

Die VCD-Mitgliedschaft gibt’s übrigens im Jubiläumsjahr schon für 25 EUR im ersten Jahr. Für die Zeit danach gibt’s verschiedene Modelle, die bei 25 EUR jährlich losgehen.

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Piraten als neue liberale Partei – statt der FDP?

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Die ersten Prognosen und Hochrechnungen für die Abgeordnetenhaus in Berlin ist da. Demnach kommen die Piraten mit etwa 8,5 % sicher ins Parlament, während die FDP mit knapp 2 % ebenso sicher draußen bleibt.

Als linksliberaler Grüner mit starkem netzpolitischen Interesse sehe ich das mit gemischten Gefühlen. Einerseits vermute ich, dass sehr viele dieser Piratenwähler von den Grünen gekommen sind und mit dafür gesorgt haben, dass die CDU vor den Grünen liegt. Das Ergebnis ist natürlich sehr, sehr gut, aber im Vergleich zu dem, was in den Umfragen vor einigen Monaten möglich schien, auch wieder recht wenig.

Andererseits können die Piraten eventuell mittel- und langfristig die Rolle der liberalen Partei in Deutschland übernehmen, die die FDP vor etwa 30 Jahren aufgegeben hat. Liberalität gibt es in der FDP seit langem ja so gut wie nur noch in Wirtschaftsfragen – nein, nicht einmal dort konsequent, wenn man sich ihre Positionen zum Mehrbesitzverbot von Apotheken oder zur Lockerung des Meisterzwangs anschaut. Letztlich ist es doch meist nur Klientelpolitik, die hier und da mal liberal genannt wird. Dass jetzt noch europa-skeptischer Populismus oben drauf kam, macht die Sache nicht besser.

Die FDP kettet sich zudem auch in Nibelungentreue an die CDU. Koalitionen mit anderen Parteien werden meist schon von vorherein ausgeschlossen, was gerade für eine liberale Partei – die meiner Ansicht nach eher in der Mitte, also zwischen den politischen Richtungen wie links und rechts, stehen müsste – doch sehr ungewöhnlich ist.

Die Piraten kommen aus der Netzpolitik, stellen nun aber immer stärker größere Themen wie Transparenz und Bürgerbeteiligung in den Fokus. Das sind im Grunde genommen urliberale Themen. Gleichzeitig sind es Themen, die die Gesellschaft immer mehr beschäftigen – nicht zuletzt auch durch das Social Web befeuert.

Die Piraten gehen darüber hinaus Themen sehr radikal an und bringen dadurch sicher frischen Wind in das Parlament. Außerdem sind sie so für bisherige Nichtwähler besonders interessant.

Auf den Punkt gebracht: Ich könnte mich damit anfreunden, wenn die Piraten die FDP als liberale Partei in Deutschland ersetzen würden. Voraussetzung ist aber, dass sie jetzt auch im Parlament einen guten Job machen. Nur mit Visionen wird es auf Dauer nicht gehen.

Ich bin gespannt. Glückwunsch jedenfalls an die Berliner Piraten! Von null auf 8,5 % ist wirklich eine Sensation. Glückwunsch auch an die Grünen in Berlin. Ich hoffe, es gibt nun auch eine rot-grüne Landesregierung. Das war ja schon letztes Mal möglich, aber da hat sich die SPD für rot-rot entschieden. Das geht ja nun glücklicherweise nicht mehr.

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Die Piratenpartei – eine grüne Betrachtung

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Die Piratenpartei ist derzeit in aller Munde, denn sie hat nach aktuellen Umfragen recht gute Chancen, in den Berliner Senat einzuziehen. Das wäre das erste Landesparlament für diese Partei, die immer noch so tut als wäre sie ja gerade erst gegründet worden.*

Wie die meisten Leser wissen dürften, teile ich ja viele Ansichten der Piratenpartei – zumindest in der Tendenz – finde sie aber bei den Grünen besser aufgehoben. Nicht zuletzt weil Netzpolitik für mich zwar ein sehr wichtiges, aber eben auch nicht das einzige Thema ist.

Ein wichtiges Argument war für mich aber immer auch, dass mir eine starke netzpolitische Stimme im Parlament mehr bringt als eine mittelstarke im Parlament und eine außerhalb. Ersteres sind für mich die Grünen, letzteres die Piraten.

Sollten sie nun kommenden Sonntag tatsächlich erstmals in ein Landesparlament einziehen, muss man das sicher differenzierter betrachten. Vor allem dürfen wir Grüne nicht den Fehler machen, den die SPD nahezu 30 Jahre lang mit uns gemacht hat, und die Piraten als radikal-netzpolitischen Flügel der Grünen sehen.

Zwar würden schätzungsweise 70 % der Piraten-Anhänger alternativ grün wählen, aber erstens ist das nur meine Schätzung und zweitens wären dann immer noch 30 % von woanders gekommen. Die Piraten sind klar eine eigenständige Partei – auch wenn ich das eher bedauer. Mir wäre nach wie vor eine starke netzpolitische NGO lieber, die dann ihre Mitglieder in allen Parteien hat.

So sehr es mich freut, dass netzpolitische Themen so sehr Konjunktur haben, dass die Piraten in Umfragen in Berlin auf bis zu 6,5 % der Stimmen kommen, so erschreckend finde ich das angesichts von Videos wie diesem:

Andreas Baum, Piraten-Spitzenkandidat, 1.9.2011 (rbb Klipp & Klar)

Wenn die Piraten aber selbst in Berlin nicht ins Parlament einziehen, dann bin ich der Meinung, dass sie sich noch mehr als bisher überlegen sollten, ob eine eigene Partei die richtige Form für ihre Anliegen ist.

Sie bauen natürlich schon auch Druck auf die anderen Parteien auf, weil sie ihnen Stimmen wegnehmen können. Aber letztlich tun sie das ja doch in recht kleinem Maße – aber ausreichend, um ggf. Mehrheiten zu verändern. Und zwar letztlich zum Schaden der Parteien, die Piratenwähler vorher gewählt haben und zum Nutzen derer, die sie nie gewählt haben und nie wählen würden.

Eine starke netzpolitische NGO könnte in allen Parteien ihre Partner haben und in manchen Parteien durchaus auch netzpolitisch sinnvolle Mehrheiten schaffen oder sichern. Wobei natürlich prinzipiell auch beides denkbar ist. Meinungen?

Update: Eine sehr interessante Analyse des Göttinger Parteienforschers Alexander Hensel erschien heute auf SPIEGEL ONLINE Mehr dazu in den Kommentaren.

* So betonen sie beispielsweise gerne, dass die Grünen ja auch erst einmal eine Weile gebraucht haben, bis sie in Parlamente eingezogen sind. Dabei ist den Grünen das bereits im Jahr ihrer Gründung 1980 in Baden-Württemberg gelungen und 1983 dann erstmals im Bundestag. Die Piraten sind inzwischen fünf Jahre alt und haben bisher nicht einmal eins davon geschafft.

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Dirk Niebel als Außenminister?

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Außenseiterchancen werden Entwicklungsminister Dirk Niebel eingeräumt.

Laut lachen musste ich als ich das las.

Guido Westerwelle ist als Außenminister heftig in die Kritik geraten. Nicht nur weil er sich damals beim Libyen-Einsatz vehement für eine Enthaltung Deutschlands einsetzte, sondern vor allem weil er den kürzlichen Sturz Gaddafis als eine Folge der wirtschaftlichen und politischen Sanktionen hinstellte, um bloß nicht sagen zu müssen, dass es vielleicht am Militäreinsatz gelegen haben könnte.

Naja, inzwischen ist er umgeschwenkt, aber es gibt Gerüchte um eine Ablösung Westerwelles als Außenminister – nachdem er doch so hoffte, nach dem Abgang als FDP-Chef wenigstens dieses Amt behalten zu dürfen.

Und da lese ich allen Ernstes, dass Dirk Niebel – der in seinem Amt mindestens genauso deplatziert scheint wie Westerwelle – Außenseiterchancen hätte, in dieses wichtige Amt zu kommen? Ich kann es nicht fassen!

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