Die
grüne Basis wettert gegen Irakkrieg
Schlauch: Ein solcher Schritt gliche einem
Rekrutierungsprogramm für den Terrorismus
Beim
Neujahrsempfang der Grünen ist es gestern harmonisch zugegangen
zwischen Volksvertretern und Basis, die sich in militärischen
Fragen so einig sind wie selten. Nur die Vorsitzenden der Grünen
Jugend suchten die Kontroverse mit der Prominenz.
Von Dorothee Haßkamp
Brigitte Lösch,
die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag, kritisierte
beim Brunch im Club Bett im Filmhaus die Streichungen des Landes
zu Lasten der sozialpsychiatrischen Dienste. Sie wies darauf
hin, dass sie in diesem Punkt mit OB Wolfgang Schuster an einem
Strang ziehe. Lieber würden die Grünen die Pop-Akademie,
die Gartenakademie und das landeseigene Pferdegestüt auf
die Abschussliste setzen.
Die Berliner Wahlkreisabgeordneten,
Birgitt Bender und Rezzo Schlauch, bekräftigten, dass es
im Fall eines Krieges gegen den Irak keine deutsche Beteiligung
über die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen hinaus
geben werde. Schlauch verbreitete vorsichtigen Optimismus. Der
Parlamentarische Staatssekretär lobte die Zusammenarbeit
mit dem Superminister Clement, wenngleich der "auf dem
ökologischen Auge etwas blind" sei. "Jetzt können
wir Reformen umsetzen, die vor anderthalb Jahren an einer bockigen
SPD gescheitert sind", meinte Schlauch. Als Mittelstandsbeauftragter
rührte er die Werbetrommel für eine Förderung
von Minijobs und Kleinunternehmern.
Der jüngste
Vorstoß der Verbraucherministerin Renate Künast,
gesetzlich gegen Dumpingpreise vorzugehen, hat selbst unter
Grünen wenig Befürworter. Darauf angesprochen, gesteht
ein Grünen-Mitglied: "Spontan habe ich gedacht: so
ein Quatsch!" Schlauch stützte zwar die Vorstellung,
dass Qualität ihren Preis habe - dieser Gedanke solle sich
aber durch einen gesellschaftlichen Diskurs und nicht durch
Vorschriften durchsetzen.
Mit der Haltung der
Koalition in der Frage eines drohenden Krieges gegen den Irak
sind die meisten Grünen am Sonntag zufrieden gewesen. Auch
die Aktivisten der Friedensbewegung können mit diplomatischen
Zugeständnissen ihres Außenministers leben. "Ebenso
uneingeschränkt, wie ich die Beteiligung im Kosovo und
in Afghanistan befürwortet habe, lehne ich einen Angriffskrieg
gegen den Irak ab", betonte Rezzo Schlauch. Bush werfe
er vor, dass dieser die ursprünglichen Ziele nach dem 11.
September aus den Augen verloren habe. Ein Angriff gegen den
Irak sei weder ein Schritt zur Befriedung des Nahen Ostens noch
ein Schlag gegen Al-Qaida - im Gegenteil: "Ein solcher
Krieg gliche einem Rekrutierungsprogramm für den Terrorismus."
Mit Blick auf die mögliche Abstimmung im UN-Sicherheitsrat
forderten die Vorsitzenden der Stuttgarter Grünen Jugend,
Valérie Peters und Henning Schürig, von der Bundesregierung
ein deutliches Nein. "Im Falle einer Abstimmung ist uns
eine Enthaltung zu schwach", sagten sie.
Aktualisiert: 20.01.2003, 06:05 Uhr
Quelle: Stuttgarter
Zeitung, 20.01.2003