Henning Schürig - Landtagskandidat im Wahlkreis Göppingen (Bündnis 90/Die Grünen)
"Die Reform ist eine Mogelpackung"

In Göppingen bildet sich eine Elterninitiative gegen das achtjährige Gymnasium

GÖPPINGEN. Im Kreis Göppingen formiert sich unter den Eltern Widerstand gegen das achtjährige Gymnasium (G 8). Sie haben eine Initiative gegründet mit dem Ziel, neue Lernformen in die Gymnasien zu bringen und die Stundenpläne zu entrümpeln.

Von Klaus Nonnenmacher

"Das ursprüngliche Konzept für das G 8 war ja noch akzeptabel. Die Umsetzung ist aber eine Mogelpackung", kritisieren Susanne Meyer-Nolte und Barbara Berger. Die beiden Mütter haben Kinder im Gymnasium, und sie sorgen sich um die Qualität. So wie es zurzeit an den Schulen laufe, gehe es nur um die Verkürzung der Schulzeit, nicht um eine inhaltliche Reform. "Klasse fünf und sechs sind keine Orientierungsstufen mehr, sondern Leistungsdruck pur", sagt Berger.

Das G 8 sei eine bloße Sparmaßnahme und kein pädagogisches Konzept. Acht Jahre Gymnasium seien billiger als neun. Mit der Umsetzung habe man die Lehrer allein gelassen. "Neue Lernformen gib es nicht. Das G 8 ist die alte Paukschule in Hochpotenz", klagt Susanne Meyder-Nolte. Ihre Tochter habe in Klasse sechs schon bis Weihnachten das zweite Englischbuch komplett durchgeackert, verdeutlicht sie, was sie meint.

"Wir wollen aber nicht jammern, sondern wir wollen mitgestalten", fordert Meyder-Nolte. "G 8 minus Eltern", so nennt sich die Initiative, die sie mit einigen Mitstreitern ins Leben gerufen hat. "Die Bezeichnung leitet sich von der E-Mail-Adresse ab. Eigentlich sollte es G 8 plus Eltern heißen", sagt Meyder-Nolte. Denn bisher seien die Eltern nicht gehört worden. Und das wollen sie ändern.

Am vergangenen Dienstagabend hat sich die Initiative erstmals versammelt. 28 Eltern von allen Göppinger Gymnasien, aber auch aus Eislingen und sogar aus Lorch (Ostalbkreis) waren gekommen. "Wir nutzen jetzt die Gunst der Stunde der Landtagswahl", erklärt Susanne Meyder-Nolte.

Zum einen sollen die Landtagskandidaten bearbeitet werden, besonders aber auch die Abgeordneten im Schulausschuss, der am kommenden Mittwoch zum Thema G 8 tagt und denen die Göppinger Eltern einen Brief mit ihren Argumenten übergeben wollen.

Darin fordern sie Sofortmaßnahmen wie die Senkung der Wochenstundenzahlen oder ein Aussetzen der Vergleichsarbeiten, die alle Schulen durchführen sollen. "Dadurch werden die Schulen dazu verleitet, nur auf gute Ergebnisse hinzupauken, um im Vergleich gut dazustehen, und diesem Ziel innovative Konzepte unterzuordnen", argumentiert Barbara Berger. Langfristig wollen die Eltern in den Reformprozess eingebunden werden.

Mitstreiter sollen den Brief mit ihren Unterschriften unterstützen. Dessen genauer Wortlaut wird am kommenden Samstag bei einer offenen Versammlung nochmals abgestimmt. Danach findet eine ebenfalls öffentliche Podiumsdiskussion mit Landtagskandidaten statt, zugesagt haben dafür Nicole Razavi (CDU), Henning Schüring (Grüne) und Werner Simmling (FDP) sowie der SPD-Landtagsabgeordnete Frieder Birzele. Weitere Aktionen werden zurzeit geplant. Am 23. Januar kommt der Kultusminister Helmut Rau nach Göppingen, eine Woche darauf tagt das Kabinett der Landesregierung in der Stadt. Ob über Mahnwachen oder im Gespräch, die Eltern wollen beide Besuche dazu nutzen, um die Politiker auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Und sie suchen noch Verbündete im ganzen Land.

Die Elternversammlung findet am Samstag um 14.30 Uhr im Pavillon der Göppinger Stadtkirche statt. Die Podiumsdiskussion beginnt danach um 16 Uhr. Interessenten können mit der Elterninitiative per E-Mail Kontakt aufnehmen (G8-eltern@t-online.de).


Freitag, 13.01.2006 (Stuttgarter Zeitung)

Info
Die Artikel werden originalgetreu zitiert. Eventuelle Fehler sind nicht korrigiert worden.

 

Aktuelles Themen Person Termine Presse Bilder Links Kontakt