LANDTAGSWAHL
/ Podiumsdiskussion im Schulzentrum an der Öde
Schlagabtausch
um Bildungspolitik
250 Schüler
und fünf Kandidaten diskutieren - Auch soziale Themen angeschnitten
KREIS GÖPPINGEN
Studiengebühren,
Ausbildungsplätze, Deutschpflicht auf Schulhöfen,
aber auch die Moral der Konzerne - das waren gestern die zentralen
Themen bei der Podiumsdiskussion im Schulzentrum an der Öde.
250 Schüler fühlten den Landtagskandidaten auf den
Zahn.
Die Landtagswahl
wirft ihre Schatten voraus - auch ins Schulzentrum "Öde".
Gestern stellten sich die fünf Kandidaten des Wahlkreises
Göppingen den Fragen von 250 Schülern in der Mensa
der Schulen - eine Teilnehmerzahl, die Axel Schifferer und Jochen
Bucanac von der Politik AG der Kaufmännischen Schule sowie
SMV-Sprecherin Tina Steeb als Erfolg werteten. Und die Zuhörer
forderten unter Applaus auch schon mal konkrete Antworten ein.
Weit auseinander
lagen die Parteienvertreter beim Thema Studiengebühren.
Von Henning Schürig (Grüne), der in den vergangenen
Monaten aktiv als Student gegen die geplanten 500 Euro pro Semester
kämpfte, aber auch von SPD-Kandidat Peter Hofelich und
Stephan Dreher (WASG) gab es ein klares "Nein". Hofelich
sah darin vor allem eine Blockade der Bildungschancen für
junge Leute aus finanziell schwächeren Kreisen. Dagegen
verteidigte Dietrich Birk (CDU) die Gebühr als "sozial
vertretbar". Das Geld verbessere die Lehre. Zudem gebe
es für die Studenten Darlehen, die erst
nach dem Studium zurückgezahlt werden müssten. Auch
FDP-Kandidat Werner Simmling ist für die Bezahl-Uni, "wenn
die Gebühren nicht im Bürokratiedschungel versanden".
Eine Kontroverse
eröffnete sich auch beim Thema Ausbildungsplatzabgabe für
Betriebe, die keine Lehrstellen schaffen. Diese Abgabe lehnte
Birk als "kontraproduktiv" ab, weil freiwillige Lösungen
viel mehr bringen. Dagegen forderte Stephan Dreher sie vehement
ein. Der WASG-Vertreter teilte auch kräftig gegen die Landesregierung
aus: Die CDU mit ihrem Kinderland-Projekt sei "an Scheinheiligkeit
nicht mehr zu überbieten", schimpfte er.
Die in den vergangenen
Tagen in der Öffentlichkeit diskutierte Deutschpflicht
an Schulhöfen, die ein Zuhörer ansprach, fand Hennig
Schürig "schlicht realitätsfern". Peter
Hofelich mahnte an, Deutsch sei der Schlüssel zur Integration,
er wolle aber keine Regeln von oben. Und Dietrich Birk sprach
von einem "überlegenswerten Vorschlag."
Doch nicht nur bildungspolitische
Themen rissen die Fragesteller aus dem Publikum an. Auch die
Mehrwertsteuer-Erhöhung, das höhere Rentenalter und
Massenentlassungen kamen zur Sprache. Bei letzterem Punkt verdeutlichte
Werner Simmling, der 30 Jahre lang für Daimer-Chrysler
arbeitete, die Abhängigkeit der Wirtschaft von der Lage
großer Konzerne. Die anderen Podiumsteilnehmer geißelten
die Massentlassungen als Zeichen mangelnder Verantwortung und
verlorener Balance, erinnerten aber an die geringen Einflussmöglichkeiten
der Politik auf solche Entscheidungen.
Nach eineinhalb Stunden
beendete der Moderator, NWZ-Redakteur Helge Thiele, die Politrunde
mit dem Appell an die jungen Zuhörer, die Chance zur Mitbestimmung
bei der bevorstehenden Wahl auch zu nutzen.
Samstag, 04.02.2006
(Neue Württembergische Zeitung, NWZ)