Der
Realo Henning Schürig hat einen Koffer in Bad Boll
Wenn's für das Mandat nicht reicht,
will er fertig studieren
GÖPPINGEN. Henning Schürig will ganz nach oben. Der
24-jährige Student aus Stuttgart hat sich den Hohenstaufen
als Lieblingsplatz im Kreis Göppingen ausgesucht. Und auch,
was die Landtagswahl anbelangt, ist er unbescheiden: Zehn Prozent
will er für die Grünen erreichen.
Von Corinna Meinke
Es stürmt und
pfeift auf dem Kaiserberg, als Schürig für den Fotografen
den Blick über seinen Wahlkreis schweifen lässt. Schürig
lässt sich gern den Wind um die Nase wehen. Das hat er
längst bewiesen, auch wenn er erst seit 2002 Parteimitglied
ist. Schürig hat die Jugendorganisation der Grünen
in Stuttgart aufgebaut und ist ihr Vorsitzender. Auf Landesebene
fungiert er als Sprecher der Grünen-Jugend. An seinem Wohnort
im Stuttgarter Norden führt er den Ortsverband an, und
an der Uni Stuttgart vertritt er die Interessen der Studenten
in der Studienkommission.
In kurzer Zeit hat
Schürig eine Menge Erfahrungen auf dem politischen Parkett
gesammelt, auch als Helfer für Boris Palmer im Stuttgarter
OB-Wahlkampf. Mit dem Kreis Göppingen befinde er sich noch
in der Kennenlernphase, sagt Schürig offen. Doch er lernt
täglich dazu, zum Beispiel, wenn er selbst Plakate kleben
geht. Einen Fuß hat er schon im Kreis, denn beim Grünen-Kreisvorsitzenden
Walter Kißling in Boll übernachtet er gerne nach
den zahlreichen Podiumsdiskussionen und Wahlveranstaltungen
am Fuße des Hohenstaufen. Kißling hat den gebürtigen
Westfalen in den Kreis geholt, und seine Tochter Anne Kißling,
die in Stuttgart Politik und Pädagogik studiert, fungiert
als Zweitkandidatin.
Beim Mittagessen
auf dem Hohenstaufen bestellt sich Henning Schürig Maultaschen
mit Salat. Er mag die schwäbische Küche. Stuttgart
hat er als Lebensmittelpunkt gewählt, weil hier die Strukturen
überschaubar und die baden-württembergischen Grünen
so realpolitisch ausgerichtet seien.
Die Aussicht auf
den Kaiserberg ist atemberaubend schön. Auf den Höhen
leuchtet der letzte Schnee, und die Täler träumen
schon vom nahen Frühling. Doch beim Blick aus dem Panoramafenster
des Restaurants fällt Schürig vor allem Biomasse und
Genfood ein. Die Biomasse bezeichnet er als große Chance
der Bauern im Kreis, sich ein weiteres wirtschaftliches Standbein
zu schaffen. Und gegen die Angst vor der erdrückenden Ausbreitung
von Vogelschutzgebieten taugt laut Schürig die Einführung
eines Gütesiegels für landwirtschaftliche Produkte
mit dem Zusatz "hergestellt im Natura-2000-Gebiet im Kreis
Göppingen".
Die Bildungspolitik
ist sein Spezialgebiet. Zahlen, Daten, Fakten - der Grünen-Kandidat
hat vieles abgespeichert. Und er scheint so pragmatisch zu leben,
wie er denkt. Im Kampf gegen die Einführung von Studiengebühren
wohnte er monatelang in der Studenten-WG mitten im Foyer des
Stuttgarter Uni-Hochhauses. Als Medien-Kontaktperson investierte
er ein ganzes Semester in den Protest. Als reiner Berufspolitiker
möchte Henning Schürig nicht enden. Sein künftiger
Beruf im IT-Management hält er für eine wichtige Anbindung
an die Realität. Und bereits seit seinem 18. Lebensjahr
beweist Schürig Tatkraft - in seinem Einmannbetrieb für
EDV-Dienstleistungen.
Entweder-oder
Auto oder Bus?
Natürlich Bus,
so günstig gibt"s Chauffeure sonst nirgendwo.
Tagesmutter oder
Mutter?
Ich denke, Mutter
sein ist schöner, aber ich werde eher Vater.
Handball oder
Fußball?
Frisch aufgestanden
und schon die Hand am Ball.
Zivi oder Bund?
Zivi, denn damit
ist man näher an den Aktivitäten des Bundes für
Umwelt- und Naturschutz. [Anm.: Meine Originalantwort war
"...an den Aktivitäten des BUND."]
Streber oder Paukerschreck?
Statt Stoiber-Streber
lieber Paukerschreck - unbequem und geistreich.
Kult oder Champagner-Bratbirne?
Champagner-Bratbirne,
denn ich mag es süß.
Ich kann alles
außer...
...früh ins
Bett gehen, denn es ist schon wieder 2.52 Uhr. com
Montag, 13.03.2006
(Stuttgarter Zeitung)