Silvana Koch-Mehrin und die Pressefreiheit

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Falls hier jemand vorhat, am Sonntag FDP zu wählen, überlegt er sich das vielleicht nochmal nach diesem Video-Beitrag vom NDR-Magazin ZAPP zu Silvana Koch-Mehrin, der Spitzenkandidatin der FDP.

Sie hatte sich für mich ja eh schon entzaubert, obwohl ich nie vorhatte, FDP zu wählen.

Aber es wird immer schlimmer. Die geringe Anwesenheitsquote im Europaparlament kann viele Gründe haben, Mutterschutz ist einer davon, wobei der ja schon reingerechnet wurde. Und Medienpräsenz gehört ja schon auch zu den Aufgaben von Politikern. Wobei man natürlich zu Recht fragen kann, ob da die richtigen Prioritäten gesetzt werden.

Richtig schlimm wurde es allerdings danach: Silvana Koch-Mehrin verbot der FAZ einen Artikel in dem die offiziellen Zahlen des EU-Parlaments genannt wurden – und auch ihre Sichtweise dargestellt wurde. Diesen Artikel hat sie vor Gericht mit Hilfe einer eidesstattlichen Erklärung verbieten lassen – was später aber wieder aufgehoben wurde. In diesem Eid behauptete sie, 75 % anwesend gewesen zu sein statt der 41 %, die das EU-Parlament ohne bzw. 62 %, die das EU-Parlament später mit Mutterschutz auswies.

Sie lässt also Berichterstattung über offizielle Zahlen des EU-Parlaments verbieten. Und das obwohl auch ihre eigene Sicht der Dinge dort dargestellt wurde. Nicht gerade liberal. Pressefreiheit?!

Dann war sie beim SWR im Fernsehen zu Gast und wurde auch dort mit diesen Zahlen konfrontiert. Sie sagt, die Zahlen seien falsch und sie sei froh, das hier nochmal geraderücken zu können. So froh, dass von Seiten der FDP danach versucht wurde, die Ausstrahlung der entsprechenden Passage in der Sendung zu verhindern. Dies war nicht erfolgreich, die Sendung wurde ausgestrahlt und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel schrief einen seltsamen Brief an den Chefredakteur der ARD. Kernkritikpunkt: Die Fragen seien nicht abgesprochen gewesen. Na, sowas. Ich hatte noch nie abgesprochene Fragen in Interviews. Höchstens hat man vorher mal grob die Richtung genannt bekommen.

Aber seht einfach selbst. Es ist viel zu krass als dass wirklich liberale Menschen am Sonntag guten Gewissens die FDP mit dieser Spitzenkandidatin wählen könnten.

Noch 24 Stunden bis zur Schließung der Wahllokale. Geht wählen!

Gefunden bei Robin Haseler.

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Silvana entzaubert sich selbst

Gestern Abend war ich im Bett mit Silvana. Silvana Koch-Mehrin. Im Bett. Friedrichstraße 23A in Stuttgart, das ist ein Club oder auch Lounge wie sie es selbst nennen. Ob die FDP jetzt auf Gags dieser Art spekuliert hat – kann sein, kann auch nicht sein. Sie nannten es jedenfalls „Night-Talk mit Silvana“.

Ich bin durch Zufall dort hingeraten – durch die Stuttgarter Jusos. Nach meinem langen Tag in der Landesbibliothek saß ich ein paar Minuten in der Sonne am Schlossplatz und treffe nen Juso. Dann kamen kurz flyerverteilend ein paar Julis vorbei, die Werbung für die Veranstaltung machten. Der Juso wollte mit anderen Jusos da eh noch hin und da deren Treffpunkt eine beliebte Draußen-Kneipe war („Palast der Republik“), die eh auf meinem Weg lag, bin ich halt mit. Tja, wie es dann so ist: Man verquatscht sich, eine Stunde war ruckzuck rum und dann bin ich auch mit auf die FDP-Veranstaltung mit Silvana. Waren dann eh nur noch ein paar Meter.

Um es dann jetzt mal ein wenig abzukürzen: Sie kam. Aber zu spät. Ich twitterte dann, dass sie vermutlich ausnahmsweise mal im Parlament war (kam gut an, vier Retweets). Da gibt es ja derzeit eine für die FDP sehr unschöne Debatte über ihre Anwesenheitszeiten und einen eventuellen Meineid ihrerseits.

Jedenfalls war sie dann da und nach einer kurzen Begrüßung von Tom Eich führte der Juli-Landesvorsitzende Leif Schubert dann auf der Bühne ein sehr oberflächliches Gespräch zu Europa mit Silvana Koch-Mehrin.

Ich muss ehrlich sagen: Für mich wurde sie dadurch total entzaubert. Ich hatte einmal eine Rede von ihr beim Dreikönigstreffen der FDP gehört, die zumindest rhetorisch bei mir nen ganz guten Eindruck hinterlassen hatte. Sie kommt ja auch sonst medial eigentlich sehr gut rüber.

Nichts davon an dem Abend. Okay, sie sieht tatsächlich so gut aus wie auf den Plakaten. Aber rhetorisch war es doch ganz klar untere Liga. Das ist man sonst eher von jungen Kandidaten um die 20 oder jünger gewohnt. Bei einer Antwort guckten ein Juso und ich uns an und waren uns sofort einig: Das klang wie von ner 18-jährigen Schülerin. Wortwahl, Tonfall, alles.

Inhaltlich blieb’s sehr vage, was auch einige Julis in Nachgesprächen bestätigten. Ebenso wie, dass sie rhetorisch nicht besonders ist. Auch wenn einer immerhin meinte, dass sei einer ihrer besseren Abende gewesen.

Auf die erwartungsgemäß kommende Frage nach ihren Abwesenheitszeiten Anwesenheitszeiten im EU-Parlament – offensichtlich von einer FDP-Sympathisantin gestellt, die da einfach mal ein Statement von Silvana haben wollte – verwies eben jene einfach nur auf ihre Website. Da könne man jede einzelne Sitzung nachlesen und ihre Zahlen seien belegt.

Aber da war sie für mich eh schon völlig entzaubert. Überhaupt hörten sehr viele ihr gar nicht zu.

Ein sehr netter Abend war’s aber doch. Denn nette Leute haben die Julis ja schon und ebenso die Jusos von denen auch ne gute Handvoll da war. Zwei versprengte JUler habe ich auch gesichtet. Naja, und da sind eben im Laufe der Jahre doch einige flüchtige und auch gute Bekanntschaften über die Parteigrenzen hinweg entstanden, so dass der Abend immer länger wurde.

Mit Händen und Füßen (das ist eigentlich nicht mal übertrieben) konnte ich mich dann gerade so dagegen wehren, den restlichen Abend (so ab 1 Uhr) auch noch weiter mit FDPlern und Julis zu verbringen. Nett gewesen wär’s bestimmt, aber die Diplomarbeit will ja auch gemacht werden.

Und so fuhr mich dann eine langjährige Juli-Bekannte noch nach Hause. Sie wohnt praktischerweise im gleichen Haus wie ich. Ein Teil der anderen zog weiter in eine Schwulen-Kneipe. Ja, doch. Auch politisch gibt es ein paar Anknüpfungspunkte – wenn auch meist viel mehr mit den Julis als mit der FDP.

So überrascht es auch nicht, dass ich schon seit Jahren die Julis immer wieder über ihre FDP-Kandidaten schimpfen höre. Bis hin zur Wahlkampfverweigerung ging das schon und auch diesmal vergeben viele Julis ihre Stimmen offenbar nicht komplett auf der FDP-Liste – was sie ja persönlich sympathisch macht, die FDP aber eben gerade nicht. Wenn schon die Insider teilweise Probleme haben, überhaupt fünf wählbare Leute auf der FDP-Kommunalwahl-Liste auszumachen, dann sieht’s mit dem Personal wohl ziemlich schlecht aus.

Einzelnen Julis drücke ich da für Sonntag durchaus die Daumen. Die FDP wird ja schon irgendwie mit ein paar Leuten vertreten sein und da wäre es aus grüner Perspektive durchaus wünschenswert, wenn diese Rentner-Fraktion da mal etwas verjüngt wird.

Auch Silvana wird wohl ins Europaparlament einziehen und dann hin und wieder sogar persönlich anwesend sein. Auch wenn ihre Wahlkampf-Sprüche á la Öko-Diktatur doch eher EU-feindlich klingen. Gerade beim Thema Umwelt verweisen viele ja oft darauf, dass man sowas nicht im nationalen Alleingang machen sollte: voila, nun haben wir Europawahl. Nächsten Sonntag.

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