Koch blockiert Abschaffung der Studiengebühren

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Gerade hat der hessische Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei beschlossen, die Studiengebühren in Hessen wieder abzuschaffen. Doch nun weigert sich der noch geschäftsführend als Ministerpräsident im Amt befindliche Roland Koch, das Gesetz zu unterzeichnen.

Das Gesetz sei „handwerklich unzulänglich“ erklärte der CDU-Politiker. Dies gelte jenseits allen politischen Streits. Koch bot an, dass die Landesregierung von ihrem Recht Gebrauch machen könnte, das Gesetz zu beanstanden. Dies hätte zur Folge, dass das Gesetz nur dann angenommen wäre wenn der Landtag erneut darüber abstimmt. Regierungssprecher Dirk Metz sagte, das vorliegende Gesetz sei verfassungswidrig.

Quelle: SPON

Verfassungswidrig? Verfassungswidrig war die Einführung der Studiengebühren – zumindest in Hessen. Die hessische Verfassung sieht eindeutig eine Unentgeltlichkeit von Unterricht und Studium vor. Wikipedia dazu:

Im Rahmen der Diskussion über die Einführung von Studiengebühren steht Artikel 59 im Mittelpunkt der Debatte. Dieser verbietet Schul- und Studiengebühren grundsätzlich, da er die Unentgeltlichkeit von Schul- bzw. Hochschulunterricht verlangt und schreibt darüber hinaus vor, dass für „begabte Kinder sozial Schwächergestellter Erziehungsbeihilfen zu leisten sind.“ Als Ausnahme gestattet er nur, dass ein entsprechendes Gesetz anordnen kann, „daß ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet.“

Das Land Hessen stellt deshalb ein Drittel der Studenten von den Studiengebühren frei. Ob das ausreicht, wird derzeit vor Gericht geklärt. Unabhängig davon hat nun eine Mehrheit im hessischen Parlament die Studiengebühren wieder abgeschafft und der amtierende Ministerpräsident weigert sich, das Gesetz zu unterzeichnen.

Ich kenne jetzt die genaue Begründung für Kochs Vorgehen nicht (die ungenaue: „handwerklich unzulänglich“), aber das sieht doch sehr danach aus als wolle er versuchen, ein ihm nicht passendes Gesetz gegen die Mehrheit im Parlament zu verhindern. Was davon zu halten ist, ist ganz einfach:

Das ist undemokratisch!

Update: Der Gesetzestext ist wohl nicht in der geplanten Fassung, sondern in einer unvollständigen abgestimmt worden. Mehr dazu in den Kommentaren und bei Sebastian Galka.

Dieser Beitrag hat 12 Kommentare

  1. Eugen

    Das Gestz ist verfassungswidrig, weil es die Studienkredite abschafft und nicht die Studiengebühren. Solange Studiengebühren erhoben werden – was in Hessen per Gesetz erlaubt ist – muss für die ärmeren Studenten die Möglichkeit bestehen die Studiengebühren mit Landeskrediten zu finanzieren. Einfach.
    Da denkt man, Koch wäre die Tiefpunkt. Dann kommt das SPD-Grüne-Gespann und man wird eines Besseren belehrt.

  2. Beobachter

    Roland Koch, so sehen Verlierer aus. Allerdings ein schlechter Verlierer.
    Er will nun mit allen Mitteln die Abschaffung der Studiengebühren verhindern. Dabei geht es ihm aber nicht um das Gesetz selbst, sondern nur darum die Opposition zu behindern, wo es nur geht.
    Das Wohl des Landes Hessen, das unter diesem Rumgeeiere leidet, ist dabei scheißegal. Gänzlich aufhalten kann der die Abschaffung ja sowieso nicht. SPD, Grüne und Linke haben nunmal zusammen die Mehrheit.

  3. Till

    @Eugen: hä?

  4. Robin

    Das ist Machtpolitik in reinster Form.

    Und wenn er es durchbringt und Neuwahlen stattfinden würden ihn die Leute auch noch wählen.

  5. volker

    wenn denn die, das Gesetz einreichende, Fraktion solche Schlampige Arbeit leistet bleibt einem aber auch die Spuke weg

    selber link wie mein Vorredner

    „Der entscheidende Satz fehlt

    Im Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren fehlt ausgerechnet der Satz, der die Dauer der bisherigen Gebührenregelung beschränkt. „Der Studienbeitrag nach diesem Gesetz wird erstmals für das Wintersemester 2007/2008 und letztmals für das Sommersemester 2008 erhoben“ lautete der Formulierungsvorschlag, den das Wissenschaftsministerium nach eigener Darstellung am 23. Mai an alle Fraktionen geschickte hatte.

    Damit sollte klargestellt werden, dass Studienbeiträge letztmals für das Sommersemester erhoben wurden. Bei Änderungen am Text des rot-grünen Gesetzes wurde die Formulierung nicht übernommen, aber auch keine andere mit derselben Aussage gewählt. Damit müssten die Studenten eigentlich weiterhin Gebühren bezahlen.

    Der Anspruch auf Darlehen zur Finanzierung der Gebühren ist aber bereits weggefallen. Damit verstießen Studiengebühren gegen die Landesverfassung. Die lässt Gebühren nur zu, wenn die wirtschaftliche Lage der Studenten oder ihrer Eltern das erlaubt. “

    Koch war/ist schon immer Machtpolitiker – da darf man ihm keine solchen Bälle zuspielen – noch dazu hat Robin schon richtig festgestellt – die Umfrageergebnisse für Neuwahlen sind spitze für ihn

  6. volker

    http://www.sueddeutsche.de/,tt4m1/deutschland/artikel/253/178708/

    Die Sache ist mehr als nur peinlich. Sie ist mehr als peinlich für SPD und Grüne, denen zwischen erster und zweiter Lesung der entscheidende Passus ihres Gesetzes zur Abschaffung der hessischen Studiengebühren abhanden gekommen ist.

    aber auch:

    Auch den letzten Zweiflern in der SPD-Landtagsfraktion ist am Donnerstag eines klar geworden: Sie werden Koch nur dann besiegen, wenn sie dafür die Stimmen der Linken nutzen – ohne Regierungsapparat haben sie weiter keine Chance gegen ihn.

    Koch hat jenen Fehler wiederholt, mit dem er bereits im Januar die zerstrittene SPD kurzzeitig einte: Er hat wieder offenbart, dass ihm für den kurzfristigen Erfolg jedes Spielchen recht ist. Andrea Ypsilanti hat nun bessere Argumente für ihren Anlauf zur Macht als vor drei Monaten. Und weniger Gegner in den eigenen Reihen.

  7. SG

    Auch wenn das Argument mit dem Formfehler stimmt: Es ist einfach nur politisch dumm von Roland Koch: „Es hagelt auf Jamaika“ (al-Wazir).

  8. Christian

    Das macht Koch natürlich nicht zum Sympathieträger aber das war dem Mann glaube ich schon immer relativ egal (und auf eine gewisse Art und Weise ist das ja keine vollkommen falsche Einstellung für einen Politiker). Letzten Endes hat Koch die Opposition ins offene Messer laufen lassen, indem er sie über eine fehlerhaften Gesetzesentwurf abstimmen ließ.

    Nur: Der peinliche Fehler im besagten Entwurf ist nicht auf seinem Mist gewachsen – und die Tatsache, dass die Opposition bei einem ihrer zentralen Anliegen derartig schludert, zeugt auch nicht gerade von Regierungsfähigkeit. Was den „Regen auf Jamaika“ angeht – nach der „Wortbruch-Schlappe“ von Frau Ypsilanti dürfte es, wenn es denn zu Neuwahlen kommen sollte, vermutlich auch ohne al-Wazir zu einer Mehrheit für Koch reichen. Auch das haben sich – wie den peinlichen Fehler im Gesetzestext – die Oppositionellen aber selbst zuzuschreiben.

    Abgesehen davon halte ich es für geradezu lächerlich, wenn ausgerechnet die SPD Koch nun „fehlendes Demokratieverständnis“ vorwirft. Immerhin sind wir nur wenige Monate vom peinlichen „Wortbuch“-Debakel entfernt, das offenbar schon wieder vergessen ist. Auch nicht vergessen sollte man, dass der Gesetzestext bis zum 17. ja nun in eine vernünftige Fassung gebracht werden und dann erneut verabschiedet werden kann. Da dann sicher keine Fehler mehr drin sind, wird Koch ihn bestimmt auch unterschreiben – und die Studiengebühren sind abgeschafft….

  9. Henning

    Das ist wirklich peinlich, da habt ihr Recht. Aber als geschäftsführender Ministerpräsident, der eine Politik „der offenen Türen“ versprochen hat, hätte Koch, der von dem Fehler ja vorher wusste, auch vorher was sagen können.

    Gerade weil es ja niemandem etwas nutzt, auch denen nicht, die die Studiengebühren beibehalten wollen. Nun wird es eben eine dritte Lesung geben, die die Studiengebühren nicht nur abschaffen will, sondern es auch hinbekommt und gut.

    Ansonsten lasse ich mal Tarek Al-Wazir sprechen (zitiert nach SPON):

    „Das darf nicht passieren, ist aber passiert“, räumte auch Al-Wazir ein. Er halte es für fraglich, ob Koch sein Verhalten am Ende nutze. Zwar habe der Fehler im Gesetz „für kurzfristiges Schenkelklopfen bei der CDU gesorgt“. In der Sache ändere das aber nichts. Er verstehe nicht, warum Koch „immer wieder alles dafür tut, an seinem Image zu arbeiten, dass man, wenn man ihm die Hand gegeben hat, nachher alle Finger durchzählen muss“.

    P.S.: Wenn ihr hier etwas aus Zeitungsartikeln zitiert, dann macht doch bitte erstens immer deutlich, was genau zitiert wurde (Anführungsstriche oder der HTML-Befehl blockquote). Und zweitens das Urheber- und Zitatrecht beachten und immer nur kurze Passagen zitieren.

  10. Robin

    Was meint ihr, könnte die Koch-Aktion am Schluß doch noch zu rot-grün-rot führen? Quasi als Gegenreaktion?

  11. Henning

    Bei der SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger an der das bisher gescheitert ist, klang sowas ja zwischendurch mal an – nun hat sie sich’s aber wohl doch anders überlegt (oder wurde von den Medien überinterpretiert/falsch zitiert).

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