Es ist absolut unverständlich, warum Ministerpräsident Mappus statt auf Dialog lieber auf Wasserwerfer setzt. Und das noch dazu bei einer Schülerdemo! Es war ja bekannt, wer da demonstriert.
Die Demo morgen muss groß werden. Kommt alle am Freitag, 1. Oktober, um 19 Uhr zum Schlossgarten in Stuttgart.
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Aber ein kleines Detail ließ mich vorhin doch aufschrecken:
Mehrmals verließ die Kanzlerin diese Runden, um sich in Schaltkonferenzen mit den vier Vorstandsvorsitzenden von E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall abzusprechen. In dieser Gemengelage kam es zu durchaus kuriosen Konstellationen.
Wenn das stimmt, ist die Vermutung nahe, dass die vier Energiekonzerne eigentlich selbst über die Verlängerung der Laufzeiten entschieden haben – mal vorsichtig ausgedrückt. Ungeheuerlich!
Angeblich ging es doch um ein Energiekonzept, das insbesondere zum Ziel haben soll, die Erneuerbaren Energien zu fördern. Warum muss sich die Kanzlerin dann (nur) mit den vier Atomkonzernen abstimmen und der Bundesverband Erneuerbarer Energien muss in der Tagesschau nachträglich sein Bedauern ausdrücken und darauf hinweisen, dass die Verlängerung der Restlaufzeiten für die Erneuerbaren Energien eher negativ ist?
Die Bundesregierung muss sparen. Davon ist auch das Bundesverkehrsministerium nicht ausgenommen. 925 Mio. EUR sollte der Bund im Rahmen von Stuttgart 21 für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zahlen. Plus x hieß es damals. Dieses X wächst und gedeiht kräftig. Im Moment liegt es bei 865 Mio. EUR, so dass sich die Kosten für den Bund bereits zum heutigen Stand glatt verdoppelt haben.
Kritiker von Stuttgart 21 gehen längst davon aus, dass dieses anfangs wohl für unscheinbar gehaltene X glatt 3 Mrd. EUR groß werden könnte, so dass der Bund dann fast 4 Mrd. EUR für die Neubaustrecke zahlt. Für die Neubaustrecke, die der Bundesverkehrswegeplan eigentlich gar nicht als vordringlich ansieht.
Gebaut werden soll sie nur, weil auch das Land nochmal 950 Mio. EUR dazugibt und auch die Deutsche Bahn nochmal 150 Mio. EUR dazugeben soll.
Nun wird dem Bund das X aber zu groß. Ist wohl schwer zu vermitteln, warum es auf der einen Seite Sparpakete gibt und man andere Bahnprojekte – die als vordringlicher angesehen werden – aus Geldmangel verschiebt und hier dann soviel Geld verbaut, wo gerade die, denen es nutzen soll, es gar nicht haben wollen.
Die Bahn und das Land Baden-Württemberg haben ja aber auch schon an ihren Kostenhäppchen ordentlich zu knabbern und könnten es gerade bei der aktuellen Stimmung wohl kaum begründen, warum sie selbst jetzt noch mehr Geld in dieses umstrittene Vorhaben pumpen sollen. Von der Stadt Stuttgart mal ganz abgesehen, wo der OB Wolfgang Schuster ohnehin zu Stuttgart 21 am liebsten sagt, dass es „ein Projekt der Bahn“ sei mit dem die Stadt eigentlich gar nichts zu tun hat.
Ohne Bund kein Geld. Ohne Neubaustrecke kein Stuttgart 21. Sind wir schon am Ziel?
Das sicher nicht. Aber wieder einen Schritt weiter. Wenn das so weitergeht, ist Stuttgart 21 bald wirklich Geschichte. Als der wahre Schwabenstreich.
Märkte versagen, Demokratien wanken, Deutschland verliert global an Macht: In einer Studie hat ein Think Tank der Bundeswehr analysiert, wie die sinkende Ölförderung die Weltwirtschaft verändert. Das interne Dokument zeigt erstmals, wie sehr eine drohende Energiekrise die Militärs sorgt.
„Stuttgarter Aufstand gefährdet Mappus“, schreibt SPON heute. Vor kurzem hieß es, dass Merkel und Westerwelle ein riesiges Problem bekommen, wenn auch in Baden-Württemberg schwarz-gelb abgewählt wird.
Baden-Württemberg ist quasi das NRW von schwarz-gelb. Der rot-grüne Machtverlust in NRW löste 2005 Neuwahlen im Bund aus.
Wenn nun Stuttgart 21 Mappus gefährdet und Mappus Merkel und Westerwelle dann – spätestens dann – wird klar, warum die Proteste gegen Stuttgart 21 bundesweite Bedeutung haben. Ganz abgesehen von den Milliarden an Steuergeld, die vom Bund in dieses Projekt fließen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sagt, dass in Sachen Ehegattensplitting gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe zwischen Mann und Frau nicht benachteiligt werden dürfen. Während es in der Union bisher weit verbreitet war, dass man genau das so will, zeigt sich die FDP hier offen. In der CDU sehen viele, dass man hier etwas tun muss – aber die CSU blockiert und auch der Finanzminister bremst.
Dass der Finanzminister bremst, kann man auf den ersten Blick fast schon als seinen Job betrachten. Schließlich sinken die Steuereinnahmen, wenn das Ehegattensplitting künftig auch bei der Homo-Ehe gilt.
Dabei ist es doch ganz einfach: Ehegattensplitting abschaffen.
Das sorgt für Gleichberechtigung zwischen Homo- und Hetero-Ehen, beendet die staatliche Subvention von „Hausfrauen-Ehen“ (*) und treibt dem Finanzminister keine Sorgenfalten auf die Stirn, weil der Haushalt entlastet wird.
Die Grünen fordern das übrigens schon lange, aber in der rot-grünen Bundesregierung von 1998-2005 konnte sich die SPD damit noch nicht anfreunden.
* Mann verdient im Extremfall sehr gut, die Frau gar nichts. Das Ehegattensplitting sorgt aber für einen relativ niedrigen Steuersatz, weil beide gemeinsam wie zwei Normalverdiener besteuert werden.
Die Demo gegen Stuttgart 21 heute war gigantisch! Na gut, dank des Konzepts Schweigemarsch war die Anreise zum Schlossplatz eher lahm (die ja bis wir mal los sind, auch fast ne Stunde gedauert hat), aber es waren so unglaublich viele Leute. Das ist echt Wahnsinn!
Renate Künast hat heute auf auf der Demo geredet. Außerdem gab es drei beeindruckende Schweigeminuten – da war’s für den Schlossplatz wirklich verdammt ruhig.
Ach ja, und einen netten Spruch habe ich noch fotografiert. 🙂
Die Atomkonzerne RWE, Vattenfall, EnBW und e.on sind einfach nur dreist. Im Zuge der Diskussion um eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken und der Abschöpfung der daraus resultierenden Gewinne bzw. der Einführung einer Brennelementesteuer äußern sie sich wie folgt:
Die Parteien [die vier Konzerne – Anmerkung HS] seien „aus rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Erwägungen übereingekommen, die Sonderabführung auf der Grundlage eines beidseitigen, alle relevanten Fragen abschließend regelnden Vertrags zu vereinbaren statt einseitig eine Steuer zu erheben“, zitierte das „Handelsblatt“ aus dem Vertragsentwurf der Konzerne E.on, EnBW, RWE und Vattenfall. Geschlossen werden solle der Vertrag zwischen den Konzernen und der Bundesregierung
Genau so einen Vertrag gibt es aber bereits. Bekannt ist er unter dem Namen Atomkonsens. Der wurde auch von den vier Konzernen unterzeichnet. Wie vertragstreu sie sind, sieht man ja.
Ich verstehe ja, dass es viele Vorbehalte dagegen gibt, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Wer will schon länger arbeiten? Das sind die wenigsten.
Ich verstehe auch, dass das nicht in jedem Beruf gleich machbar ist. Gerade bei schwerer körperlicher Arbeit können wohl nur wenige mit 67 noch ihren Beruf zu ihrer Zufriedenheit und zur Zufriedenheit des Arbeitgebers ausüben.
Ich sehe aber nicht, wie es funktionieren soll, dass wir zwar immer länger leben – und damit immer länger Geld aus der Rentenkasse bekommen – ohne länger zu arbeiten und in die Rentenkasse einzuzahlen.
Zumal jedes Jahr späterer Renteneintritt uns da gleich an beiden Seiten hilft: es wird ein Jahr länger eingezahlt – und ein Jahr kürzer ausbezahlt.
Man denkt ja, in Sachen Schwule und Lesben ist die FDP mal im positiven Sinne liberal. Vollkommen umgehauen hat mich daher ein Absatz bei SPIEGEL online heute.
Es geht in dem Artikel darum, dass für die „Hetero-Ehe“ 40 EUR Gebühren fällig werden und für die „Homo-Ehe“ bis zu 166 EUR – jedenfalls in Baden-Württemberg. Mal ganz abgesehen von anderen Diskriminierungen wie Trauung auf der Kfz-Zulassungsstelle usw.
Und was sagt die FDP dazu?
Mappus‘ Koalitionspartner hingegen trägt die harte Linie mit. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, sagte, es sei der landespolitische Wille, deutlich zu machen, dass ein Unterschied zwischen heterosexuellen Ehen und homosexuellen eingetragenen Partnerschaften bestehe. Wenn man dies nicht unterstützen würde, wäre man nicht Teil der Regierung, so Rülke zu SPIEGEL ONLINE.