Henning Schürig - Landtagskandidat im Wahlkreis Göppingen (Bündnis 90/Die Grünen)
Sindelfingen: Podiumsdiskussion zum Thema Sozialstaat

"Beitragsfinanzierte Systeme sind am Ende"

Podiumsdiskussion zum Thema Sozialstaat

Sindelfingen - Sie hatten sich ein äußerst komplexes Thema gewählt, das dennoch die Menschen beschäftigt. Zur Frage "Deutschland stirbt aus - Sozialstaat ade?" hatten Schüler der Politik AG am Gymnasium in den Pfarrwiesen am Donnerstagabend Vertreter der vier Bundestagsparteien eingeladen. Schnell zeigte sich: Das Problem ist erkannt, nur eine Patentlösung hat keiner.

Dass die Rente und die Zukunft des Sozialstaats die Menschen umtreibt, wurde bereits vor Beginn der Diskussion deutlich: Mehr Besucher als erwartet waren in die Aula des Pfarrwiesengymnasiums gekommen. Über 100 Interessierte aller Altersklassen waren es letztendlich, die die Vorstellungen der Politiker zur Zukunft der Sozialsysteme hören wollten. Dazu hatte die Politik-AG den Landesvorsitzenden der Jungsozialisten, Hendrik Bednarz, den Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Florian Toncar, Henning Schürig von Bündnis 90/Grüne und den CDU-Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger eingeladen.

"Wir machen alle demnächst das Abi, haben wir eine Chance, vom Generationenvertrag zu profitieren?", eröffnete Moderator Jan Bühler die erste Fragerunde an Clemens Binninger. Dieser kam angesichts zweier Zeitnehmer mit Uhr und Gong gleich auf den Kern des Themas zu sprechen: "Die Parteien sind sich mittlerweile fast einig, dass die Sozialsysteme nicht mehr zu bezahlen sind". Nun gelte es abzuwägen, was zu tun sei. Hendrik Bednarz und Henning Schürig erhielten mit ihren Eröffnungsfragen die Möglichkeit, die Arbeit "ihrer" Regierung zu beurteilen. "Es geht in die richtige Richtung, ist aber nicht genug", gab der 23-jährige Bednarz zu. Schürig wies auf das grüne Konzept der Bürgerversicherung hin, mit der die Partei den Generationenvertrag retten will. Auf die Frage nach seiner eigenen Rente machte Florian Toncar, ebenfalls Anfang 20, klar: "Diese Frage kann man nicht beantworten. Das bisherige System ist am Ende".

Mit einer zweiten Runde hatten die Schüler wohl gehofft durch das Recht unmittelbarer Erwiderungen die Diskussion etwas anzuheizen. Doch auch bei der Frage der Repräsentation junger und zukünftiger Generationen in der Politik herrschte weitgehende Einigkeit. Selbst Henning Schürigs Äußerung, dass man als 50-Jähriger mit der Finanzlage eh nicht mehr so lange zu leben habe wie ein 20-Jähriger, sorgte mehr für Lacher im Publikum, als für Widerspruch auf der Bühne. Obwohl Binninger anfangs noch gemahnt hatte, man solle sich nicht die verschiedenen Konzepte um die Ohren hauen, trat genau dies ein. Über weite Strecken brachten die Jung-Politiker ihre Ideen von Merz-Konzept, kapitalgedeckte Renten, Ehegatten-Splitting und immer wieder Beispiele anderer Länder ins Gespräch. Statt Erhellung über Lösungsmöglichkeiten verloren sich die Diskutanten in Details - zur Darstellung ganzer Konzepte reichte die Redezeit nicht. Einige der vorwiegend jungen Zuhörer folgten dem Gespräch immer weniger.

Erst mit dem Thema "Kinderförderung", konnte Henning Schürig mit der Aussage provozieren, dass Familien mit drei oder vier Kindern besonders wichtig seien, da sie diejenigen ausglichen, die wie Binninger keinen Nachwuchs hätten. Der Angesprochene hatte zuvor noch freimütig bekannt, "ich bin selbst ein Paradebeispiel, bald 42 und keine Kinder", sah sich nun jedoch zu einer Klarstellung gezwungen: "Der Staat lebt nicht nur von seinen Kindern, sondern von den Steuerzahlern". Fast beiläufig dann der Satz, der in seiner Banalität die ganze Problematik trifft: "Es hängt alles mit allem zusammen. Wir kommen aus der Falle nicht raus". Ein Patentrezept gebe es nicht, betonten die Vier auch auf die Kritik eines Zuhörers, die Parteien könnten sich nicht einigen. "Wir leben in einer Demokratie. Da müssen Unterschiede erkennbar werden, wenn wir am Wahltag die Auswahl haben wollen", konterte Florian Toncar. "In solchen Diskussionen werden sowieso keine Lösungen erarbeitet", pflichtete ihm Henning Schürig bei. Dies geschehe in Ausschüssen.

Was konnten die Schüler aus der eineinhalbstündigen Runde mitnehmen? Den politisch Aktiven ist klar, was getan werden müsste. Bei Methoden und Wegen gehen die Meinungen auseinander. "Die Zukunft heißt eher Steuererhöhungen", erklärte Juso-Mann Bednarz, während sich Clemens Binninger für Steuersenkungen aussprach. Auch bei der Grundsatzfrage "Mehr oder weniger Staat?" schieden sich die Geister. Grünen-Vertreter Schürig forderte, alte Angehörige selbst zu pflegen, Florian Toncar, bei der Rente selbst vorzusorgen. "Wir wollen, dass die starken die größten Lasten tragen", bekannte dagegen Hendrik Bednarz mit Blick auf die Besteuerung Reicher. Auf den "großen Wurf" allerdings warten die Wähler nach Aussagen der Vier vergebens.

21.02.2004

Quelle: http://www.pfarrwiesen-gymnasium.de/politik/zeitung.html#BZ

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