Rektor
als Zwischenrufer
PLOCHINGEN: Gymnasiasten diskutieren lebhaft mit Landtagsakandidaten
- Bemerkungen über Lehrer ärgern Schulleiter
Es ist gar nicht
so einfach, vier Landtagskandidaten in geordnete Diskussionsbahnen
zu lenken. Diese Erfahrung machten die Schülerinnen und
Schüler, die im Gymnasium Plochingen eine Podiumsdiskussion
organisierten. Im Mittelpunkt standen die Bildungs- und die
Umweltpolitik.
Von Karin Ait Atmane
Eingeladen hatte
die "Initiative für politische Bildung" (IPB)
am Gymnasium, in der vor allem Oberstufenschüler aktiv
sind. Sie wollen politische Vorgänge nicht einfach unbemerkt
an der Schule vorbeiziehen lassen und zudem den persönlichen
Kontakt mit Politikern ermöglichen. Vier Landtagskandidaten
aus dem Wahlkreises kamen: Karl Zimmermann (CDU), Carla Bregenzer
(SPD), Henning Schürig (Ersatzkandidat für Erdrich-Sommer,
Grüne) und Frank Schweizer (FDP). Im Lichthof blieben zwar
einige Sitzreihen frei, aber dass die gut 70 Zuhörer größtenteils
Schülerinnen und Schüler waren, freute die Organisatoren.
Neben den Moderatoren Florian Klug und Ali Achahboun saßen
vier weitere Oberstufenschüler am Podium, um gezielte Fragen
zu stellen. So berichtete Maren aus der 13. Klasse, die ehrenamtlich
in der Jugendarbeit tätig ist, dass seit Einführung
des achtjährigen Gymnasiums "immer weniger Kinder
zur Jungschar kommen, weil sie es zeitlich nicht schaffen".
Außerdem wachse die Unlust, überhaupt ein Gymnasium
zu besuchen.
Bei den Politikern
waren die Positionen zu G8 klar. Bregenzer diagnostizierte einen
"falschen Schnellschuss", bei dem die Lernfreude auf
der Strecke bleibe. Zimmermann sah alles nur im Wahlkampf hochgekocht.
Schürig forderte grundsätzliche Reformen des Schulsystems
und der Lernmethoden. Schweizer, der am gesamten Abend immer
wieder eine vermittelnde Rolle einnahm, sah die Wahrheit "irgendwo
in der Mitte" liegen, die Wogen würden sich schon
glätten.
Späterer
Schulbeginn verlockend
Ein Schüler
fand den späteren Schulbeginn, wie ihn der Ministerpräsident
angesprochen hatte, verlockend. Das könne jede Schulkonferenz
schon jetzt entscheiden, meinte Zimmermann, ebenso wie über
möglichen Samstagsunterricht. Dann brauche man aber eine
Ganztagesschule und Geld dafür, hielt Schürig dagegen.
Intensiv stiegen
die Zuhörer beim Thema Oberstufenreform ein. Jetzt "hocken
alle Schüler von schlecht bis sehr gut im gleichen Mathekurs",
sagte einer: Das widerspreche der individuellen Förderung.
Ob es nicht sinnvoll wäre, zentrale Klassenarbeiten zu
stellen, fragte ein anderer. Eine Schülerin bemängelte:
"Es ist ein großes Manko der neuen Oberstufe, dass
der Erfolg ganz arg auf die Lehrer ankommt."
Bemerkungen über
die Qualität von Lehrern, die die berufliche Zukunft von
Schülern gefährdeten, brachten den unter den Zuhörern
sitzenden Rektor Arne Rentzsch in Rage. "Ich finde das
fast unerträglich, in welcher Art Sie von Schule reden",
rief er nach einer Bemerkung Zimmermanns über schlechte
Pädagogen. Das sei Stammtischgerede. Der Schulleiter überraschte
mit diesem Ausbruch auch seine Schüler, während Zimmermann
gekränkt reagierte und den Rest des Abends etwas angeschlagen
wirkte. Das könnte auch an den Themen gelegen haben.
Moderatoren ringen ums Wort
Denn in Punkto Studiengebühren
hatte "Rot-Grün" in diesem Umfeld ebenso den
besseren Stand wie in umweltpolitischen Fragen, wo die beiden
Kandidaten auf bundespolitische Erfolge verweisen konnten. Publikum
wie Podium diskutierten lebhaft. Und für die Moderatoren,
die auch mal verzweifelt ums Wort rangen, während der CDU-Mann
und die SPD-Frau gleichzeitig redeten, war der Abend eine Erfahrung
der besonderen Art.
Samstag, 11.03.2006
(Esslinger Zeitung)