Es war der 15. April 2013, den ich als Startdatum auswählte als ich im Frühling 2013 in einem Formular den offiziellen Beginn meiner Selbstständigkeit angeben musste. Das ist nun ganze zehn Jahre her. Nach der ersten Ankündigung im Blog gab es nach drei und sechs Monaten noch kurze Updates – sowie eine kleine Andeutung – und so möchte ich auch jetzt nach zehn Jahren hier mal ein bisschen was von meinen Erfahrungen erzählen.
Da das hier sicher auch einige lesen, die ich ganz am Anfang abholen muss, ganz kurz die Vorgeschichte: Im Juni 1997 hatte ich meine erste Website. Dieses Hobby wurde bereits während meines BWL-Studiums an der Uni Stuttgart zu meinem Beruf. Nach dem Studium war ich dann bei diversen Online-Agenturen angestellt, bevor ich nach zwei Jobs, die jeweils nur sechs Monate gingen, dann den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt habe. Angefangen habe ich als Freiberufler.
Gute 13 Monate später ging ich dann einen großen Schritt und gründete eine GmbH, die bis heute besteht. So lange war ich zuvor nie bei ein- und demselben Arbeitgeber. Gegründet habe ich die GmbH zusammen mit einer Partnerin, die ich sowohl beruflich als auch privat schon lange kannte. Da war viel Motivation und Dynamik im Spiel – etwas zu viel offenbar, denn meine Partnerin ging schon nach drei Monaten wieder von Bord, nachdem wir feststellten, dass uns bei allen Gemeinsamkeiten für eine gemeinsame Firma wohl doch zu viel trennt.
Das war natürlich einerseits befreiend, weil viel Konfliktpotential wegfiel. Aber was sollte ich denn nun alleine mit einer GmbH? Also habe ich nach neuen Mitgesellschaftern gesucht – einem oder zwei. Fühlte sich zeitweise an wie Dating, das ich allerdings nie so systematisch angegangen war. Aber letztlich hatte ich Glück, doppeltes Glück. Doppelt gar nicht so sehr, weil ich zwei Leute fand, die mit mir und miteinander die noch junge GmbH weiterführen wollten, sondern weil der mit dem es dann auch wieder nicht passte, sich noch vor dem richtigen Neustart wieder rauszog und es mit dem anderen bis heute wunderbar passt.
Die richtigen Leute sind bei sowas das A und O. Das kann man gar nicht genug betonen. Aber man unterschätzt es leicht oder ignoriert teilweise negatives Bauchgefühl, weil auf der anderen Seite ja große Euphorie herrscht. Gefährlich. Das gilt meiner Ansicht nach in abgeschwächter Form auch für Angestellte, aber ganz besonders für Mitgesellschafter. Apropos – mit solchen formal großen Akten haben wir erstmal abgewartet, um zu sehen, wie es läuft. Bei der GmbH-Gründung hieß es von einem Anwalt, da käme man schwieriger wieder raus als aus einer Ehe. Ganz so war es zwar nicht, aber man wird halt vorsichtiger.
Nachdem ich also zum Jahreswechsel 2014/2015 die GmbH zu 100 % übernommen hatte (was auch finanziell erstmal gestemmt werden musste), habe ich dann also erst zum Jahreswechsel 2016/2017 einen Teil wieder weiterverkauft und meinem neuen Partner Prokura gegeben. Auch das war ein Learning: 50/50 hatte nicht funktioniert, daher nun ganz bewusst keine formale Augenhöhe und das war auch für alle in Ordnung so und passt bis heute sehr gut. Faktisch treffen wir eigentlich alle wichtigen Entscheidungen sowieso gemeinsam. Eine Kampfabstimmung gab es noch nie. Aber es ist eben schon so, dass ich die dominierende Figur in dem Ganzen bin.
Warum überhaupt Partner? Seit Beginn meiner Selbstständigkeit hörte ich immer wieder als Reaktion „Selbständig? Ah ja, selbst und ständig“. Ich machte es mir sehr schnell zum Ziel, dass genau das nicht zutreffen darf. Also habe ich von Anfang an daran gearbeitet, die direkte Arbeit für und mit den Kunden zu großen Teil abzugeben. Das war nicht ganz einfach, weil viele ja aufgrund persönlicher Beziehungen, Empfehlungen oder meines Rufs zu mir (!) kamen, aber es hat gut funktioniert. Kurzfristig mehr Geld hätte es wohl gebracht, wenn ich auch mehr für die Kunden gemacht hätte, aber erstens hätte ich dadurch Freiheiten verloren (und die sind mir sehr wichtig) und zweitens wäre das langfristig wahrscheinlich weniger gut gewesen.
Denn ich konnte mich derweil vor allem um die Führung des Unternehmens kümmern, also insbesondere auch die Unternehmensentwicklung. Natürlich werden am Anfang erstmal kleine Brötchen gebacken, aber wie kann man dafür sorgen, dass sie nach und nach größer werden? Das fand und finde ich auch eine sehr spannende Aufgabe, die von Jahr zu Jahr besser gelingt, würde ich sagen. Der Unternehmer und Autor Stefan Merath nennt das übrigens „am Unternehmen arbeiten“ statt „im Unternehmen arbeiten“.
Ein interessanter Meilenstein war übrigens die komplette Aufgabe eines festen Büros im August 2020. Der erste Corona-Herbst stand vor der Tür, aus dem aktuellen Büro wollten wir wieder raus und so entschieden wir, uns „erstmal“ kein neues Büro zu holen, sondern komplett ins Home-Office zu gehen. Nach sechseinhalb Jahren wurden wir also zur Briefkasten-Firma – und das deutlich länger als gedacht. Anfangs trafen wir uns noch mehr oder weniger regelmäßig in einem befreundeten Büro, es pendelte sich in etwa bei monatlich ein bis es irgendwann irgendwie weitgehend aufhörte. Ich kann gar nicht mehr sagen, wann wir uns zuletzt zum gemeinsamen Arbeiten vor Ort getroffen haben. Mal sehen, wie lange wir Briefkasten-Firma bleiben. Es gibt da doch ein gewisses diffuses Bedürfnis nach einem Büro, aber zum praktischen Arbeiten erscheint es uns derzeit nicht besonders hilfreich.
Nach zehn Jahren gäbe es natürlich noch so viel mehr zu erzählen, aber ich will es mal bei diesem groben Rundumschlag belassen (natürlich gerne Fragen stellen). Zufrieden halte ich aber fest, dass wir – mit einer Ausnahme – jedes Jahr finanziell gewachsen sind und wenn man finanziell weglässt, sowieso jedes Jahr. Die Erfahrung wächst, die Herausforderungen auch. Wie bei einem Computerspiel, wo man das nächste Level erreicht. Apropos – Strategiespiele waren früher eh meine Favoriten. Nach einem langsamen und mühsamen Start war ich dann am Ende meist sehr erfolgreich. Ich sehe Parallelen. 🙂
Ach so, wie heißt das Unternehmen, das nun neun Jahre alt ist, aber inklusive der Wurzeln nun auf genau zehn Jahre zurückblicken kann? Das ist die Be digital GmbH, (m)eine Digitalberatung aus Stuttgart.
Danke an alle, die in irgendeiner Weise dabei mitgeholfen haben – insbesondere in den ersten Jahren. Sei es durch Logo-Gestaltung, Buch-Tipps (ich hab sehr viel gelesen am Anfang), Ratschläge oder natürlich Empfehlungen, die zu Umsatz führten (gerade am Anfang gibt es wohl nichts Wichtigeres). Vielen Dank, wer weiß, wo ich ohne euch heute wäre?
Als ein FreibWas würdest du einem Freiberufler empfehlen, der gerade erst anfängt?
GmbH, UG oder nur als Freiberufler registrieren?? Ich habe keine Partners oder Mitarbeiter.
Als IT Consultant, welche Tätigkeit in den Katalogberufen soll ich wählen??
Vielen Dank im voraus.
@Biju Krishnan
Du kannst später immer noch ne UG oder GmbH gründen. Mach das lieber erstmal als Freiberufler, wenn die Tätigkeit es zulässt (sonst halt als Gewerbe). Es sei denn, du hättest da jetzt besondere Risiken, denn du haftest ja bei Kapitalgesellschaften nur begrenzt. Ich vermute, dass du als IT-Consultant so wie ich beratender Betriebswirt sein kannst. Aber sicher kann ich dir das nicht sagen und Rechtsberatung darf ich ja keine machen. Such dir auf jeden Fall nen guten Steuerberater.