bdk09: Der grüne Parteitag in Berlin

  • Beitrags-Kategorie:Berlin / Politik
  • Beitrags-Kommentare:5 Kommentare
  • Lesedauer:10 min Lesezeit

Puh! Eine Informationsüberflutung haben wir ja inzwischen sowieso immer – aber während und nach dieser BDK (grüner Bundesparteitag alias Bundesdelegiertenkonferenz) ganz besonders. Schon während der BDK war es selbst wenn man vorm Rechner saß schwer den ganzen Tweets auf Twitter zu folgen, die mit #bdk09 getaggt wurden.

Willkommen auf dem grünen Parteitag.Die Debatten waren also nicht nur offline lebendig, sondern auch in Twitter. Man könnte fast meinen, wir könnten mit der Netzbegrünung aufhören, so grün wie einem das Netz während der BDK schien. Dank einem Stand von wahl.de gab es auch eine Twitter-Schnittstelle in die Offline-Welt in Form einer Twitter-Wall, wo die aktuellen Tweets zur bdk09 auf einer Leinwand gezeigt wurden.

Ich hab mich dort lange unterhalten – teils mit einer Mitarbeiterin von compuccino bzw. wahl.de und teils mit einem Journalisten bzw. mit beiden zusammen. Der Journalist war ja so ganz und gar nicht angetan von den neuen Möglichkeiten im Web 2.0. Mein Zwiegespräch mit wahl.de lief aber sehr gut. Meine Kritik, dass ja bisher immer nur ein Twitter-Account beispielsweise berücksichtigt wird und ich ja gerade (also während der BDK) überwiegend als @parteitag schreibe, um meine Follower nicht zu überlasten (Stichwort Informationsüberflutung), wurde prompt umgesetzt. Als ich heute in mein Profil bei wahl.de guckte, war der zweite Twitter-Account bereits berücksichtigt.
Ich bin gespannt, was aus meinen anderen Anregungen wird (zusätzlich zu Big Shaker/Mover auch eine Liste nach dem Status quo statt nur der Veränderung, weil das in der Regel vor allem Neulinge pusht und dann fehlen bei mir noch die Daten aus sevenload, LinkedIn und ich glaub noch was).
Apropos… meine Facebook-Daten werden nicht angezeigt, weil ich keine Seite/Fan-Page als Politiker dort habe. Sollte ich sowas anlegen, was meint ihr? Find das ja bisher eher übertrieben, da ich für kein öffentliches Amt oder Mandat kandidiere. Andererseits will ich natürlich die grüne Präsenz auf Facebook und bei wahl.de gerne erhöhen.

Renate Künast dreht das!Ich war jedenfalls während der BDK nur alle paar Stunden mal in Twitter und teilweise in Facebook (auch um die neu hinzugekommenen Kontakte zu bestätigen oder anzufragen, aber auch für Diskussionen und Kommentare zu meinen Tweets). Die Blogs – auch die der offiziellen BDK-Blogger – habe ich während des Parteitags links liegen gelassen. Wie schon gesagt, kam ich ja selbst auf Twitter mit dem Lesen nur teilweise hinterher.
Aber eben hab ich die Blogs mal überflogen, teils gelesen, teils kommentiert. Frisst ganz schön Zeit, ist aber auch interessant, die Eindrücke mitzubekommen. Da ist ja vieles, was man normal nie mitbekommt (z.B. die Informationen, die die Presse morgens hinter den Kulissen bekommt) oder einfach Dinge, die man verpasst hat bis hin zu anderen Sichtweisen.

Apropos… da war ein interessanter Vergleich von Regine Heidorn zum Zustandekommen des Wahlprogramms:

Ich finde die Anträge bei den Grünen einem Wiki ähnlich. Zum Parteitag einigt man sich auf die endgültige Seitenversion. #bdk09

So ist die BDK also quasi eine Art Real-Life-Wiki. Sehr geistreicher Vergleich! 🙂

Ansonsten mach ich jetzt mal stichwort-artig weiter (man könnte auf twitter-artig sagen), weil sonst das Schreiben für mich und das Lesen für euch zu lange dauert:

  • Tobi Schlegl (extra3, NDR) mit Papp-Westerwelle auf grünem ParteitagMan wird am Donnerstag die BDK bei extra3 sehen können, denn Tobi Schlegl war mit einem Papp-Westerwelle zu Gast und warb für eine gelb-grüne Koalition. Soweit ich das mitbekommen habe, war er sehr positiv überrascht wie locker die Grünen seine Aktion sahen und wie ungehindert er und sein Team bei uns Satire machen konnten. Das extra3-Team wurde sogar vom Präsidium extra begrüßt. 🙂
  • Wir hatten ein sehr nettes und interessantes Treffen von Netzbegrünern (leider alles Männer) und haben uns bei Kaffee und Schokolade intensiv und lange über das Thema Netzbegrünung unterhalten. Aktiv werden wollen wir u.a. beim Thema Wurzelwerk, denn das grüne Mitgliedernetz braucht dringend eine Generalüberholung. Die ganze Bedienung ist bisher grottenschlecht und kaum vernünftig benutzbar. Und wenn das schon die Netzbegrüner so sehen…
  • Wir brauchen dringend mehr Gästeplätze. Ausgeschildert war da was Richtung Tribüne, aber wenn ich nen Parteitag von der Tribüne verfolge, kann ich mich auch gleich zu Hause vor den Fernseher setzen. Und es gibt nun mal zahlreiche Leute, die nicht als Delegierte zum Parteitag anreisen, sondern sozusagen einfach so bzw. in ihrer Funktion (bei mir jetzt als Landesvorstandsmitglied BaWü).
  • Natürlich war ich auch diesmal immer wieder bei den Bloggern am Tisch. Diesmal waren es ganze neun Stück (Links siehe unten). Neue Gesichter, alte Gesichter, grüne Gesichter, demnächst grüne Gesichter, ein rotes Gesicht,… war wieder vielfältig. 🙂
  • WLAN ist immer noch ein dicker Kritikpunkt bei den BDKs. Aber es gab tolle Stromtankstellen für Laptops etc.
  • Das Berliner Wetter war etwas taktisch unklug: Tagsüber schien die Sonne schön warm und hell – aber da waren wir eigentlich die meiste Zeit drinnen in der Halle. Abends und nachts schüttete es dann wie aus Eimern – wo wir uns auf den Weg in Kneipen, zu Partys und ins Hotel machten.
  • Berliner zu treffen (die nicht ohnehin auf dem Parteitag waren) hat leider nur in einem Fall geklappt. Das lag teils an Zeitproblemen oder auch an Berührungsängsten mit grünen Parteitagen. Die, die kam, hatte solche nicht und hat es dann auch prompt sehr bereut aufgrund eines anderen Termins wieder gehen zu müssen.
  • Boris Palmer, der blaue grüne Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, kam modisch verwirrend in einem blauen Anzug. Go 09 - auch mit Boris Palmer (in blau)Ich stand gerade zwischen Anna Lührmann und Kordula Schulz-Asche als Boris seitlich zu mir kam, um mich zu begrüßen. Mir sind halb die Augen rausgefallen als ich ihn sah, hätte in dem Moment gerne mal seine Perspektive gehabt. 🙂 Aber eigentlich macht er damit nur Werbung für sein neues Buch und seine Klimaschutzpolitik – beides unter dem Titel „Eine Stadt macht blau“.

Soweit meine doch recht ausführlich geratenen Stichworte. Dazu gibt’s noch Fotos, die ich während der BDK gemacht habe, sowie eine flickr-Gruppe mit den Fotos von (hoffentlich) allen.

Ansonsten freu ich mich natürlich über die vielen interessanten Menschen, die ich neu oder wieder getroffen habe (Grüne, Blogger, Journalisten…) und darüber, dass am Sonntag in Bad Homburg (Hessen) mit Michael Korwisi der erste grüne Oberbürgermeister in Hessen gewählt wurde – und zwar im zweiten Wahlgang mit 59,5 % gegen die Amtsinhaberin von der CDU. Dank Twitter hab ich’s noch im Zug auf der Heimfahrt erfahren. 🙂

Eine kleine Schlussbemerkung von mir geht noch in Richtung von Cem Özdemir, unserem Parteivorsitzenden, der Jens Matheuszik ein kleines Video-Interview gegeben hat. Cem meint dort, er würde wenig Statusmeldungen auf Facebook schreiben, weil nicht jeder wissen müsse, wann er aufs Klo geht oder sich gerade die Hände wäscht.

Meine Antwort an ihn, die ich bei Gelegenheit auch gerne nochmal persönlich überbringe:

Lieber Cem, wenn du nicht möchtest, dass die ganze Welt weiß, wann du aufs Klo gehst, dann schreibst du es einfach nicht. Die wenigsten tun das. Aber es gibt viele andere Dinge, die du der Welt gerne mitteilen kannst. Zum Beispiel wenn der Bundesvorstand nachts gerade den Entwurf des Wahlprogramms beschlossen hat oder auch Aussagen zur aktuellen politischen Lage. Auch in deinen Videos erzählst du ja nicht von deinen Klo-Erlebnissen. Bei Fragen, meld dich.

Mich ärgert vor allem, dass er mit dieser Antwort quasi alle als Klo-Twitterer diskreditiert, die Twitter oder die Facebook-Statusmeldungen intensiver nutzen.

Alles in allem aber ein sehr schöner Parteitag mit einem guten Programm (das am Ende einstimmig beschlossen wurde) und auch das Schlafdefizit ist bald überstanden. 🙂

Wer mehr lesen möchte, kann das bei Paula Schramm, Lukas Emele, Marcus Klein, Bastian Dietz, Regine Heidorn, Marcel Emmerich, Jens Matheuszik, Christoph Harrach oder Claudia Laux tun.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Regine Heidorn

    Es würde einen Haufen Papier sparen und auch das Geschehen über sichtlicher machen, wenn die Anträge in einem Wiki verfasst würden. Auch wenn so ein digitales Antragsänderungswesen niemals das Papier ganz verdrängen kann.
    Ich würde es sehr cool finden, wenn man den Parteitag von aussen quasi durch die Angleichungen im Wiki in Echtzeit verfolgen könnte. Ich stell mir vor, dass ich den Livestream sehen könnte und gleichzeitig die Abstimmungsergebnisse im Wiki verfolgen könnte.
    Wäre klasse!
    Ausserdem glaube ich, dass die Grünen durch ihre geschulte Debattenkultur (Winne Hermann „Im Herzen heiss, im Verfahren kühl!“) selbst der Wikipedia noch Einiges vorzumachen hätten 🙂
    Go for it!

  2. Daniel

    Ich habe manche Leute direkt auf der BDK getroffen – so beispielsweise meine Mutter, die sogleich Mitglied wurde!

  3. Jan

    Hallo
    ich kann Cem schon verstehen. Politische Sachen kann man über den Grünen-Account twittern, der Rest ist sein Privat-Problem.
    Leider hat er recht, dass es viele „KloTwitterer“ gibt. Was ich in den letzten Tagen auf Facebook und Twitter gelesen habe war viel zu oft in diesen Kategorien:
    Sitze gerade im Zug
    Gehe jetzt schlafen
    Ich hab Schnupfen

    Wir Grünen stehen für Privatsphäre, Cem will seine Privatsphäre, dann soll er bitte nicht kritisiert werden.
    (Alternativ können wir ja gleich Facebook/Twitter mit der Vorratsdatenspeicherung verknüpfen, das würde dann auch die ganze Schreibarbeit sparen – also ist die Vorratsdatenspeicherung doch für was gut 😉 )

  4. Henning

    @Daniel
    Ich hab mich ja auch auf der BDK verabredet. Nur manche wollten da halt nicht hin.

    @Jan
    Ich sag doch gar nicht, dass Cem sein Privatleben twittern soll. Aber er soll nicht so tun als könne man dort quasi nur Belangloses von sich geben. Das klang ja so als ob er automatisch über seine Klo-Besuche schreiben müsste, sobald er mehr schreiben würde. Und das ist halt Quatsch – und diskreditiert all jene, die mehr schreiben.

    Lies vielleicht nochmal, was ich geschrieben habe. Wundere mich, dass du das so falsch verstanden hast und wäre dankbar über Feedback, falls ich was missverständlich formuliert haben sollte.

Schreibe einen Kommentar