Piraten als neue liberale Partei – statt der FDP?

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Die ersten Prognosen und Hochrechnungen für die Abgeordnetenhaus in Berlin ist da. Demnach kommen die Piraten mit etwa 8,5 % sicher ins Parlament, während die FDP mit knapp 2 % ebenso sicher draußen bleibt.

Als linksliberaler Grüner mit starkem netzpolitischen Interesse sehe ich das mit gemischten Gefühlen. Einerseits vermute ich, dass sehr viele dieser Piratenwähler von den Grünen gekommen sind und mit dafür gesorgt haben, dass die CDU vor den Grünen liegt. Das Ergebnis ist natürlich sehr, sehr gut, aber im Vergleich zu dem, was in den Umfragen vor einigen Monaten möglich schien, auch wieder recht wenig.

Andererseits können die Piraten eventuell mittel- und langfristig die Rolle der liberalen Partei in Deutschland übernehmen, die die FDP vor etwa 30 Jahren aufgegeben hat. Liberalität gibt es in der FDP seit langem ja so gut wie nur noch in Wirtschaftsfragen – nein, nicht einmal dort konsequent, wenn man sich ihre Positionen zum Mehrbesitzverbot von Apotheken oder zur Lockerung des Meisterzwangs anschaut. Letztlich ist es doch meist nur Klientelpolitik, die hier und da mal liberal genannt wird. Dass jetzt noch europa-skeptischer Populismus oben drauf kam, macht die Sache nicht besser.

Die FDP kettet sich zudem auch in Nibelungentreue an die CDU. Koalitionen mit anderen Parteien werden meist schon von vorherein ausgeschlossen, was gerade für eine liberale Partei – die meiner Ansicht nach eher in der Mitte, also zwischen den politischen Richtungen wie links und rechts, stehen müsste – doch sehr ungewöhnlich ist.

Die Piraten kommen aus der Netzpolitik, stellen nun aber immer stärker größere Themen wie Transparenz und Bürgerbeteiligung in den Fokus. Das sind im Grunde genommen urliberale Themen. Gleichzeitig sind es Themen, die die Gesellschaft immer mehr beschäftigen – nicht zuletzt auch durch das Social Web befeuert.

Die Piraten gehen darüber hinaus Themen sehr radikal an und bringen dadurch sicher frischen Wind in das Parlament. Außerdem sind sie so für bisherige Nichtwähler besonders interessant.

Auf den Punkt gebracht: Ich könnte mich damit anfreunden, wenn die Piraten die FDP als liberale Partei in Deutschland ersetzen würden. Voraussetzung ist aber, dass sie jetzt auch im Parlament einen guten Job machen. Nur mit Visionen wird es auf Dauer nicht gehen.

Ich bin gespannt. Glückwunsch jedenfalls an die Berliner Piraten! Von null auf 8,5 % ist wirklich eine Sensation. Glückwunsch auch an die Grünen in Berlin. Ich hoffe, es gibt nun auch eine rot-grüne Landesregierung. Das war ja schon letztes Mal möglich, aber da hat sich die SPD für rot-rot entschieden. Das geht ja nun glücklicherweise nicht mehr.

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