Steuersenkungen und die FDP
Viele Milliarden Steuersenkungen zu versprechen, wenn der Haushalt gerade eine Rekordneuverschuldung nahe der 100 Mrd. EUR erreicht hat und eine Finanz- und Wirtschaftskrise dem Staat durch Bürgschaften, steigende Arbeitslosenzahlen etc. weitere Milliardenrisiken aufbürdet, ist eigentlich schon dreist genug.
Wenn dann noch durch die offizielle Steuerschätzung ganz offensichtlich wird, dass der Staat auch ohne Steuersenkungen keine Steuermehreinnahmen, sondern Mindereinnahmen haben wird, und man dann meint, das habe man vor der Wahl nicht wissen können – obwohl die Opposition inkl. der FDP die schwarz-rote Koalition ja gerade für diese Haushaltspolitik massiv kritisiert hat – wird es noch dreister. Zumal die FDP den Vorsitz des Haushaltsausschusses innehatte.
Wenn dann aber kurz nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages FDP-Landeschefs in Regierungsverantwortung öffentlich merken, dass das ihren Landeshaushalten großen Schaden zufügen wird, was vom politischen Gegner schon vor der Wahl öffentlich kritisiert wurde, dann wird es extrem dreist.
Wo waren Jörg-Uwe Hahn aus Hessen und Wolfgang Kubicki aus Schleswig-Holstein denn als die FDP ihr Wahlprogramm ausgearbeitet hat? Wo waren sie als nach der Wahl der Koalitionsvertrag ausgehandelt wurde?
Sollten sie tatsächlich erst jetzt gemerkt haben, was für Auswirkungen diese Steuersenkungen auf die Landeshaushalte haben, dann haben sie erstens nicht zugehört als im Wahlkampf die FDP-Forderungen lauthals kritisiert wurden und sind zweitens völlig inkompetent. Jeder, der sich ein bisschen mit Finanzpolitik beschäftigt, weiß doch, dass die Einkommensteuer nicht alleine zum Bund geht, sondern auch die Länder (42,5 %) und die Kommunen (15 %) davon einiges bekommen – oder eben auch nicht, wenn die Steuern gesenkt werden.
Gerade gestern Abend beim Treffen der Grünen Jugend in Stuttgart bekamen wir von der grünen Fraktionsvorsitzenden Muhterem Aras vor Augen geführt, wie schlimm die Haushaltslage in Stuttgart schon ohne die geplanten Steuersenkungen aussieht. Derzeit laufen die Haushaltsberatungen der Stadt Stuttgart und die Steuerpläne der Bundesregierung, treiben da große, zusätzliche Sorgenfalten auf die Stirnen der Gemeinderäte. Wobei man ohne Übertreibung auch von Wut sprechen kann.
Kein Wunder, denn wenn Hahn und Kubicki jetzt nach der Wahl plötzlich Bedenken wegen der Steuerpläne der FDP haben, dann muss man sich eben schon fragen, warum sie jetzt damit kommen und wie sie sich das vorgestellt haben. Einfach mal fordern und nach der Wahl dann halt sagen „Geht nicht“? Einfach mal fordern und wenn man die Wahl gewinnt, dann überlegen, ob man nun entgegen aller Vernunft die Steuern senkt oder dann eben sagt, die Vorgänger-Regierung wäre schuld, dass das jetzt doch nicht geht?
Es ist einfach unverantwortlich so einen Wahlkampf zu betreiben, wenn man schon vorher weiß, dass das nicht geht. Und Hahn und Kubicki zeigen, dass man das in der FDP eigentlich weiß.
Die Frage ist: Macht die FDP jetzt trotzdem weiter oder wird sie irgendwann Vernunft zeigen? Natürlich würde sie bei einem Rückzieher bei den Steuersenkungen gescholten, dass sie Wahlversprechen bricht. Aber sie hätte das halt nie versprechen dürfen. Es kann und darf der FDP doch genausowenig egal sein, wenn sie den Bundeshaushalt und die Haushalte von Ländern und Kommunten noch weiter ruiniert.