Erfreust du dich auch an Gewalt?

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Ich kam am Montag ziemlich beeindruckt aus der Sneak. Leider hab ich es erst jetzt geschafft, über den Film zu bloggen. Den Eintrag findet ihr in meinem Film-Blog smileblue.com unter dem Titel Untraceable: Cyber-Crime-Kino-Film.

Hier will ich in erster Linie aber nicht Werbung für meinen Eintrag drüben machen, sondern mich mit der Botschaft des Films auseinandersetzen.

Da ich dazu einen relevanten Teil vom Ende verraten muss, sollten nur die weiterlesen, die ihn eh gesehen haben oder denen es nichts ausmacht, wenn sie die Auflösung eines spannenden Films schon vorher wissen – oder die ihn nicht sehen wollen. Dies also als dicke Spoiler-Warnung (mindestens für die nächsten drei Absätze).

In dem Film zeigt ein Serienkiller seine Opfer auf der Website killwithme.com im Livestream. Er foltert sie vor einem Millionenpublikum in einem Keller zu Tode – je mehr Besucher auf die Website gehen, desto schneller sterben sie.

Man fragt sich natürlich Warum macht der das?. Es ist eine Mischung aus Rache, Enttäuschung und dem Versuch des Wachrüttelns. Der Selbstmord des Vaters des Killers wurde zufällig gefilmt. Das entsprechende Video dazu fand eine große Fan-Gemeinde. Der Killer will mit seiner Aktion auf diese Perversion der Menschheit aufmerksam machen.

Die Besucher seiner Website wissen, dass sie mit zu dem Tod des Opfers beitragen. Dennoch gehen sie rauf, empfehlen sie weiter und erfreuen sich im dazugehörigen Chat an dem, was sie dort sehen.

Und das ist keine kleine Minderheit ohne soziale Kontakte, sondern eine große Masse. Auch außerhalb des Films gibt es genügend Beispiele für ähnliche Dinge. Die Website r***en.com (will keine Werbung dafür machen) zum Beispiel. Auch die Hinrichtung von Saddam Hussein wurde heimlich aufgenommen und millionenfach angesehen – nicht nur im Netz, auch im Fernsehen. Schüler tauschen reale Gewalt-Videos per Handy. All das ist Realität. Tagtäglich erfreuen sich zahlreiche Menschen wie du und ich an real stattfindender Gewalt.

Ich gehe noch einen Schritt weiter, auch wenn ich weiß, dass mir die meisten da nicht mehr folgen können. Horror- und Splatterfilme gehen für mich in die gleiche Richtung. Natürlich ist es ein wichtiger Unterschied, ob man sich an realer Gewalt erfreut oder an fiktiver. Ich kann dennoch nicht nachvollziehen, wie man sich an Blutfontänen erfreuen kann oder bei detaillierter Darstellung von Köpfungen etc. Die natürliche Reaktion eines Menschen kann da doch nicht Freude sein!?

Ich thematisiere das hier, weil ich möchte, dass mehr Menschen darüber nachdenken. Über beides. Aber natürlich insbesondere über die eigentliche Botschaft des Films bezüglich des Erfreuens an realer Gewalt.

Besucht mal www.killwithme.com – und denkt nach.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Tina

    Ich hab einen Werbespot zu dem Film im TV gesehen und da wusste ich schon, dass das ganz und gar nichts für mich ist… eigentlich war ich sogar total entsetzt darüber, obwohl – man muss schon fast „natürlich“ sagen – Gewalt irgendwie ja schon zum Alltag dazugehört. Gerade als PC-Spieler ist man für Außenstehende irgendwie sowie schon einmal gebrandmarkt… mit dem Stempel „liebt Gewalt“. Aber wie du schon sagst, gewinnt Gewalt einen immer größeren Freundeskreis (wenn man das so sagen kann…). Ich hoffe jedenfalls so wie du, dass sich mehr Menschen darüber bewusst werden, was es bedeutet, dass Gewalt nicht „toll“ oder „cool“ ist, sondern etwas, das es gilt auszurotten….

  2. Zuckerbäckerin

    Schon im Mittelalter „erfreute“ man sich an öffentlichen Hinrichtungen. Neben der üblich menschlichen Sensationsgier/Schadenfreude hatte dies vielleicht noch eine soziale Komponente: man traf Bekannte und Freunde und hielt einen Schwatz (für’s Thema war im Zweifel gesorgt).

    Damals fanden wohl die wenigsten etwas verwerfliches am Beiwohnen einer solchen Veranstaltung – es war gesellschaftlich akzeptiert.

    Heute sieht es (zum Glück) zumindest bei uns anders aus und es ist angesichts der allgemein vorherrschenden Moralvorstellungen durchaus pervers bei einer solchen Livehinrichtung dabei sein zu wollen.

    Eine andere Baustelle ist es für mich sich an Horrorfilmen zu „erfreuen“. Bestenfalls habe ich bei einem Horrorfilm diese Gefühle: nervöse Anspannung und Angst. Und danach: Erleichterung darüber, diese vermeintlich bedrohliche Situation hinter sich gelassen zu haben.

    Der entscheidende Faktor ist doch zu wissen, daß zu keinem Zeitpunkt eine reale Gefahr für mich oder die gezeigten Personen bestand. Ich sehe mir also einen Horrorfilm an, um mich zu fürchten und danach die Erleichterung zu fühlen. Aus einem ähnlichen Grund fahre ich auch Achterbahn. Körper & Geist wird gewissermaßen in Panik versetzt, was zu allerlei „Hormonhöhenflügen“ führt.

    Bei Splatterfilmen wird’s für mich jetzt etwas schwieriger, weil ich die nicht speziell gerne anschaue und noch nicht viele gesehen habe. Ich finde es aber okay, wenn sich jemand daran erfreut. Ekel und Lust sind vielleicht ambivalent, gehören aber m.E. doch irgendwie zusammen. Beim einen sind diese Zusammenhänge in der Empfindung vielleicht mehr ausgeprägt als beim anderen. Solange sich das nur im Gucken von Splatterfilmen äußert, finde ich das noch nicht abnorm. Und dann sind Splatter ja meistens auch ziemlich grotesk, überzeichnet und oft willentlich so schlecht abgedreht, so daß man sich darüber nur noch amüsieren kann.

    Und ob diese „Freude“ an dem ganzen Ekelkram nun „die“ natürliche Reaktion des Menschen ist, weiß ich auch nicht – würde es aber für gar nicht so abwegig halten.

  3. Henning

    @Tina
    Gerade bei Computerspielen finde ich es auch immer wieder sehr befremdlich, dass es da Leute gibt, die sich Blut-Patches oder sowas installieren. Oder die allgemein die Spiele lieber mögen, je brutaler es zugeht. Ich will auch, dass die Grafik möglichst realistisch ist und sowas. Aber ich brauche keine großen Blutlachen oder ähnliches.
    Aber gerade solche Leute rücken dann die ganze Gamer-Welt in blutrotes Licht.

    @Zuckerbäckerin
    Der Hinweis auf das Mittelalter ist interessant – weil (leider) berechtigt. Und der Achterbahn-Vergleich hat mich jetzt auch sehr nachdenklich gestimmt. Vielleicht muss ich meine Position da doch mal etwas relativieren.

    Interessanter Kommentar auf jeden Fall.

  4. Consciously

    Man muss nicht unbedingt auf das Mittelalter hinweisen, um auf die Sensationsgier der Menschen hinzuweisen.
    Denkt an Autounfälle z.b. auf Autobahnen. Wie viele Personen möchten unbedingt wissen was am Unfallort geschehen ist? Wie viele fahren dann sogar extra langsamer, nur dass sie ja nichts verpassen?. Klar, dass ich mich auch selbst ertappe und einen kurzen Blick drauf werfe – aber mehr aus neugier – im „groben“ zu wissen was passiert ist und nicht aus Sensationsgier 😉
    Aber was anderes macht mich nachdenklich, nämlich die Frage, ob die vielen User im Film, die sich diesen Live-Stream angeschaut hatten überhaupt realisierten, dass dort „echte“ Personen gefoltert und umgebracht wurden.
    Klar diese Frage ist schwierig zu beantworten, zumal Diese ja fiktiven Ursprungs ist. Aber so abwägig ist diese Thematik nicht. Es gibt viele User die ständig über youtube shortclips anschauen und solche Snuff-Videos auch noch nebenbei „reinziehen“. Und wenn es nicht interessant genug ist klickt man weg oder durchforstet das youtubeportal nach weiteren clips.
    Und wenn der Clip oder der Stream doch gut genug war, kommen dann Kommentare wie: „Boah krass alder“, „Des war voll brutal“ etc pp. (ich will jetzt auf nichts anspielen, aber solche Beitrage findet man doch zu hauf).

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