Steuersenkungen und die FDP

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Viele Milliarden Steuersenkungen zu versprechen, wenn der Haushalt gerade eine Rekordneuverschuldung nahe der 100 Mrd. EUR erreicht hat und eine Finanz- und Wirtschaftskrise dem Staat durch Bürgschaften, steigende Arbeitslosenzahlen etc. weitere Milliardenrisiken aufbürdet, ist eigentlich schon dreist genug.

1 EUR (Münze)Wenn dann noch durch die offizielle Steuerschätzung ganz offensichtlich wird, dass der Staat auch ohne Steuersenkungen keine Steuermehreinnahmen, sondern Mindereinnahmen haben wird, und man dann meint, das habe man vor der Wahl nicht wissen können – obwohl die Opposition inkl. der FDP die schwarz-rote Koalition ja gerade für diese Haushaltspolitik massiv kritisiert hat – wird es noch dreister. Zumal die FDP den Vorsitz des Haushaltsausschusses innehatte.

Wenn dann aber kurz nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages FDP-Landeschefs in Regierungsverantwortung öffentlich merken, dass das ihren Landeshaushalten großen Schaden zufügen wird, was vom politischen Gegner schon vor der Wahl öffentlich kritisiert wurde, dann wird es extrem dreist.

Wo waren Jörg-Uwe Hahn aus Hessen und Wolfgang Kubicki aus Schleswig-Holstein denn als die FDP 50 Cent (Münze)ihr Wahlprogramm ausgearbeitet hat? Wo waren sie als nach der Wahl der Koalitionsvertrag ausgehandelt wurde?

Sollten sie tatsächlich erst jetzt gemerkt haben, was für Auswirkungen diese Steuersenkungen auf die Landeshaushalte haben, dann haben sie erstens nicht zugehört als im Wahlkampf die FDP-Forderungen lauthals kritisiert wurden und sind zweitens völlig inkompetent. Jeder, der sich ein bisschen mit Finanzpolitik beschäftigt, weiß doch, dass die Einkommensteuer nicht alleine zum Bund geht, sondern auch die Länder (42,5 %) und die Kommunen (15 %) davon einiges bekommen – oder eben auch nicht, wenn die Steuern gesenkt werden.

Gerade gestern Abend beim Treffen der Grünen Jugend in Stuttgart bekamen wir von der grünen Fraktionsvorsitzenden Muhterem Aras vor Augen geführt, wie schlimm die Haushaltslage in Stuttgart schon ohne die geplanten Steuersenkungen aussieht. Derzeit laufen die Haushaltsberatungen der Stadt Stuttgart und die Steuerpläne der Bundesregierung, treiben da große, zusätzliche Sorgenfalten auf die Stirnen der Gemeinderäte. Wobei man ohne Übertreibung auch von Wut sprechen kann.

Kein Wunder, denn wenn Hahn und Kubicki jetzt nach der Wahl plötzlich Bedenken wegen der Steuerpläne der FDP haben, dann muss man sich eben schon fragen, warum sie jetzt damit kommen und wie sie sich das vorgestellt haben. Einfach mal fordern und nach der Wahl dann halt sagen „Geht nicht“? Einfach mal fordern und wenn man die Wahl gewinnt, dann überlegen, ob man nun entgegen aller Vernunft die Steuern senkt oder dann eben sagt, die Vorgänger-Regierung wäre schuld, dass das jetzt doch nicht geht?

Es ist einfach unverantwortlich so einen Wahlkampf zu betreiben, wenn man schon vorher weiß, dass das nicht geht. Und Hahn und Kubicki zeigen, dass man das in der FDP eigentlich weiß.

Die Frage ist: Macht die FDP jetzt trotzdem weiter oder wird sie irgendwann Vernunft zeigen? Natürlich würde sie bei einem Rückzieher bei den Steuersenkungen gescholten, dass sie Wahlversprechen bricht. Aber sie hätte das halt nie versprechen dürfen. Es kann und darf der FDP doch genausowenig egal sein, wenn sie den Bundeshaushalt und die Haushalte von Ländern und Kommunten noch weiter ruiniert.

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Mein Fazit der Bundestagswahl 2009

Nun ist sie also rum die Wahl und wir haben das Ergebnis: schwarz-gelb. Ob mit oder ohne Überhangmandate, CDU, CSU und FDP haben zusammen eine Mehrheit – und sie werden sie natürlich nutzen.

Wofür genau sie sie nutzen, wird man sehen. Ich bin natürlich in Sorge. Um den Atomausstieg vor allem. Auf jeden Fall werden wir jetzt die FDP an ihren Taten messen können, was Bürgerrechte angeht. Der JuLi-Vorsitzende Johannes Vogel hatte vor der Wahl gesagt, es würde keine Koalition geben, wenn nicht das Netzsperren-Gesetz (Zensursula) zurückgenommen wird. Nun, FDP? Wie sieht’s aus?

Danke!Abgesehen von der neuen schwarz-gelben Mehrheit können wir uns natürlich über ein grünes Rekordergebnis freuen. Manche Umfragen hatten zwar zwischendrin etwas mehr hoffen lassen, aber 10,7 % ist ein geniales Ergebnis. Unser bisheriger Rekord lag bei 8,6 % bei der Bundestagswahl 2002.

In Baden-Württemberg konnten wir sogar um 3,2 Prozentpunkte auf 13,9 % zulegen und kommen somit nach zuletzt acht nun auf elf Mandate, so dass die Landesvorsitzende der Grünen Jugend, Agnieszka Malczak, nun auch im Bundestag sitzen wird. Irgendwie wollte mir vor der Wahl kaum jemand glauben, dass der Platz 11 gar nicht unrealistisch ist. Glückwunsch von hier aus!

In Stuttgart hat Cem Özdemir das Direktmandat leider nicht geschafft. Ich war zuletzt wirklich sehr guter Dinge, dass es klappt. Gereicht hat’s dann aber doch „nur“ für 29,9 % und der CDU-Kandidat Stefan Kaufmann hat mit 34,4 % das Direktmandat geholt. Ute Vogt kam weit abgeschlagen mit 18,0 % auf Platz 3.
Hätte die SPD sich auf den Deal eingelassen, dass wir in Heidelberg zur SPD-Erststimme aufrufen und sie in Stuttgart zur Erststimme für Cem, hätten wir jetzt wohl zwei CDU-Überhangmandate weniger (davon gibt’s glatte zehn in Baden-Württemberg) und Cem wäre im Bundestag. Aber da war Ute Vogt dagegen – nun hat sie den Salat, denn das Ergebnis ist für sie ziemlich blamabel.
Aus der Stuttgarter SPD kam auch die meiste Zeit nur Gestichel gegen Cem und in der Öffentlichkeit haben sie immer so getan als würden sie seine Kandidatur gar nicht ernstnehmen. Das war wohl etwas zuviel Arroganz. Nächstes Mal läuft das hoffentlich kooperativer.

Auf jeden Fall Hut ab für Cem für diesen engagierten Erststimmen-Wahlkampf in Stuttgart, den er mal so eben nebenbei neben dem Grünen-Bundesvorsitz gemacht hat. 29,9 % sind zwar leider nicht ausreichend für das Direktmandat, aber es ist dennoch ein so geniales Ergebnis, dass er auf jeden Fall erhobenen Hauptes aus der Wahl herausgehen kann. Das dürfte nach dem Erstimmen-Ergebnis von Christian Ströbele in Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin (46,8 %) bundesweit das beste grüne Erststimmen-Ergebnis sein, oder?

Alles in allem: durchwachsen. Wir wollten schwarz-gelb verhindern und wir wollten dritte Kraft werden. Das hat beides nicht geklappt. Wir sind nach wie vor fünfte – und das schmerzt natürlich. Gerade weil die Umfragen uns bis vor kurzem meist immerhin an vierter Stelle sahen und einmal sogar gleichauf mit der FDP. Aber solch ein Rekordergebnis ist natürlich dennoch auch ein Erfolg. Es gibt Schatten – aber auch Licht.
(Zum Licht gehört für mich übrigens auch, dass die Volksparteien weiter verloren haben und wir inzwischen eher eine ganze Reihe mittelgroßer Parteien haben.)

Aber so sehr ich mir auch gewünscht hätte, dass wir schwarz-gelb verhindern können und so sehr ich mich ärgere, dass Guido Westerwelle jetzt wohl Außenminister wird, ihn deshalb abzulehnen, weil er schwul ist, darf nicht sein. Die SPD sollte sich jetzt lieber mal ne Runde mit sich selbst beschäftigen als schwulenfeindliche Sprüche gegen Westerwelle loszulassen.

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Am Sonntag: GRÜN statt schwarz-gelb oder -rot

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Seit 1-2 Tagen bin ich zunehmend aufgeregt wegen der Wahl morgen. Es ist mehr als nur die Spannung, die ich von früher kenne als ich auch „nur“ Wähler war. Es ist halt doch was anderes, wenn man mehr involviert ist.

Ich hab lange darüber nachgedacht, was eigentlich schlimmer ist – schwarz-gelb oder schwarz-rot, also eine erneute große Koalition.

Das hängt aber letzlich davon ab, aus welcher Themenperspektive man die Wahl betrachtet. Aus umwelt- und sozialpolitischen Gründen wäre schwarz-gelb voraussichtlich eine ziemliche Katastrophe.
Guckt man jedoch mehr auf die Bürgerrechte, ist die große Koalition vermutlich schlimmer. Alleine schon, weil sie eine verfassungsändernde Mehrheit hat, weil sie mehr als zwei Drittel der Sitze im Bundestag innehat.

Nun wollte ich eh nicht schwarz, nicht gelb und auch nicht rot wählen – so dass ich eh keine dieser Koalitionen mit meiner Wahl unterstützt hätte. Aber mir fiel auf, dass eine erneute große Koalition ja gar nicht wieder eine Zwei-Drittel-Mehrheit haben muss. Laut der neuesten Forsa-Umfrage (25.09.) haben CDU/CSU und SPD zusammen 58 %, was auch mit Berücksichtigung der „Sonstigen“ nicht für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag reichen würde.

Das gilt aber nur, wenn jetzt nicht lauter Leute SPD wählen, weil sie meinten, sie müssten sie in der großen Koalition stützen. Ob die SPD mit 24 oder 26 % in die große Koalition geht, ist nicht wirklich relevant für die Kräfteverhältnisse dort, denn die Union wird deutlich stärker sein.

Aber erstens würde man damit die große Koalition stärken – und zweitens wird es sehr entscheidend sein an welcher Stelle die Grünen bei den immer größer werdenden, kleineren Parteien liegen.

Im aktuellen Bundestag sind wir leider nur fünfte Kraft. Das bedeutet, dass wir erst als fünfte drankommen bei den Reden und dass auch insgesamt die Aufmerksamkeit für unsere Themen (von Wahlkampfzeiten abgesehen) kleiner ist.
In den Umfragen lagen wir in der letzten Zeit meist vor der Linkspartei – aber nach der FDP. Wir lagen aber auch schon gleichauf mit der FDP bei 13,5 %, sind dafür zuletzt durch die Aufholjagd der SPD aber etwas zurückfallen und gleichzeitig hat die Linkspartei zugelegt.

Bei der Europawahl waren wir stärkste Kraft unter den drei Kleinen. Wir können jede Stimme gebrauchen, damit das am Sonntag um 18 Uhr auch so aussieht. Damit die grünen Themen eine kräftige Stimme bekommen.

Gleichzeitig verhindert jede Stimme für Grüne eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag (die in den Umfragen eh schon teilweise nicht mehr vorhanden ist). Und die große Koalition will man ja auch nicht wählen, oder?

Aus der Krise hilft nur GRÜN. Daher morgen auf jeden Fall die Zweitstimme an die Grünen – und in Stuttgart I für Cem Özdemir auf jeden Fall auch die Erststimme. Nur so zieht Cem in den Bundestag ein und es wäre auch ein richtig tolles Signal an die alten Volksparteien. An Grün kommen sie nicht mehr vorbei. 🙂

Wer noch Fragen hat – derzeit sind in der grünen Bundesgeschäftsstelle Tag und Nacht immer lauter Grüne aktiv und beantworten sie euch. Schaut einfach mal unter dreitagewach.gruene.de vorbei. Gibt auch lecker Livestream.

P.S. an die Piraten hier: Peter Sunde (Pirate Bay) empfiehlt die Wahl der Grünen.

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Die FDP hat Wirtschaftskompetenz? Von wegen!

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Der FDP wird ja irgendwie immer wieder Wirtschaftskompetenz zugeschrieben. Aber nur weil man die Lobbyinteressen von Apothekern vertritt, hat man noch lange nicht Ahnung von Wirtschaft.

So kommt es, dass das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) heute aufdeckt, dass die FDP bei ihren Plänen für Steuersenkungen nach der Wahl mit falschen Zahlen argumentiert. Laut der FDP kostet ihre Steuersenkung zu einem Drei-Stufen-Modell mit 15, 25 und 35 % „nur“ 35 Mrd. EUR.

Laut RWI sind es aber 89 Mrd. EUR. Das ist deutlich mehr als doppelt so viel. Seriöse Finanzpolitik sieht anders aus.

Aber wer die Wirtschaftszeitung Financial Times Deutschland (FTD) liest, der weiß ohnehin, dass es mit der Wirtschaftskompetenz der FDP nicht so weit her sein kann. Die FTD empfiehlt nämlich für die Bundestagswahl schwarz-grün und will die FDP ausdrücklich nicht dabeihaben.

Die Wahl der Grünen empfiehlt sie nur deshalb nicht, weil sie nicht 100 % sicher sein kann, dass es nach der Wahl kein rot-rot-grünes Bündnis geben wird. Bei der Europawahl hatte die FTD sogar direkt dazu aufgerufen, grün zu wählen.

Es sickert immer mehr durch, wo wirklich Wirtschaftskompetenz liegt: Aus der Krise hilft nur grün.

Auf den Netzeitungs-Artikel bin ich durch Alex Bonde per Facebook aufmerksam geworden.

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Szenen einer Ehe – mit Angie und Guido

Ich kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass das der witzigste Wahlwerbespot ist, den ich je gesehen habe.

Vorbild ist ein Sketch von Loriot (Der Feierabend), das Video hier trägt den Titel: Szenen einer Ehe

Vorhang auf für Angie und Guido:

So genial! 🙂

Gefunden auf Twitter bei Pattimaus.

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Wer CDU und Merkel wählt, wählt Atomkraft

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Wir wählen die Atomkraft (Mr. Burns und Angela Merkel)Erst werden Studien gefälscht (1983), dann welche zurückgehalten (2009). Jedesmal geht es um die Atomkraft und jedesmal steckt die CDU dahinter.

In Studie Nr. 1 ging es um die Eignung des Salzstocks in Gorleben als Endlager für Atommüll, in Studie Nr. 2 geht es um den Neubau von Atomkraftwerken (die dann fröhlich strahlend weiteren Atommüll produzieren). Aber darüber will man in CDU und FDP vor der Wahl offenbar lieber nicht reden. Also hält Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) die aus öffentlichen Mitteln finanzierte Studie lieber zurück.

Schwarz-Gelb nein danke! - Gegen Atomkraft hilft nur grünSelbst Atomkraftbefürwortern muss es doch gruseln bei derart manipulativem und intransparenten Vorgehen. Da wird getäuscht und getrickst – und das, wo es um die Gesundheit der Menschen im Land geht und das über viele, viele Jahre lang.

Alleine den Atomausstieg zu sichern wäre schon Grund genug am 27. September grün zu wählen! Mr. Burns war mir eh schon immer unsympathisch.

Inspiriert von Tills Kurzbeitrag „Wir haben die Atomkraft“.

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Ergebnisse im Saarland, Sachsen und Thüringen

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Auf Twitter hab ich ja am heutigen Wahlabend vom Standardaccount @hensch auf @parteitag gewechselt und ein bisschen live kommentiert. Den Account @parteitag nutze ich immer wieder, wenn ich bei Parteitagen oder anderen politischen Anlässen ziemlich viel twittere und meine Follower damit nicht bombardieren möchte.

Hier nun nachträglich ein paar mehr als 140 Zeichen zu den heutigen Landtagswahlen.

Saarland

Für das Saarland liegt bereits das vorläufige amtliche Endergebnis vor (in Klammern 2004):
CDU: 34,5 % (47,5 %)
SPD: 24,5 % (30,8 %)
Linke: 21,3 % (2,3 %)
FDP: 9,2 % (5,2 %)
Grüne: 5,9 % (5,6 %)
Sonstige: 4,6 % (8,6 %)

Update: Details zum Wahlergebnis (absolute Stimmen, sonstige Parteien etc.) bei wahlrecht.de

Wie vor der Wahl schon erwartet, hat die CDU ihre 2004 erreichte absolute Mehrheit verloren.

Im Vergleich zu der Umfrage in meinem Vor-Wahl-Beitrag hat sich kaum was getan – die Volksparteien sind leicht schwächer und die Linkspartei 5 Punkte besser. Sonst alles wie vorhergesehen. Die Grünen haben sich im Landtag gehalten und sind leicht gestärkt. 5,9 % klingen zwar nicht nach viel, sind aber für die Saar-Grünen wirklich gut – 1999 hatten wir dort nur 3,2 %.

Gut:
– Grüne wieder im Landtag und leicht gestärkt
– CDU verliert absolute Mehrheit
– CDU/FDP hat auch keine Mehrheit
– Volksparteien verlieren
– Wahlbeteiligung steigt von 55,5 % auf 67,6 %
– Grüne sind Zünglein an der Waage für Regierungsbildung

Schlecht:
– statt dritte Kraft wie vorher sind wir trotz Zugewinnen nur noch fünfte
– Linkspartei gewinnt 19 Prozentpunkte

Man darf gespannt sein wie es jetzt weitergeht. Es wird sicher Gespräche über Rot-Rot-Grün, Jamaika und über eine große Koalition geben. Wobei letzteres für die SPD erstmal hintenanstehen dürfte. Gespannt bin ich auch, inwiefern die Koalitionsprognosen von Dr. Marc Debus von vor der Wahl zutreffen. Die Umfragezahlen sind ja in etwa eingetreten, somit hatte die Prognose die korrekte Zahlenbasis.

Sachsen

Hier liegt noch kein vorläufiges amtliches Endergebnis vor, aber die beiden Hochrechnungen von ARD (20:15 Uhr) und ZDF (19:53 Uhr) ähneln sich extrem und an den Kräfteverhältnissen der Parteien dürfte sich nicht mehr viel verschieben – sieht man mal von SPD und FDP ab. Nehmen wir mal die neueren ARD-Zahlen (in Klammern 2004):

CDU: 40,5 % (41,1 %)
Linkspartei: 21,0 % (23,6 %)
SPD: 10,1 % (9,8 %)
FDP: 10,1 % (5,9 %)
Grüne: 6,0 % (5,1 %)
NPD: 5,2 % (9,2 %)

Update: Das vorläufige amtliche Endergebnis gibt’s bei wahlrecht.de – SPD liegt 0,4 Prozentpunkte vor der FDP und Grüne bekommen 6,4 %. Die Piraten liegen übrigens bei 1,9 % und damit hinter der Tierschutzpartei.

Auch hier sind dies ziemlich exakt die Werte, die die für den Vor-Wahl-Beitrag herangezogene Umfrage vorhersagte. Spannend wird noch die Frage, ob die FDP tatsächlich vor der SPD liegt (die ZDF-Hochrechnung sagt das derzeit knapp voraus) oder nicht. Die NPD ist leider wieder im Landtag vertreten und verteidigt somit erstmals ihren Einzug in ein Parlament, hat aber immerhin deutlich verloren.

Die Grünen haben sich hier von 5,1 % auf 6,0 % gesteigert, was für ein ostdeutsches Bundesland ein schöner Erfolg ist. Hier haben wir unseren Einzug in den Landtag erfolgreich verteidigt und etwas ausgebaut.
Sehr klar scheint, dass hier eine Koalition aus CDU und FDP die bisher regierende Koalition aus CDU und SPD ablösen wird.

Gut:
– Grüne verteidigen Ost-Landtagseinzug und bauen ihn aus
– NPD verliert massiv, wenn auch nicht genug

Schlecht:
– Es reicht für Schwarz-Gelb
– NPD wieder im Landtag

Thüringen

Auch hier gibt es bislang nur Hochrechnungen (ARD 20:11 Uhr; ZDF 19:53 Uhr), die sich aber auch kaum unterscheiden. Nehmen wir wieder die aktuelleren ARD-Zahlen:

CDU: 31,3 % (43,0 %)
Linkspartei: 27,6 % (26,1 %)
SPD: 18,6 % (14,5 %)
FDP: 7,6 % (3,6 %)
Grüne: 5,9 % (4,5 %)
Sonstige: 9,0 % (8,3 %)

Update: Vorläufiges amtliches Endergebnis gibt’s bei wahlrecht.de – Grüne liegen dort bei 6,2 %, NPD bei 4,3 %.

Auch hier verliert die CDU massiv ihre absolute Mehrheit. Die Linkspartei legt mehr oder weniger stabil leicht zu, während die SPD sich erholt. Grüne und FDP ziehen wieder in den Landtag ein, wobei die FDP die Grünen leider überholt.

Grob ist das auch das in den Umfragen erwartete Wahlergebnis – jedenfalls von der Reihenfolge der Parteien her. Im Detail hat’s da doch ein paar Verschiebungen gegeben, insbesondere war die FDP besser erwartet worden. Aber auch die CDU hat noch mehr verloren als erwartet.

Gut:
– Grüne diesmal endlich drin, nachdem’s letztes Mal knapp nicht reichte
– CDU verliert absolute Mehrheit
– Schwarz-Gelb reicht auch nicht

Schlecht:
– FDP überholt uns
– Linkspartei vor SPD, so dass Rot-Rot-Grün schwierig wird

Fazit

Wie erwartet hat die CDU insgesamt eine herbe Schlappe erlitten. Zwei absolute Mehrheiten wurden mit richtig heftigen Verlusten (-13 im Saarland und -11,7 in Thüringen) verloren. Da tröstet auch der schwarz-gelbe Sieg in Sachsen wenig. Zumal die CDU auch dort leicht verloren hat.

Die Grünen sind in allen drei Landtagen dringeblieben oder eingezogen. Das war von den Umfragen her zwar zu erwarten, aber wenn man in den Umfragen gerade mal bei 5 oder 6 % liegt, darf man darauf nicht vertrauen, denn diese Umfragen haben auch eine statistische Fehlertoleranz, die meist bei 1-2 % liegt.

Besonders spannend ist die Rolle der Grünen im Saarland. Es sieht wohl so aus als könnten wir dort entscheiden, ob eine rot-rot-grüne Regierung Peter Müller ablösen wird oder ob erstmals eine Jamaika-Koalition gebildet wird. Das ist eine sehr gute Verhandlungsposition, um – in welcher Konstellation auch immer – grüne Inhalte umzusetzen.

In Thüringen muss man jetzt erstmal auf die Linkspartei gucken wie die sich in den nächsten Tagen verhält. Grüne und SPD haben eine Wahl von Linkspartei-Spitzenkandidat Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten ausgeschlossen, weil er sich nicht klar genug von der Stasi-Vergangenheit einiger Landtagsabgeordneter distanziert.

Ramelow hatte in der Vergangenheit angedeutet, er könne sich auch vorstellen, SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie den Vortritt zu lassen. Ob es bei diesem Abstand der Linkspartei zur SPD dabei bleibt, wird man sehen.

Auf jeden Fall ein selten spannender Wahlabend und die nächsten Wochen werden es sicher auch. Nicht nur wegen des Bundestagswahlkampfs, sondern auch wegen der Koalitionsgespräche.

Rückenwind für die CDU war dieser Wahlsonntag jedenfalls nicht.

Update 31.08.2009, 16:43 Uhr: Hab die vorläufigen amtlichen Endergebnisse von Sachsen und Thüringen oben eingebaut.

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Landtagswahl in Sachsen, Thüringen und Saarland

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Am kommenden Sonntag stehen drei Landtagswahlen an. In Sachsen, Thüringen und im Saarland. Alle drei sind für uns Grüne nicht gerade Hochburgen.

Genau genommen sind wir nur in zwei dieser drei Landtage bisher vertreten – und das auch nur sehr knapp, nämlich in Sachsen mit 5,1 % (knapp hinter der FDP) und im Saarland mit 5,6 % (knapp vor der FDP). In Thüringen hat es 2004 mit 4,5 % der Stimmen leider nicht gereicht.

Es geht also in allen drei Ländern um den Einzug oder den Verbleib im Landtag. So selbstverständlich der für Grüne in Baden-Württemberg, Hessen oder den Stadtstaaten ist – hier geht es wirklich um die parlamentarische Existenz.

Ein paar Worte zur aktuellen Situation in den jeweiligen Ländern – ich bezieh mich bei den Umfragen dabei auf die Forschungsgruppe Wahlen vom 21.08.2009:

Saarland

Aktuell regiert die CDU mit Ministerpräsident Peter Müller alleine. Seit 1985 hat es im Saarland keine Koalitionen gegeben – es wurde seitdem immer mit absoluter Mehrheit regiert.

Dies wird sich den Umfragen zufolge nun definitiv ändern. Die CDU verliert ihre absolute Mehrheit nahezu sicher – und auch eine Koalition mit der FDP hat im Saarland nach aktuellen Umfragen keine Mehrheit. Es steht aktuell 48 zu 45 (CDU: 36 %; SPD: 26 %; Linke: 16 %; FDP: 9 %; Grüne: 6 %; Sonstige: 7 %).

Eine aktuelle Analyse von Dr. Marc Debus im Zeit-Blog „Wahlen nach Zahlen“ nennt als wahrscheinlichste Koalition einigermaßen überraschend CDU/SPD (47,0 %) oder CDU/FDP/Grüne (36,6 %).

Schwarz-Gelb kommt auf eine Wahrscheinlichkeit von 3,0 % und Rot-Rot-Grün auf 9,4 %. Lässt man den Bundesrats-Faktor weg, der durch die Bundestagswahl womöglich eine geringere Rolle spielt, ändern sich die Zahlen etwas, aber die Reihenfolge bleibt.

Ich will das jetzt nicht bewerten – klar ist aber, dass es gerade für uns Grüne im Saarland auf jede Stimme ankommt und dass die künftige Koalition noch ziemlich offen ist.

Sachsen

Derzeit regiert die CDU in einer „großen“ Koalition mit der SPD unter Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Die Anführungszeichen deshalb, weil die SPD zuletzt nur auf 9,8 % kam und damit knapp vor der NPD landete (9,2 %). Die CDU kam letztes Mal auf 41,1 %.

Geht man nach den Umfragen dürfte sich zumindest daran, dass die CDU die künftige Regierung anführt, nichts ändern. Für eine andere Regierung müssten sich bei den aktuellen Zahlen SPD, Linke, Grüne und FDP zusammentun – und das kann man wohl ausschließen.

Die Frage wird also vor allem sein mit wem die CDU künftig den Freistaat Sachsen regieren wird. Weiter mit der SPD – oder künftig mit FDP und/oder Grünen? Tillich hatte das eine oder andere Mal die Grünen einen interessanten Koalitionspartner genannt – was aber eher als Versuch sich selbst interessanter zu machen gewertet wurde.

Aktuelle Umfragen lassen Schwarz-Gelb vermuten (CDU: 42 %; Linke: 20 %; SPD: 11 %; FDP: 11 %; Grüne: 6 %; NPD: 6 %; Sonstige: 4 %). Zu diesem Schluss kommt auch Dr. Marc Debus: Koalitionswahrscheinlichkeit 86,1 %, danach CDU/SPD mit 13,6 %.

Letztendlich haben es aber auch hier natürlich die Wähler in der Hand, ob diese Umfragen tatsächlich Wahlergebnisse werden. Für uns Grüne kommt es hier natürlich ganz besonders darauf an, den vor fünf Jahren erreichten Wiedereinzug in den Landtag zu verteidigen. Abgesehen von Berlin ist es nämlich bisher der einzige ostdeutsche Landtag in dem wir drin sind.

Thüringen

Aktuell regiert die die CDU unter Ministerpräsident Dieter Althaus wie im Saarland mit absoluter Mehrheit. Ebenfalls wie im Saarland ist es ziemlich sicher, dass diese Mehrheit verlorengeht. FDP und Grüne sind aktuell beide nicht im Thüringer Landtag vertreten.

Die aktuelle Umfrage für Thüringen sagt folgende Wahlergebnisse voraus: CDU 35 %; Linke: 25 %; SPD: 18 %; FDP: 10 %; Grüne: 5 %; Sonstige: 7 % – die FDP profitiert hier offenbar massiv von der Schwäche der CDU, kam sie doch zuletzt nur auf 3,6 %.

Althaus war zuletzt vor allem wegen seines Skiunfalls in den Schlagzeilen bei dem eine Frau ums Leben kam. Er bat die Opposition darum, den Unfall aus dem Wahlkampf herauszuhalten, was diese auch tat. Heftige Kritik – nicht nur von der Opposition – holte sich Althaus dann damit, dass er daraufhin über Boulevard-Medien versuchte, den Skiunfall positiv für sich zu nutzen.

Dr. Marc Debus geht hier von einer Koalitionswahrscheinlichkeit von 46,9 % für CDU/SPD und von 38,4 % für CDU/FDP/Grüne aus. Ohne den Bundesrats-Faktor dreht sich das sogar um und die Jamaika-Koalition käme auf eine Wahrscheinlichkeit von 42,5 %, die große Koalition auf 40,1 %.

Fazit

In allen drei Ländern wird sich die jetzige Regierung voraussichtlich verändern. In Thüringen und im Saarland verliert die CDU nahezu sicher die absolute Mehrheit. Die Grünen stehen in allen Ländern derzeit mal mehr und mal weniger knapp über 5 % und brauchen daher dringend wie selten wirklich jede Stimme.

Was die Koalitionsbildung angeht, wird es sehr spannend. Ich kann die oben genannten Analyse-Ergebnisse der Wahlforschung nur zum Teil nachvollziehen, fand sie aber zu spannend, um sie euch vorzuenthalten.

Man darf jedenfalls sehr gespannt sein, was am Sonntag abend um 18 Uhr die Prognosen und dann die Hochrechungen sagen. Ich werd’s auf jeden Fall verfolgen.

Aber alle genannten Umfragen sind auch wiederum sehr mit Vorsicht zu genießen. Sehr viele Wähler wissen noch nicht, ob sie zur Wahl gehen oder sind sich ihrer Wahlentscheidung noch nicht sicher. Das betrifft vor allem die kleineren Parteien deren Anhänger überproportional oft sagen, dass sie noch nicht ganz sicher sind, ob sie diese Partei wirklich wählen.

Es kann also auch alles ganz anders kommen – aber eines ist sicher: Es wird spannend und jede Stimme zählt. Wählen gehen!

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Für die Fango-Koalition – für Horst Schlämmer!

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Es gibt ja derzeit massive Kritik an der Politik-Parodisierung durch Horst Schlämmer. Ähnlich wie Bettina Schausten kann ich das nicht nachvollziehen.

Man muss Horst Schlämmer ja nicht mögen – ich tu’s trotzdem – aber in ihm und seinem Film jetzt eine Bedrohung der für die Demokratie zu sehen, ist doch sehr weit hergeholt. Wir haben schon Guido Westerwelle ausgehalten als der die FDP ganz offiziell zur Spaßpartei erklärte (jetzt machen die das inoffiziell, aber irgendwie lustig ist ja der Ruf nach Steuersenkungen bei der Haushaltslage ja schon).

Deutlich grenzwertiger ist da der Versuch von Martin Sonneborn mit seiner Satire-Zeitschrift titanic tatsächlich als offizielle Partei („Die Partei„) bei der Bundestagswahl anzutreten. Aber auch das hätten wir ausgehalten – wenn’s der Bundeswahlleiter nicht verhindert hätte.

Ich hab den Film „Isch kandidiere“ von und mit Horst Schlämmer noch nicht gesehen, werde mir aber die „Hasenpower für Deutschland“ definitiv nicht entgehen lassen. Ich bin schon seit Jahren Schlämmer-Fan. Unvergesslich sein Auftritt bei „Wer wird Millionär“, beim Compedypreis 2006 oder nach der Landtagswahl 2005 in Schleswig-Holstein.

Ich freu mich schon auf die Fango-Koalition nach dem 27. September – die hat der Horst uns Grünen nämlich bereits angeboten.

Dass allerdings 18 % der Deutschen sagen, sie könnten sich vorstellen die Horst-Schlämmer-Partei (HSP) zu wählen, stimmt dann doch bedenklich. Aber daran ist nicht Horst Schlämmer schuld.

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Die Netzgemeinde und die Politik

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Ein lesenswerter Artikel zum Thema Netzpolitik findet sich heute auf SPON. Unter dem Titel „Aufstand der Netzbürger“ beschreiben Marcel Rosenbach und Hilmar Schmundt die aktuelle Lage eigentlich ganz gut.

Und was auch eher selten ist: Mir ist kein größerer, inhaltlicher Fehler aufgefallen. Der Artikel beschreibt vor allem die zunehmende Politisierung der Netzgemeinde und dass sie sich bei SPD und FDP nicht aufgehoben fühlen – und teilweise auch bei den Grünen nicht.

Von der Linken wird nicht gesprochen und die CDU hat kaum was zu verlieren. Wobei das so ganz nicht stimmen dürfte. Auch in der CDU ärgern sich einige über die Netzsperren-Politik ihrer Partei. Allerdings wird das Thema dort als nicht so wichtig angesehen. Oder ist schon jemand wegen der Netzsperren aus der CDU ausgetreten?

Um kurz nochmal zum Artikel zurückzukommen: Es wird noch darüber sinniert, ob eigentlich die Piratenpartei oder die Online-Petitionen die größere „Gefahr“ für die etablierten Parteien seien.

Auf jeden Fall lesenswert – und es darf hier auch gerne diskutiert werden. 🙂

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