Abmahnungen von Bloggern

Der Abmahnwahn durch „Marions Kochbuch“ findet nun auch den Weg in die klassischen Medien. SPON berichtet über eine Abmahnung von Marion Kniepert wegen einem Foto von ihr, das eine Bockwurst zeigt.

Vorher lief das ja auch schon so mit einem Brötchen und was weiß ich. Wobei in der Regel unstrittig ist, dass der abgemahnte Blogger nach deutschem Recht falsch gehandelt hat. Bilder, die im Internet zu finden sind, sind nur deshalb noch lange nicht kostenlos von jedem benutzbar. Das gilt natürlich auch für die Google-Bildersuche.

Die Frage ist aber immer wieder, warum die Rechteinhaber zu so drastischen Mitteln wie einer Abmahnung greifen. Insbesondere wenn es nicht um große Unternehmen geht, sondern Privatpersonen. Die Streitwerte sind oft sehr hoch angesetzt (Bockwurst-Foto: 6000 EUR). Das Geld für die Abmahnung (Bockwurst: 699,40 EUR) bekommt eigentlich eh der Anwalt. Daher ist die Motivlage unklar. Für den Abmahner wäre es doch viel besser, eine kleine Mail zu schreiben oder kurz anzurufen. So schadet es ihrem Ruf massiv und der einzige Gewinner ist letztlich der kassierende Anwalt.

Die entscheidende Frage ist, wie man das Abmahnrecht so gestalten kann, dass einerseits der Rechteinhaber schon auch Möglichkeiten hat, seine Rechte durchzusetzen. Dass aber andererseits vermieden wird, dass die Streitwerte überhöht angesetzt und somit kleine Privatleute in Not gebracht werden. Bei Alexander Endl haben wir darüber im Oktober schon mal länger und ausführlich diskutiert.

Ach ja, und wer kostenlos zwei digitale Brötchen haben will: Guten Appetit!

Dieser Beitrag hat 11 Kommentare

  1. Stefan (Stefans Blog)

    Ich hasse diese Abmahnmentalität. Dauernd steht man mit einem Bein im Schufa-Register … wäre cool, wenn das wirklich geändert werden würde.

    Ich bin auch nicht erfreut, wenn Bilder von mir einfach so weiter veröffentlicht werden, aber ich würde nach einer netten Email stets die Erlaubnis erteilen.

  2. Uli

    Also das erste wäre mal, dass der Streitwert durch tatsächliche Lizenzen gezeigt werden müsste. (Also tatsächlich verkaufte Lizenzen gleichwertiger Bilder).
    Dann müsste es eine Regelung der gütlichen Einigung geben. 1 e-mail mit 2 Wochen Frist… (sofern nicht offensichtlich ist, dass die Person im Urlaub ist), bevor ein Anwalt mit Gebührenforderungen zugeschaltet werden darf.

    Was passiert eigentlich, wenn ich das Foto runternehme, die Unterlassungserklärung unterschreibe und die Rechnung nicht bezahle, weil ich sage, der Streitwert wäre viel geringer???
    Dürfen die dann ein Inkasso-Büro beauftragen?
    Ginge sogar eine Anzeige wegen Wucher?
    Wie stabil ist deren Rechtslage wirklich?

  3. Manuel

    @ Uli: Wenn Du eine modifizierte U-Erklärung abgibst, unter Nichtanerkennung der Kostennote, dann kann der Abmahner das vor Gericht eintreiben. Der Vorteil: Da geht es dann um „normale“ Prozesskosten. Die aber in dem Fall höher liegen dürften.

    Wenn Du eine Massenabmahnung glaubhaft machen kannst, dann ist die Kostennote hinfällig. Dazu müssten aber alle Abgemahnten zusammenarbeiten und das beweisen können.

  4. niels | zeineku.de

    Kinners, das is eigentlich ganz einfach: Wer kein Mist macht, wird auch nicht berechtigt abgemahnt. Und wer meint, daß die Abmahnung weder Hand noch Fuß hat, der schmeißt sie einfach in den Papierkorb.

    Bitte nicht vergessen: Die Alternative zur Abmahnung wäre die Unterlassungsklage. Für den Beklagten wesentlich teurer als die Kosten einer anwaltlichen Abmahnung.

  5. Heiko

    Leider ist das Abmahnen – insbesondere von Privatpersonen, wo man keinen Widerstand erwartet in Deutschland immernoch beliebter Sport von einigen teilweise sehr bekannten Anwälten. Die – selten bewiesene, aber wahrscheinlichste – Masche ist recht simpel. Man ist Anwalt und befreundet oder bekannt mit einem willigen „Rechteinhaber“. So bekommt man dann den Auftrag zu handeln. Dann nimmt man einen relativ geringfügig und eigentlich einfach aus der Welt zu schaffenden Rechtsverstoß (z.B. ein Bild, eBay ist da auch ein beliebter „Markt“), stellt sicher, dass das Opfer keine Firma ist (die mal schneller einen Anwalt fragt), hofft auf keine Rechtschutzversicherung und ab mit der Abmahnung. Meistens wird der Brief noch recht spät eingeworfen, dafür aber mit umso knapperen Fristen gepfeffert, um den Druck zu erhöhen. Viele Opfer scheuen die Anwaltskosten, weil ja schon die Beratung sauteuer ist, und schon hat unser Abmahner gewonnen.
    Selbstverständlich sieht der Abmahner nichts von dem Geld, das der Anwalt einsteckt – zumindest offiziell.

    Ich halte das für den häufigsten Fall. Natürlich gibts sicher auch Leute, denen einfach das soziale Feingefühl fehlt und die auf alles mit dem Anwalt kloppen müssen. Und zur Zensur von unliebsamer Kritik kann man Abmahnungen auch gut einsetzen, das kann man ja in Mein-Parteibuch zur Genüge nachlesen.

    Für nette Anekdoten einfach mal nach „Gravenreuth und Explorer“ googeln, das ist wohl eins der prominentesten Beispiele (oder auf die Webspace-Abmahnungen).

  6. Henning

    @Uli
    Dein Vorschlag mit der Pflicht zur (kostenlosen) Zwei-Wochen-Frist hat den Nachteil, dass ich dann wirklich ohne Hemmungen überall Bilder kopieren kann, selbst wenn ich genau weiß, dass ich es nicht darf. Ich kann sie solange nutzen, bis mir da jemand eine Mail schreibt und dann nehme ich sie runter.

    Das wäre quasi wirklich eine Einladung dazu, die Rechte anderer zu verletzen, weil einem bis zu dieser Mail nichts passieren kann. Und womöglich nutzt das dann noch jemand kommerziell.

    Eine Idee wäre vielleicht, dass der Streitwert ohne genaueren Nachweis nicht über 100 EUR liegen darf. Weiß jemand, was eine Abmahnung bei dem Streitwert kosten würde? Weiß ja nicht, ob es da einen fixen Grundbetrag gibt oder so und nur der Rest vom Streitwert abhängt.

  7. Heiko

    Wäre ich auch für. So wie die Rechtslage im Moment ist, fühlt sich fast jede Bewegung im Internet (abgesehen vom bloßen Konsum) gefährlich an.
    Es kann nicht sein, dass ich den Namen meiner Webseite als Marke anmelden muss, nur um vor Klagen (halbwegs) sicher zu sein.

  8. niels | zeineku.de

    Henning:

    „Eine Idee wäre vielleicht, dass der Streitwert ohne genaueren Nachweis nicht über 100 EUR liegen darf. Weiß jemand, was eine Abmahnung bei dem Streitwert kosten würde? Weiß ja nicht, ob es da einen fixen Grundbetrag gibt oder so und nur der Rest vom Streitwert abhängt.“

    Ich komme auf € 46,41.

    Aber was soll sowas bringen? Wenn bei jetzt geltender Rechtslage der Streitwert absurd hoch angesetzt ist, zahlt man einfach die Anwaltsgebühren des passenden Streitwerts. Für den Rest müsste der Abmahnende dann schon klagen.

    Und eine Streitwertbegrenzung wird der Realität in vielen Fällen auch nicht gerecht: Wenn ich ein großes Unternehmen oder eines ihrer Produkte in meinem Blog ein bißchen mit Dreck bewerfe (gleich ob zurecht oder nicht), hat das dank Google durchaus mehr Relevanz für das Unternehmen als nur den Gegenwert von € 100,–.

    Wasch‘ mir den Pelz, aber mach mich nicht nass, geht eben nicht. Als Blogger freut man sich, daß das eigene Geschreibsel im Internet stärker wahrgenommen wird als wenn man nur ’ne Wandzeitung ins Treppenhaus hängen würde.

    Dann muß man sich aber auch gefallen lassen, daß es mehr auf die Nase gibt, wenn man Mist macht.

  9. Heiko

    @Niels: Du vergisst die vielen Leute, die eigentlich keinen Mist gebaut haben, keinen Dreck geworfen haben und trotzdem von geldgeilen Anwälten oder unterbeschäftigten Rechtsabteilungen abgemahnt wurden – teils wegen nichtiger Fehler (unvollständiges Impressum?), teils nur zum Zwecke des Abmahnens, oft nur wegen setzen eines Links, der einen Markennamen verletzt oder irgendeinem Lobby-Verband nicht in den Kram passt.

    Hier wird die Abmahnung als Mittel zur Zensur missbraucht und gleichzeitig normale Leute in den finanziellen Abgrund getrieben, wenn sie die Courage haben, sich zu wehren.

    Ergiebige Quellen gibt’s z.B. hier: http://www.abmahnwelle.de/
    Und ein prominentes Beispiel hier: http://aktuell.de.selfhtml.org/archiv/rechtundlinks/

  10. niels | zeineku.de

    Heiko: Schlechtes Beispiel. Die Gravenreutschen Abmahnungen in Sachen Explorer sind m. E. eher konstruiert und wie in der von Dir angegebenen Quelle selbst zu lesen ist, unterlag Symicron schließlich gegen Münz & Co.

    Stefan Münz ist auch nicht „in den finanziellen Abgrund getrieben“ worden, wie Du suggerierst, sondern konnte die Prozesse durch ausgesprochen starke finanzielle und ideelle Unterstützung eines größeren Personenkreises meistern.

    Ich bin auch kein Freund des Treibens von Gravenreuth und Symicron. Wenn der Kuchen im Café um die Ecke nicht schmeckt, heißt das aber nicht, daß Backwaren generell doof sind.

  11. Heiko

    Stefan Münz war der glückliche Fall, an dem G dann letztendlich gescheitert ist, interessant wäre zu wissen, wieviele der 100+ (Quelle spricht von dreistelliger Zahl) abgemahnten „Explorer-Verletzer“ gezahlt haben, weil sie nicht die breite Unterstützung der SelfHTML-Gemeinde hinter sich hatten.
    Ich wollte auch damit das Abmahnen an sich (in der Intention ja eigentlich ne gute Sache) verteufeln – nur in der jetzigen Form ermöglicht es schwarzen Schafen mit Hilfe von Google und einer Gießkanne schnellen Reibach zu machen – auf Kosten der Kleinen, die sich nur schlecht und in Einzelfällen wehren können (und erklär mal einem Schüler, warum er 1000€ zahlen soll für das setzen eines Links zu einer völlig legalen Shareware!)

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