SPD in Hessen gescheitert – Koch bleibt!

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Andrea Ypsilanti ist mit ihrem Versuch einer rot-grünen Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei gescheitert. Die eigene Partei hat die Regierung in letzter Minute platzen lassen und Roland Koch bleibt Ministerpräsident.

Mindestens vier SPD-Landtagsabgeordnete wollen sie laut hr-online nicht mitwählen und heute aus der SPD-Fraktion in Hessen austreten (Update: der Teil stimmte wohl doch nicht). Dies sind Jürgen Walter, Dagmar Metzger, Silke Tesch und Carmen Everts. Bis auf Dagmar Metzger hatten alle kürzlich noch beteuert, sie würden Ypsilanti wählen.

Der Regierungswechsel in Hessen ist damit an der SPD gescheitert. Und das so knapp vor der Wahl. Was hat diese Leute denn jetzt plötzlich dazu bewogen, das nicht mittragen zu können?

P.S.: SPON und Süddeutsche haben noch nichts. Ich hab die Meldung dank Volker Beck über Twitter bekommen.

Update: Auch die Süddeutsche bestätigt die Meldung.

Dieser Beitrag hat 16 Kommentare

  1. Stefan Sommer

    Naja, „die eigene Patei“ stimmt ja so nicht ganz, Andrea Ypsilanti erhielt auf dem Landesparteitag eine breite Unterstützung. Nun scheren vier Abgeordnete aus. Sind die profilierungssüchtig oder gar von Koch „gekauft“? Beim HR wird schon spekuliert, diese vier Abgeordneten könnten helfen, eine CDU-FDP-Minderheitsregierung aufs Treppchen zu hieven. DAS wäre der blanke Hohn und IMO weitaus schlimmer als jegliche Zusammenarbeit mit der Linken.

  2. Henning

    „Die eigene Partei“ stimmt insofern, dass es alles SPD-Mitglieder und SPD-Abgeordnete sind (noch jedenfalls), die diese Regierung zum Platzen gebracht haben und keinen Grünen oder Linkspartei-Mitglieder.

    Ich kann im übrigen ja die Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei verstehen. Aber das hätte man dann wenigstens so machen können wie Dagmar Metzger und nicht ewig rumlügen, man würde Ypsilanti wählen und es sich dann einen Tag vorher anders überlegen.

    Den Wortbruch von Ypsilanti kritisieren und gleichzeitig selber einen begehen. Peinlich.

    Übrigens: Wenn alle Aussagen von vor der Wahl ernstgenommen werden, dürfen weder CDU, noch SPD jetzt eine große Koalition fordern. Das haben sie nämlich beide ausgeschlossen.

  3. Stefan Sommer

    Wenn die Aussagen von vor der Wahl ernst genommen werden würden, würde man sich in Hessen längst um Inhalte und nicht um Farbenspiele kümmern 😉 – aber wen interessieren schon politische Inhalte und Ziele…

  4. Andy

    So sehr ich es begrüße, daß Abgeordnete ihrem Gewissen folgen, statt der Parteiräson…
    …es kotzt mich an, daß diese ‚Genossen‘ lieber das Obera****loch Koch im Amt belassen, statt eine SPD’lerin zur Ministerpräsidentin zu wählen.

    Daß die nicht mal über ihren Schatten springen können, um einen der schlimmsten Hassprediger und Volksverhetzer der jüngeren Deutschen Geschichte abzuservieren – Un-Fass-Bar!

    Und ausgerechnet diese Typen werfen uns Parteilinken immer verblendeten Idealismus vor.

    Fressen, Kotzen, … und so…

  5. volker

    genau da liegt doch aber das problem
    koch ist verhasst und ypsilanti es jetzt auch
    sie ruiniert die SPD

    nicht die 4 abgeordneten tragen die verantwortung für das desaster
    frau ypsilanti trägt sie !

    eine große koalition ohne die beiden wäre dem land hessen gedient
    und den beiden volksparteien würde das auch gut tun

  6. Henning

    @volker
    Letztendlich trägt natürlich sowohl Ypsilanti als auch diese vier Abgeordneten die Verantwortung für diese Situation. Ypsilanti weil sie eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei zunächst ausgeschlossen hatte und dann nach der Wahl davon abrückte – und zumindest drei dieser vier Abweichler, weil sie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder beteuerten, Ypsilanti zu wählen, um dann so kurz vorher sich dann doch umzuentscheiden.

    Sie haben Ypsilanti und die restliche SPD angelogen als sie erklärten, sie würden Andrea Ypsilanti trotz Zusammenarbeit mit der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen.

    Das ist der Hauptvorwurf – jedenfalls von meiner Seite.

  7. www.gruenesfreiburg.de

    […] [Update 1] Till wundert sich, ob die SPD eigentlich für was anderes als Ärger gut ist während Henning (wohl etwas ungläubig) nach den Ursachen des Schwenks fragt.

  8. Till

    1. Ich find’s immer noch extrem ärgerlich und kapiere auch nicht wirklich, wieso die vier das machen. Irgendwie klingt’s für mich nach „jetzt wischen wir der SPD-Linken eins aus“ — aber wenn eine Partei soweit ist, das vor die Erlangung von Gestaltungsmacht zu stellen, dann ist sie tatsächlich ziemlich weit unten angekommen.

    2. Ein wenig werde ich den Eindruck nicht los, dass der heutige Tag anders verlaufen wäre, wenn Jürgen Walter einen Ministerposten erhalten hätte.

    3. Spannende Frage Nr. 1: Was jetzt in Hessen?

    4. Spannende Frage Nr. 2: Wie lässt sich ausgehend von so einem Desaster ein sinnvoller Wahlkampf führen? Aus grüner Perspektive (vorher Jamaika ankündigen? reiner Oppositionswahlkampf), aber auch aus der Perspektive der SPD. Der einzige brauchbare Spin, der mir einfällt, wäre sowas wie „klare Mehrheiten für rot-grün schaffen“. Das Personal dafür sehe ich aber nicht, und befürchte deswegen, dass Neuwahlen klare Mehrheiten für Koch schaffen. Und dass die Linkspartei gleichstark wie die SPD werden wird (die eine mit Bewegung nach oben, die andere mit einem Sturzflug).

    5. Ist es Zufall, dass Simonis und Ypsilanti jeweils MinisterpräsidentskandidatINNEN waren?

  9. Christian

    Ich frage mich eher, was um alles in der Welt ausgerechnet die Grünen dazu bewogen hat, eine Kooperation mit Willi van Ooyen zu erwägen, dessen bunte Vergangenheit (DFU) und Gegenwart (Friedensratschlag) ihn nun wirklich nicht als Demokraten ausweist. Der Mann bezeichnet sich ja sogar selbst als „treuen Marxisten“ und plädiert für eine „marxistische Politik“ in der Bundesrepublik. Die Frust über Koch und die Ablehnung der Studiengebühren sollte es nun wirklich nicht wert sein, einem solchen Menschen als Steigbügelhalter zu dienen.

    Wenn einzelne Abgeordnete dies nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können (auch wenn es da sicher noch andere Gründe gegeben haben wird), finde ich das keineswegs verwerflich. Traurig ist bloss, dass die „Abweichler“ aus der SPD stammen und nicht wenigstens ein einziger aus den Reihen der Grünen kommt.

  10. Dennis

    @Christian
    Weil die Grünen in Form eines Wahlprogramms einen ganzen Sack voller Wahlversprechen gemacht haben welche sie auch einhalten wollten. Selbiges gilt übrigens auch für die SPD inklusive Frau Ypsilanti. Leider nicht für die 4 Gewissensgründler.
    Ansonsten würde mich mal ihr theoretisches Verständnis von Demokratie und Marxismus interessieren wenn Sie das hier so überzeugt als Gegensatz darstellen. Die Grünen können sich noch sehr gut daran erinnern wie sie seinerzeit stigmatisiert werden sollten und vergessen das glücklicherweise auch nicht so schnell.

    @alle
    Mit Andrea Ypsilanti wurde eine der wenigen Hoffnungsträgerinnen einer ansonsten derzeit klinisch toten Partei zugunsten von Nebelkerzendebatten zerrieben und politisch fast schon hingerichtet. Positiv habe ich Tareks Agieren wahrgenommen der ruhig und souverän durch die Situation mit seinen Grünen manövriert ist. Den kommenden Wahlkampf sollte man tunlichst ohne Koalitionsvorfestlegungen führen, wobei natürlich auch klar sein muss das ein Schwenk hin zur CDU, unabhängig vom Ergebnis, insbesondere nach diesen Vorgängen kaum zu kommunizieren ist.

  11. Henning

    @Christian
    Es ist schwierig, ja. Aber es geht ja auch nicht nur um „Frust“ über Koch. Es geht um die Inhalte und auch den Stil für den er steht (auch wenn er seit der Wahl ziemlich viel Kreide gefressen hat).

    Wenn die Linke den rot-grünen Koalitionsvertrag mitträgt, dann ist das für uns doch wunderbar. Marxistische Dinge stehen da nicht drin, soweit ich weiß.

    Die Alternativen lauten bzw. lauteten eben leider nur Koch oder Rot-Rot-Grün.

    Und was die vier Abweichler angeht: Sie haben noch vor kurzem gemeint, den Kurs mittragen zu können und Ypsilanti zu wählen. Wenn sie von Anfang an Nein gesagt hätten so wie Dagmar Metzger stünden sie jetzt auch nicht so in der Kritik.
    Es geht also nicht in erster Linie um ihre inhaltliche Position.

  12. Christian

    @Henning: Die einzig tragbare Alternative in dieser Situation scheinen mir momentan eher Neuwahlen zu sein – was ja, wie ich meine gehört zu haben, jetzt auch die Grünen unterstützen wollen.

    Klar, dass es auch um Inhalte geht – aber die Verhinderung des Flughafen-Ausbaus und die Rücknahme der Studiengebühren können es doch nun wirklich nicht wert sein, einen Pakt mit von Ooyen einzugehen… Mal ganz abgesehen davon, dass man vieles auch auf dem parlamentarischen Weg (wie geschehen) hätte angehen können, ohne die Regierung zu stellen.

    Was die vier Abweichler angeht: Walter hätte man, hätte er damals schon zu Frau Metzger gestanden, doch sofort vorgeworfen, sich an Frau Ypsilanti für die missglückte Kandidatur rächen zu wollen. Die anderen beiden behaupten (was ich natürlich schlecht prüfen kann), sie hätten in regelmäßigen Abständen intern Kritik geäußert, wären aber von Y. glatt ignoriert bzw. übergangen worden…

    Unabhängig davon macht es keinen guten Eindruck, wenn die drei oder vier jetzt mit allen Mitteln aus der Partei gemobbt werden. Immerhin sprechen sich glatte 64 Prozent der SPD-Wähler dafür aus, dass die vier in der Partei verbleiben bzw. unterstützen ihre Entscheidung, die Wahl von Y. nicht mitzutragen:

    http://www.n-tv.de/1049178.html

    Wenn schon fast zwei Drittel der eigenen Wählerschaft gegen einen Rauswurf sind, sollte man mit solchen Methoden doch vorsichtiger umgehen. Schon das Clement-Verfahren hat bei mir einen sehr negativen Beigeschmack hinterlassen. Kegelt man jetzt alle vier raus, entsteht meines Erachtens nach der Eindruck, dass die grundgesetzlich verbriefte freie Gewissensentscheidung der Abgeordneten in der SPD nicht mehr viel wert sein kann.

  13. Dennis

    @Christian
    „…aber die Verhinderung des Flughafen-Ausbaus und die Rücknahme der Studiengebühren können es doch nun wirklich nicht wert sein, einen Pakt mit von Ooyen einzugehen…“

    Omfg. Doch weil das eine Inhalte sind und das andere eine Personalie welche wir auch nicht im Ansatz so bewerten wie Sie es offensichtlich tun.
    Mit wem sollen denn die Grünen ihrer Meinung nach nach einer Neuwahl sonst „paktieren“?

  14. Christian

    @Dennis: Die CDU oder die FDP könnte sich auch nicht mit „Inhalten“ herausreden, wenn sie mit der NPD oder der DVU paktieren würden, um einen Ministerpräsidenten gewählt zu bekommen. Und ja, die Parteien sind meines Erachtens nach durchaus zu vergleichen. In allen drei Parteien gibt es klare anti-demokratische Tendenzen – und ich möchte von keiner der drei jemals regiert oder auch nur indirekt mitregiert werden.

    Mit wem die Grünen „paktieren“ sollen? Ganz einfach: SPD, CDU, FDP. Bei vier Parteien, die gemeinsam auf mehr als 90% der Mandate kommen, muss es Konstellationen geben, die ohne die Linkspartei funktionieren. Es mag nicht einfach sein, diese zustande zu bringen, aber es muss gehen. Und soweit es von Ooyen angeht, empfehle ich, seine Beziehungen zur SED-Regierung, seine Rolle in der BRD vor der Wende und die Finanzierung seiner DFU noch einmal kritisch zu betrachten. Es tut mir leid, aber wenn man mit dieser Vergangenheit heute auftritt, um wieder für „Sozialismus“ und „Marxismus“ zu kämpfen…

    Und bevor sich jetzt jemand aufregt, dass „Sozialismus“ kein schmutziges Wort sei: Die SED, die von Ooyen jahrelang finanziert hat, hat in der DDR ihre Vorstellung von Sozialismus praktiziert, und genau um die geht es. Zum Begriff mag man also stehen wie man will – die DDR-Zustände wird sich doch aber sicher niemand wieder zurückwünschen.

    Auch die Grünen kostet dieses Verhalten Wähler. Was ist denn mit den Leuten, die in der DDR trotz Stasi in Kirchen und Friedensgruppen aktiv waren? Mit Umwelt-Aktivisten, die gegen die unsicheren DDR-AKW und den Wismut-Wahnsinn protestiert haben? Da sind doch auch viele potenzielle Grünen-Wähler dabei. Glaubt denn ersthaft jemand, die machen je wieder bei den Grünen ihr Kreuz, wenn die erst mal mit der SED nach dritter Umbenennung paktiert haben?

    Ich jedenfalls kenne mindestens drei Grünen-Wähler, die seit Jahren ihr Kreuz immer nur bei den Grünen gesetzt haben, und die vom Konzept Rot-Rot-Grün so abgestoßen sind, dass sie inzwischen bei „nie wieder“ angelangt sind – alles nicht einmal Hessen. Die Basis einer Partei ist doch nicht identisch mit den Wählern – beinahe 100% der hessischen SPD-Parteitags-Teilnehmer haben sich für den Pakt mit den Linken entschieden – aber fast zwei Drittel der SPD-Wähler lehen genau dieses ab.

    Die Erklärungen („uns geht es nur um die Inhalte“) die jetzt von einigen führenden SPDlern und Grünen ins Feld geführt wird, ist doch politischer Irrsinn. Die Parteibasis mag da zwar mitziehen, nicht aber die Wähler. Oder glaubt jemand, dass SPD oder Grüne bei den nun anstehenden Neuwahlen in Hessen besser abschneiden? Wenn die Wähler auch die Inhalte über die Moral stellen würden, wäre das ja zu erwarten – in Wirklichkeit rechnet doch aber jeder mit dem genauen Gegenteil.

  15. Christian

    Nochmal ein aktueller Nachtrag zum „Regierungspartner“ vom hr:

    Eine Abgeordnete des Kasseler Kreistags hat die Fraktion der Linkspartei verlassen und ist aus der Partei ausgetreten. Sie wirft der Linken vor, Mitglieder zu bespitzeln. „Ich erlebe Stasi-Machenschaften, wie ich sie mir nie hätte träumen lassen“, sagte Christa Pfeil, eine von bislang zwei Abgeordneten der Linken im Kreistag […]. Parteimitglieder würden observiert und Protokolle über ihre Aufenthaltsorte angefertigt. Auch Gesprächsinhalte seien schriftlich festgehalten worden.

    Bericht hier: http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=36086&key=standard_document_35699706&msg=36086

    TV-Beitrag (hr) hier: http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?key=standard_document_35699706&jmpage=1&type=v&rubrik=36086&msg=36086&jm=1&mediakey=fs/hessenschau/20081106_skandal

    Mit „uns geht es doch aber um die Inhalte“ lässt sich die Zusammenarbeit mit einer solchen Partei nicht vor den Wählern rechtfertigen. Wenn es doch so wäre, würde ja jetzt auch niemand in der Hessen-SPD den Absturz fürchten…

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